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Full text: 34, 1911

s 
Aus dom Archiv der Deutschen Sce-wartu. 1911, Nr. 2. 
mcssungsprohlems und die Ausführung der Sternkarte muli uns zugleich bezeugen, daß es in früher Zeit 
vorhanden war und neben der künstlichen Sphäre und dein Gnomon zur Verwendung kam. Es ist un 
denkbar. daß die Astronomen des I. Jahrhunderts, notwendig durchdrungen von der Einsicht, daß alle 
Fortschritte ihrer mit Begeisterung gepflegten Wissenschaft von der Vervollkommnung der Messungen am 
Hinmiel ahhängen, nichts für die Erfindung und Herstellung der nötigen Hilfsmittel getan und geleistet 
haben sollten. Es ist auch gar nicht anders anzunehmen, Pytheas muß ein solches Instrument auf seiner 
Reise mit. sich geführt haben, wie unsere Schiffer den Sextanten . . 
Wenn wir somit auch nicht im Besitze eines quellenmäßigen Nachweises für die Anwendung 
der Methode der Zirkmnpolarsterno zur Polhöheiibestimmung bei den allen Griechen sind, so zwingen uns 
doch mit Berger unabweisbare Schlüsse zur Notwendigkeit einer solchen Annahme. In der Tat ist die 
Methode auch so einfach und drängt sicli sogar dem natürlichen Laienblick so ganz von selbst auf, daß 
sie kaum bis zur Zeit der hochentwickelten Gnomonik der Araber unbeachtet geblieben sein kann. Man 
findet in den uns zugänglichen Werken arabischer Astronomen keine Andeutungen über den Urheber der 
selben. und sie isL vielleicht eine schriftlich nirgends nachweisbare oder erhaltene Tradition der Griechen. 
2. Eratosthenes ') und llipparcli -). 
Weniger durch gnmnonische Messungen seihst., als durch kartographische Verarbeitung des 
aus den Reisen des Pythons nach Norden und der zwei griechischen Gesandten Megasthenes und 
Bei machos nach dem Gangeslandc gewonnenen geographischen Materials, das wesentlich durch die 
Reiseberichte vieler Gebildeten, denen es vergönnt war, das ..Wunderland Indien“ zu schauen, bereichert 
wurde, erwarb sich kein Geringerer als Eratosthenes ein großes Verdienst in der Festsetzung der 
geographischen Breite von Ländern und Städten Wir haben bereits oben erwähnt, daß wir auch bei 
Eratosthenes und Hipparch auf lückenhafte Mitteilungen, hier auf diejenigen, die sich in Strahns 
Geographie 1 und IT finden, angewiesen sind. Eine ungemein gründliche, kommentierte Darstellung 
der Leistungen dieser zwei großen Alexandriner findet sieh in den unten angeführten Werken Bergers, 
die uns vorwiegend Führer sein sollen. Die Erstellung einer möglichst umfassenden und genauen Welt 
karte, welche die Strabonischc Chlamys verdrängte, war die vornehmste geographische Aufgabe des 
Eratosthenes. Überall, wo ilnn astronomische Breitenangaben und Gnomonzahlen zu Gebote standen 
(so von Athen, Rhodos, Syrakus, Alexandria. Meroe u. a. 3 ), benutzte er sie auf das sorgfältigste, und nur 
ungern nahm er in Ermangelung derselben seine Zuflucht zu unwissenschaftlicheren und unzuverlässigeren 
Methoden. Als solche werden genannt: die Angaben von Reisenden über Klima, Temperatur- 
Verhältnisse, das Auftreten gewisser Merkmale in der Tier- und Pflanzenwelt u. dgl. 
Wohl wußte aucli Eratosthenes, daß diese ihm so gemachten Angaben, durch mehrmalige Überlieferung 
entstellt, mit Vorsicht zu gebrauchen seien, und er warnt sogar selbst vor der Schrift des Deimaclios 
über Indien. Indem er infolge sehr großer Ungewißheit über den Verlauf des südlichsten Parallelkreises 
seiner Weltkarte „Zimtküste—Taprobane“ diesen nicht mitzählte, erscheint auf der Eratosthenischen 
Plattkarte als erster Parallel der durch Meroe gehende, der sich nach Westen durch un 
bekannte Länder Libyens liinzog, im Osten Südarabien und die Südspitze Indiens durchschnitt. Der 
zweite Br eiten parallel war mit dem Wendekreis identisch und ging durch Syenc und im Osten 
durch Gedrosien. Ein dritter Breitenkreis war der von Alexandria, der östlich über Cölesvrien, 
Babylonien, Persien und das nördliche Indien strich. Von den drei noch folgenden Parallelen gibt Strabo 
den westlichen Verlauf nicht mehr an. Der vierte lief am Südrande des Hochgebirges von Kleinasien 
(Taurus) entlang durch Armenien, Medien und den nördlichsten Teil Indiens. Der fünfte war der von 
Lysimachia (Hellespont), dessen Verlauf nach verschiedenen Angaben ziemlich unbestimmt erscheint; 
vom sechsten wissen wir nur von Hipparch, daß er das südliche Britannien traf, und der Parallel 
von Thule endlich grenzte die bewohnte Zone gegen die erfrorene ab 4 ). 
’) H, Berger, Die geographischen Fragmente des Eratosthenes, 1880. 
2 ) H. Berger, Die geographischen Fragmente des Hipparch, 1869. 
3 ) Welche von ihnen auf gnomonische Messungen des Eratosthenes selbst zurüekzuführeii sind, läßt sich nicht ent 
scheiden (vgl. Berger I, S. 187). 
4 ) Von geographischen Koordinaten, wie sie uns heute geläufig sind, konnte bei Eratosthenes noch keine Rede 
e in. Seine Plattkarte wies nur eine Anzahl von Parallelen auf, die aber keine Beziehung zu einem Äquator als Symmetrie- 
Soder Ausgangslinie der Zählung hatten. Erst Hipparch teilte den Erdquadranten in 90 gleiche Teile.
	        
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