Johannes Janket: Strömungen und Oberfläelienteinperaturcn im Golfe von Guinea.
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die tägliche Bewegung der Erde um ihre Achse als wesentlicher Faktor für das Zustandekommen des
bestehenden Systems der Meeresströmungen angesehen werden.“ Besonders aber in neuerer Zeit hat
man sich auf Nansens Veranlassung eingehend mit der Größe der Ablenkung- und mit dem Ver
hältnis der Geschwindigkeiten von Wind und Strom beschäftigt. Ekman 1 ) ist 1905 auf eine mathe
matische Behandlung dieser Frage hin zu dem Ergebnis gekommen, daß zwischen der Windresultante
und der von ihr erzeugten Strömung ein Ablenkungswinkel von 45° besteht, und daß sich die Geschwin
digkeiten der von einer bestimmten Windstärke in verschiedenen geographischen Breiten erzeugten
Meeresströmungen umgekehrt verhalten wie die Quadratwurzeln der Sinus dieser Breiten. Im gleichen
Jahre zeichnet C astens 2 3 ) auf Grund der Jahresisobarenkarte eine Karte der mittleren Windrich
tung und -stärke des Atlantischen Ozeans und leitet daraus eine Trift ab unter Benutzung eines aller
dings nicht einwandfrei gefundenen Wertes von Mohn, der durch 1 ms. Wind 4.92 cm/sec Strom erzeugen
läßt. Er berücksichtigt dabei den Küsteneinfluß, nicht aber die Wirkung der Ablenkungskraft, setzt
also die Triftrichtung der Windrichtung gleich. Zuletzt vergleicht er für eine Anzahl Punkte der
Hauptzweige des atlantischen Stromsystems seine Werte der Stromrichtung und -stärke mit denen, die
sich aus der Krümmel sehen, auf Beobachtungen beruhenden Strömungskarte ergeben. Es treten
zwischen den Richtungen bald geringe, bald starke Abweichungen auf, die mit der geographischen
Breite nicht in Zusammenhang stehen. Mit Krümmel?) in seiner ersten Auflage der Ozeano-
grahpie schreibt er diese Abweichungen in erster Linie dem Ersatzbedürfnis der vor den Strömungen
liegenden Meeresteile zu. Die Geschwindigkeiten stimmen mit Ausnahme der an den Küsten liegenden
Meeresteile gut überein. Er kommt zu dem Schlüsse, daß sich aus seiner Windkarte die vom Winde
erzeugten Strömungen mittels des Mohnschen Wertes unmittelbar ablesen lassen.
P. H. Gallé 4 ) sucht nun in einer möglichst rein ausgeprägten Windtrift des Indischen Ozeans
auf Grund zahlreichen Beobachtungsmaterials den den Ablenkungswinkel und die vom Winde erzeugte
Stromstärke zu bestimmen. Er kommt zu dem Ergebnis, daß in einem reinen Triftstrom
zwischen Wind- und Stromresultante eine Ablenkung von 45°, bei Ab- und Zuflußströmen dagegen kein
sichtbarer Zusammenhang zwischen Wind und Strom besteht, und daß für stromerzeugende
Kraft eines Meters Wind in der Stromrichtung 4.4 cmStromanzunehmensind.
Gallé wendet nun seine Ergebnisse auch auf Gaste ns’ Werte an und erklärt die Unterschiede von
den Krümmel sehen Werten. Für uns kommen zunächst folgende Stellen des Ozeans in Betracht:
Gebiet Kastens Krümmel Abweichung Stromart
8-10° S 15—20 W N S03° 0 8 Sm. N 270° 0 12 Sm. +33° Windtrift
25-28° S 8—10 O N 335° O 10.3 Sm. N 360° O 12 Sm. - 25° Zuflusstrift
Man erkennt also deutlich den Einfluß der Erdrotation auf einen fast reinen Triftstrom, den Süd
äquatorialstrom. Der Bengualastrom dagegen scheint ein ausgeprägter Zuflußstrom zu sein, auf den,
wir auch Galleé meint, die Erdrotation ohne sichtbaren Einfluß ist.
In neuester Zeit ist noch eine Arbeit über das Verhältnis von Wind und Strom von E x n e r 5 )
erschienen. Schiötz 6 ) hatte im Gegensatz zu Ekman den Winkel zwischen Wind und Strömung
in Abhängigkeit von der geographischen Breite gebracht. In seiner mathematischen Behandlung dieser
Frage kommt nun Exner zu folgendem Ergebnis: In einer gewissen Höhe von wenigen Metern über
dem Meeresspiegel schließt der Wind den kleinsten Winkel mit dem Luftdruckgradienten ein. Nach
oben und nach unten nimmt dieser Winkel zu. Auf der Wasseroberfläche, die nach der Annahme die
1 ) On the influencé of the eartli rotation on océan enrrents. Arkiv för Matcmatik, Astronom! och Fysik.
2 b T r. 11, 1905.
2 ) Castens, Untersuchungen über die Strömungen des Atlantischen Ozeans, Diss. Kiel 1905.
3 ) Krümmel, Ozeanographie, II. Teil, 1. Aufl. 1887, S. 395.
4 ) P. H. Galle, Zur Kenntnis der Meeresströmungen in Koninklijk Nederlandseh Meteorologisch Institut
No. 102. Mededeelingen en Verhandelingen 9. Utrecht 1910.
s ) Exner: Zur Kenntnis der untersten Winde über Land und Wasser und der durch sie erzeugten Meeres
strömungen. In Ann. d. Hydr. 1912, S. 226 ff,
6 ) Ann. d. Hydr, 1908, S, 442,