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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1914, Nr. 1.
(14 % Gelb) mit einer Sichttiefe von nur 12 m hatte, während „Möwe“ in 2 l /i° N-Br. (genauer: nur 52
Sm südlicher) 1 % Gelb, also fast absolut blaues Wasser beobachtete mit 28 m Durchsichtigkeit. Immer
hin müssen daneben auch größere Änderungen in der Wasserbeschaffenheit — was diese Faktoren an
betrifft — von Jahr zu Jahr über große Flächen für ein- und dieselbe Stelle auftreten.
Südlich von Kap Verde, mit dem Eintreten in die Äquatorialregion, gelangte S. M. S. „Möwe“ in
das Gebiet der Guineaströmung, einer mit den Jahreszeiten infolge der Verschiebung der Passat
grenzen stark wechselnden Wasserbewegung. 1 ) Zunächst wurden vorzugsweise nach SO gerichtete Ver
setzungen angetroffen, welche den von dem Kanarenstrom abzweigenden Teil der Guineaströmung an
deuten. Sehr bemerkenswert ist die am 28. Juni angestellte Beobachtung, die in 13° 59' N-Br. und
17° 59' W-Lg. in 150 km Küstenentfernung trotz NW-Wind reinen Nordstrom ergab mit 0.6 Kn Ge
schwindigkeit. Dies spricht für das Bestehen einer in Küstennahe nach Norden setzenden Abzweigung
der Guineaströmung, die sich beim Anlauf der nach Osten setzenden Guineaströmung auf das afrika
nische Festland herausbildet, aber nur in den Sommermonaten vorhanden zu sein scheint (s. auch Taf. 1).
Die auf der Fahrt von Freetown nach Lagos zu erwartende erst südöstliche, dann östliche Strömung
ist nicht ein einziges Mal festgestellt worden, statt dessen Wasserbewegungen nach nördlicher Richtung
mit zum Teil beträchtlicher Geschwindigkeit. Z. B. wurde in 3° 1' N-Br. 6° 4' W-Lg. NNW-Strom
mit 1.2 Kn, in 2° 0' N-Br. 1° 8' W-Lg. Nordstrom mit 0.8 Kn Geschwindigkeit gefunden. Diese Beob
achtungen sprechen dafür, daß der Südrand der Guineaströmung ungewöhnlich weit nach Norden ver
schoben war; es dürfte dies damit Zusammenhängen, daß keine SW-Winde wie zu erwarten, sondern
vorwiegend SSO-Winde angetroffen worden sind. Somit sind reine Windtriften in den beobachteten Ver
setzungen zu erblicken. Gerade dort aber sind Ostversetzungen bemerkt worden, wo sie sonst ab
nehmen oder häufig gar nicht angetroffen werden, nämlich zwischen Lome und Fernando Po. Die süd
lich von San Thome und westlich von der Gabun-Mündung festgestellten Nord- bis NNW-Strömungen
endlich erklären sich wohl aus den in die Kamerunbucht setzenden Ausläufern der Benguela-Strömung.
II. Die Tiefenschichten.
(Taf. 6.)
1. Die obersten 200m.
Bereits im südlichen Teil der Nordwestafrikanischen Region, etwa von 18° N-Br. an, konnten
wir die infolge stärkerer Erwärmung der Oberflächenschichten ausgebildete Sprungschicht feststellen
(S. 47/48). Mit einem Gradienten von im Mittel 4.0° für die Strecke zwischen 25 m und 50 m Tiefe bildete
das Gebiet von 18° bis 14° N-Br. einen Übergang zu den viel ausgeprägteren Verhältnissen in der tro
pischen Region; die folgende Zusammenstellung lehrt, daß in der Äquatorialregion der Temperatur
gradient in der gleichen Schicht bei den einzelnen Stationen wesentlich beträchtlichere Werte annimmt,
im Mittel sogar 7.7° beträgt, also fast den doppelten Wert erreicht. Bis 25 m Tiefe haben wir eine
annähernd isotherme Wassermasse, die Temperaturabnahme beträgt fast ausnahmslos weniger als 1°;
in einigen Fällen zeigte sich sogar eine geringe Zunahme der Temperatur. Erst im Bereiche der Tiefe
von 25 m bis 50 m findet die rapide Wärmeabnahme statt mit Temperaturunterschieden, die gelegentlich
sogar 10° überschreiten, so daß trotz der hohen Oberflächentemperatur in 50 m Tiefe ähnliche Wärme
verhältnisse herrschen, wie in gleicher Tiefe der Nordwestafrikanischen Region. Die folgenden Bei
spiele (s. unterste Tabelle von S. 57) lassen dies erkennen. i)
i) Vergl. Deutsche See warte, Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean, 3. Aufl., Hamburg 1910, S. 29.
Krümmel, Handbuch der Ozeanographie, 2. Aufl., Stuttgart 1911, Band II, S. 564 ff.