28
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1913 Nr. 1 —
Desgleichen trägt man vom Westpunkt aus nach Süden zu den Gradunterschied der beiden Breiten ab,
ebenso vom Ostpunkt aus und verbindet die beiden so fixierten Punkte durch eine Gerade CD, welche AB
in K schneiden wird. Zieht man jetzt vom Mittelpunkt des Kreises aus nach K eine Gerade, so hat man
in ihr die gewünschte Qiblarichtung.
Aus diesem Verfahren würde rechnerisch folgen:
MF = r. sin (¿2 —/.[)
MG = r. sin (</ 2 — yi)
tany a
sin (¿2 ¿t)
Sin (r/2 '— (/>1 )
IV)
Andererseits
Meridian liegt,:
gibt das pshärische Dreieck der Fig. 7, wenn jetzt, wie es Gagmini verlangt,
sin(<t2 — yi) = tany 0.2 — Z ( ). coly u ,
u am
d. i.
tany u =
tany (¿2 --1\)
sin (cf-2 /.,)
'V)
IV) und V) stimmen nur für kleine Längenunterschiede gut überein.
Auch von persischen Autoren kennen wir Methoden zur Bestimmung der Qibla. L. A. Sedillot 1 )
berichtet, daß in dem persischen Manuskript Nr. 173 der Kgl. Bibliothek zu Paris auch ein Verfahren zur
Ermittlung des Azimuts von Mekka auseinandergesetzt wird, dessen Autor Ali-Schah-Olai-al Munedjem
von Buchara ist. In neuerer Zeit hat der persische Oberst A. Kr 2i 2 eine sehr interessante Arbeit' 2 ) veröffent
licht, die sich ebenfalls mit unserem Gegenstand befaßt.
Die Qiblafrage ist auch bereits Gegenstand kartographischer Studien geworden. In seinem
Buche: The Theory of Map-Projections with special reference to the projections used in the Egyptian
Survey Departement, Kairo, 1911, und schon früher erwähnt J. L. Craig eine „Mecca retroazimuthal pro-
jection“, die den Zweck hat, eine Karte herzustellen, in der auf jedem Punkte die Richtung der Qibla
sofort abgelesen werden kann. Dabei sind die Meridiane als gleichabständige Geraden angenommen, wo
durch selbstverständlich die Parallelkreise keine einfachen Kurven werden können 3 ). E. Hammer gibt eine
solche „gegenazimutale“ Karte in mittabstandstreuer Projektion. (Peterm. Mitt. 1910, S. 153).
V. Kapitel.
Das Asr. (Assr.)
Wenn schon die Qibla der arabischen Gnomonik einen gewissen fremdartigen Reiz verleiht, so tritt
ihr exotischer Charakter in ein noch helleres Licht, wenn wir jetzt von jener merkwürdigen „religiösen Geo
metrie“ handeln, zu deren Ausbau die islamitische Religion den Astronomen, der, wie wir -bereits wissen,
gleichzeitig Diener der Religion war, veranlaßte. Die Verehrung Allahs geschieht durch das Gebet (Ssalät),
zu dessen Verrichtung der gläubige Muselman fünfmal während des Tages verpflichtet ist: 1) bei Tagesan
bruch vor Sonnenaufgang (Fudschi-), 2) um Mittag (Zohr, Zuhr), 3) am Nachmittag (Assr 4 ), 4) bei Sonnen
untergang (Maghrib), 5) am Spätabend (Jscha). Dazu kommt das obligatorische Wochengebet am Freitag
Mittag (Ssalät aldschum’a). Es ist einleuchtend, daß die Gläubigen bei diesen genau zu erfüllenden Vor
schriften zuverlässiger Zeitangaben bedürfen. Hierzu diente viele Jahrhunderte die Sonnenuhr.
') L. A. Sédillot: Matériaux pour servir à l’histoire comparée des sciences mathématiques chez les Grecs et les
Orientaux (Paris, 1845, pag. 323).
*) A. K r z î 2 : Beschreibung, wissenschaftliche Zergliederung und Gebrauchsweise des persisch-arabischen Astrola
biums: Archiv d. Math. u. Pliys. Bd. 45, pag. 312 ft'.
3 ) Eine streng mathematische Untersuchung derselben habe ich kürzlich in den Annalen d. Hydrographie u. maritim.
Meteorologie (1913, pag. 33 ff.) veröffentlicht unter dem Titel: „Azimutale und gegenazimutale Karten mit gleickabstilndigen
Meridianen“.
4 ) al-Asr = Nachmittag. Von Sédillot: Mémoire sur les instruments astronomiques des Arabes wird das Asr
als „temps de la sieste“ bezeichnet (pag. 57).