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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. — 1920. Heft 6.
II. Arbeitsweise.
Materialsammlung. Die vorliegende Arbeit beruht last ausschließlich auf dem Material, das die
Schiffstagebücher des Archivs der Deutschen Seewarte in Hamburg enthalten, deren Benutzung den
Verfasser von Seiten der Deutschen Seewarte gütigst gestattet wurde. Besonders erwähnt sei, daß au cf
die Tagebücher S. M. Schiffe, die einen wesentlichen Teil des Materials bilden, zu dieser Arbeit zu:
Verfügung standen. Die Reisen, die unser Gebiet berühren, reichen bis zum Jahre 1869 zurück. Die
letzten benutzten Reisen fallen in den Oktober 1909. Es wurden die Tagebücher sämtlicher deutscher
Schiffe benutzt, die das Meeresgebiet durchfuhren, das zwischen den Guineaküsten, 20° südl. Br. unc
10° westlicher Länge gelegen ist. Als einzige Ausnahme wurden aus äußern Gründen die Segler unbe
rücksichtigt gelassen, die in dem Südwestteile des untersuchten Gebietes auf der Seglerroute Kapstadt-
Europa das Gebiet kreuzten. Bis zum Jahre 1887 ungefähr ging der deutsche Handel häufiger aui
Segelschiffen vonstatten. Größtenteils fuhren sie im Oststrom an der Oberguinea-Küste entlang unc
benutzten besonders Lagos als Ladeplatz. Sie luden Palmöl, Palmkerne, Kautschuk, Nutzhölzer, Erd
nüsse, Kolanüsse u. a. mehr. Dann gingen sie nach Süden und kehrten mit Weststrom im Südostpassal
zurück. Nur ein kleiner Teil suchte die Häfen von Niederguinea und Südafrika auf. So lieferten die
Segler 145 brauchbare Tagebücher. Mit dem Jahre 1887 aber wird die Segelschiffahrt fast ganz durch der
Dampferverkehr verdrängt, der in den letzten Jahren ganz besonders stark zugenommen hat. Die deutscher
Dampfer, von denen die Woermann-Linie die meisten stellt, laufen zum Teil die zahlreichen Handels
plätze von Oberguinea bis Kamerun an, wobei außer den genannten Naturprodukten jetzt besonders
auch Kaffee, Kakao und Baumwolle geladen wird, und befahren des öfteren auch noch ein Stück vor
Niederguinea, ehe sie nach Europa zurückkehren. Zum Teil aber steuern sie von Monrovia auf Swakop-
mund oder Kapstadt zu und begegnen dabei den Schiffen, die in umgekehrter Richtung fahren. Sc
konnten 275 Dampfertagebücher für die Arbeit ausgezogen werden. Schließlich treffen wir mit dei
Erwerbung der deutschen Kolonien, 1884, auch auf Kriegsschiffe, die seitdem andauernd die ganze
Guineaküste befahren. Es wurden 110 Tagebücher der Kriegsflotte benutzt.
Aus den Tagebüchern wurden vor allem die Angaben über Wind, Strom und Wassertemperatur aus-
gezogen. Dabei wurde wenig vertrauenswürdiges Material beiseite gelassen. Sechsmal täglich wird die
Wassertemperatur an einem Celsiusthermometer gemessen. Die alten Rdauinurablesungen wurden umge
wandelt. Die meistenteils angegebenen Thermometerverbesserungen wurden berücksichtigt. So konnten
über 51 000 Messungen verwendet werden.
Die Stromversetzung wird jeden Mittag aus dem Unterschiede zwischen astronomischem und
gegißtem, d. h. durch Loggerechnung gefundenem Schiffsort berechnet und für 24 Stunden in Seemeilen
angegeben. War die Berechnung nicht ausgeführt worden, so wurde dies nachträglich getan. Besteck
versetzungen unter sechs Seemeilen liegen innerhalb der Fehlergrenze. Sie wurden daher zu den Strom
stillen gerechnet. Versetzungen, die sich auf mehrere Etmale bezogen, wurden der geringeren Zuver
lässigkeit wegen besonders gekennzeichnet.
Über Windrichtung und Windstärke finden sich in den älteren Tagebüchern täglich zwölf, in den
jüngeren sechs Angaben vor. Es wurde aber nur der im Laufe eines Etmals vorherrschende Wind nach
Richtung und Stärke abgeschätzt.
Schließlich wurden noch Angaben über Wasserfarbe, Triftstücke, Stromkabbelungen u. a.
vermerkt.
Zur Sammlung des Materials kamen zwei Methoden in Betracht. Die karthographische Methode,
in einer Arbeit von Puls 1 ) angewandt, trägt sämtliche Beobachtungen auf Karten großen Maßstabes
zusammen. Sie gewährt den Vorteil, stets das gesammelte Material übersehen zu können. Ihr Haupt
nachteil besteht aber darin, daß man bei einer Häufung des Materials die einzelnen Schiffswege nicht
mehr auseinanderhalten und so gleichzeitig eintretende Verhältnisse nicht mehr erkennen kann. Dann
») Puls, Oberflächentemperaturen und Strömungsverhältnisse des Äquatorialgürtels des Stillen Ozeans. In;
Aus dem Archiv der deutschen Seewarte 1895, Nr. 2,