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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1920 Nr. 5 —
Zeit; teilweise sich langsam ausfüllend, teilweise sich verstärkend und dann weiterziehend. Mazedonien
kann, was in den Kriegsjahren mehrfach der Fall war, somit gleichzeitig unter dem Einfluß mehrerer
stationärer oder wandernder Depressionen stehen.
Da keine Wetternachrichten aus dem feindlichen Ausland vorhanden waren, ließen auch die
Wetterkarten im Kriege kein genaues Erkennen der Zugbahnen von Depressionen über dem Meere zu.
Es ließ sich meist nicht entscheiden, ob Gebiete niedrigen Luftdrucks über der Adria oder Ägäis ge
schlossene selbständige Depressionen waren oder nur Randgebiete größerer, entfernterer Zyklonen. Es
kamen Depressionsbahnen auf allen oben erwähnten Straßen vor. Im Winter zeigten die Wetterkarten
häufig bei höherem Luftdrucke über der Halbinsel Tiefdruckgebiete im Süden, deren Randausläufer
deutlich die Verlagerung vom Jonischen zum östlichen Mittelmeer oder durch die Ägäis zum Schwarzen
Meere erkennen ließen. Die Witterung in Mazedonien wurde von diesen stark in Mitleidenschaft ge
zogen. Häufiger jedoch waren Tiefdruckgebiete vertreten, die über der Nordadria auftauchten, hier oft
unter Verlagerungen und Intensitätsänderungen stationär wurden, sich schließlich ausfüllten oder zu
rückzogen, in einigen Fällen nach Norden abzogen (Vb), meist aber zuerst langsam, dann schneller
nach SE die Achse der Adria entlang wanderten. Die Randgebilde glitten am Westrand der Halbinsel
entlang, verschwanden dann in seltenen Fällen, durchquerten jedoch in der Regel Griechenland — der
Pindus schien eine Art Eckpfeiler zu bilden (man betrachte in diesem Zusammenhang das Auftreten von
Wintergewittern in Albanien, Epirus und Thessalien) — und wanderten schließlich zumÄgäischen Meere,
um dann, teilweise über Kleinasien, zum östlichen Mittelmeerbecken oder zum Schwärzen Meer hjyu zu
verschwinden. Durchquerungen der Balkanhalbinsel von der Nordadria direkt zum Schwarzen Meer
durch ausgeprägte Depressionen wurde im Winter nicht beobachtet, wohl aber im Herbst. Häufiger sind
jedoch auch im Herbst die für den Winter eben beschriebenen Zugbahnen; besonders längs der Adria
wandern Depressionen großer Stärke. Im Frühjahr fehlten die für Winter und Herbst typischen süd
lichen Zyklonenbahnen fast völlig. Über dem nördlichen Teil der Halbinsel (Ungarn und Walachei)
tummelten sich jetzt auffallend flache Depressionen. Die Mehrzahl erschien über der Nord-Adria und
wanderte die im Frühjahr am häufigsten besuchte Straße Vb nach Norden, teilweise zogen sie nach
Rumänien und zur Ukraine und schließlich zum Schwarzen Meer -(nördlich verlagerte Vc). Es traten
übrigens auch einige seltene Fälle auf, in welchen Depressionen rückläufig vom Schwarzen Meer nach
der nördlichen Balkanhalbinsel zogen. Das ist bezeichnend für die gekennzeichnete Luftdruckver
teilung im Frühjahr. Im Sommer waren ausgesprochene Depressionen sehr selten; es kamen nur ganz
wenige vor, die ihren Ausgang von der Nordadria her hatten. Bei den wenigen Fällen läßt sich eine
bevorzugte Richtung nicht feststellen. Schwache Gebilde, wahrscheinlich meist durch thermische Unter
schiede hervorgerufen, ließen die Wetterkarten häufiger erkennen; sie beeinflußten jedoch das Wetter
nicht. Nur im Frühsommer gaben sie teilweise zu Gewittern Anlaß (schwache umlaufende Winde).
Fälle, in denen die Witterung unseres Gebiets unmittelbar von Tiefdruckgebieten über der Nordsee
(Nordatlantischem Ozean) abhängig war, traten wohl einige Male auf. Es bestand dann ein Druck
gefälle von der Balkanhalbinsel bis hin zur Nordsee, und Randminima beeinflußten das Wetter über dem
Balkan. Aber solche Fälle waren sehr selten. Das Wetter unseres Gebiets ist im allgemeinen unab
hängig von den Witterungsvorgängen im Norden. Es gibt indessen doch Fälle, in denen eine sehr be
deutende Beeinflussung unmittelbar durch nordische Minima hervorgerufen worden ist. Das geschah,
wenn diese, (etwa längs lila) von der Nord- zur Ostsee und dann weiter nach Südosten zum Schwarzen
Meer zogen. Die Depressionen dieser Straße, die vorwiegend im Winter und Frühjahr auftraten, lösten
in diesen Jahreszeiten die heftigen Kälteeinbrüche auf der Balkanhalbinsel bis zu ihrem südlichsten
Teil aus.
XI. Kältewellen (der Vardarae).
Starke Erkaltungen innerhalb kurzer Zeit sind auf der Balkanhalbinsel häufig und wurden als
eine charakteristische Erscheinung des dortigen Klimas empfunden. Selbstverständlich kann die ab-