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Aus dem Archiv der Deutschen See warte, 1911, Nr. ‘2.
Tschong. Die Daten sind etwas verschieden. Die neueste Lesart von Gaubil unter Annahme einer
Ekliptikschiefe von e = 23 0 20' ist diese:
J a h r n. C h r.
4(51
462
402
Monat
27. November
11. Januar
12. Januar
S o n n e n h ö h e
30 0 17' 52’'
30 0 12’ 13’
30° 12' 13"
Die siebente Beobachtung fand im Winter des Jahres 578 n. Chr. zu Singanfu statt. Sie ergab
<p = 34° 35' 49",5 und s — 23 0 51' 11",5. Eine achte, ebenfalls zu Singanfu gemachte Messung des
Litchanfong datiert aus dem Jahre 029 n. Chr. Sie lieferte ? — 34° 10' 30",5 und $ = 23" 40' 9",5.
Tn den Jahren 1049—1052 beobachtete man sehr eifrig zu Cai-Fong-Fu. Man fand für <p: 34° 52' 41",5
und für s: 23° 30' 45”,5. Weitere Observationen datieren aus den Jahren 1278 und 1279, deren sein-
unzuverlässige Resultate Gaubil und La Caille 1 ) näher prüften. Nach den Publikationen von
M. Sylvestre de Sacy 2 j (1814), betr. „Die Geschichte, Wissenschaften und Einrichtungen der Chinesen“,
beobachtete und bestimmte die Polhöhe auch ein gewisser Y-IIang unter der Dynastie der Tang.
Ob alle diese Messungen mit den einfachen Mitteln des Gnomons stattfanden, oder ob sich in der
langen Reihe von Jahren die Beobachtungsmethoden verfeinerten, vermögen wir nicht bestimmt anzugeben.
Erst im 7. Jahrhundert fand die ebene Trigonometrie anscheinend Eingang in China, der volle 000 .Jahre
später die sphärische gefolgt sein soll 3 ).
Zweites Kapitel.
Die Breiteiibestimiming- bei <len Griechen.
1. Eudoxus von Knidos und Fytheas von Massilia.
Wenn somit nach dem Vorhergehenden die Forschungen in der Literatur der ältesten Kulturvölker
bezüglich der Polhöhenfrage nur zu sehr dürftigen Resultaten führten und die astronomischen Messungs
methoden anscheinend nicht über die einfachsten Prinzipien der Gnomonik hinausgingen, so sind dafür
die Fortschritte um so nennenswerter, welche das Problem der Breitenbestimmung zuerst durch die
Griechen und später die Araber erfuhr. Zwar haben die Griechen zweifellos bis zur Mitte des 5. .Jahr
hunderts v. Chr. reichliche Anregungen aus Ägypten und Babylon empfangen, und ebenso übernahmen
die Araber das Erbe der Griechen, allein unter beiden Nationen erlangten die primitiven Ideen dev Kultur
zentren am Nil und Euphrat eine solche Vertiefung und einen derartigen systematischen Ausbau, daß sie
auch nach dein Niedergang der Hellenen und Araber viele Jahrhunderte hindurch das Abendland be
herrschten. Als weiteren Beleg für die. Abhängigkeit der Griechen auch von den Ägyptern (vgl. Amu. 2 S. 11
möchten wir noch anführen, daß Thaies v. Milet den Schatten an einer ägyptischen Pyramide in dem
Augenblick beobachtete, als er der Höhe derselben gerade gleichkam 4 ), und daß Eudoxus von seiner
’) La Caille, Dans un Mémoire sur la Théorie du Soleil, Académ. des Sciences, 17-‘>7, gag. 110.
2 ) Vgl. le seizième volume, concernant l’Iiistoire, les sciences et les usages des Chinois, une suite de ('histoire
de la dynastie des Tang.
a ) Biernatzki, ..Die Arithmetik der Chinesen“ (Journal f. r. u. a. Mathem. 18511, LH, S. 68—70). Vgl. auch
v. Braunmühl, Vorlesungen nsw., I. Bd,, S. 5.
*) Nach der Erzählung des Plutareh, der in seinem Gastmahle Thaies mit anderen über den König Anuisis
von Ägypten sich unterhalten läßt, soll der berühmte Milesier tiie.se einfache Methode der Höhenmessung verbessert und
durch die viel allgemeinere der ähnlichen Dreiecke ersetzt haben. Niloxenus äußert sieh bei dieser Gelegenheit: ,.<)!>-
schon er auch um anderer Dinge willen dich (Thaies) bewundert, so schätzt er doch über alles die Messung der Pyramiden,
daß du nämlich ohne alle Mühe, und ohne eines Instrumentes zu bedürfen, sondern indem du nur den Stock in den End
punkt <les Schattens stellst, den die Pyramide wirft, aus den durch die- Berührung des Sonnenstrahls entstehenden zwei
Dreiecken zeigest, daß der eine Schatten zum anderen dasselbe Verhältnis hat wie die Pyramide zum Stock.“ (Cantor.
Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, :5. Autb. I. Bd., S. 139.)