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Aus dom Archiv der Deutschen Seewarte. 1911, Nr. 1
Wind und Wetter abhing. Es ist deshalb nötig, den Verlauf der Reise darzulegen. Das soll im folgenden
kurz geschehen 1 ).
Die Reise führte, wie die Übersichtskarte des Reiseweges zeigt, von Hamburg um das Kap Ilorn
nach der Westküste Südamerikas (Tafel 1). Das Schiff, die Viermastbark „Pangani“, Kapitän F. Junge,
gehörte der Hamburger Reederei F. Laeisz und war in der Salpeterfahrt beschäftigt. Es ging mit Stück
gütern nach Valparaiso, um dann von einem der nordchilenischen Salpetcrhäfen — in diesem Falle
Tocopilla — nach Hamburg zurückzukehren.
Nachdem am 12. September 1908 der Hamburger Hafen verlassen worden war, wurde nach einem
mehrtägigen unfreiwilligen Aufenthalt, den widrige Nord Westwinde vor der Elbmündung verursachten,
verhältnismäßig rasch bei Lizard am 23. desselben Monats der offene Ozean betreten.
Unter dem Einfluß eines Tiefdruckgebietes, das am 24. über dem Kanal und Nordfrankreich lagerte 2 ),
herrschten bis zu jenem Tage steife bis stürmische Nordwestwinde, die das Schiff gut weiterbrachten.
Dann aber drehte der Wind südlich und südwestlich, um bei relativ hohem Barometerstand gemäß einem
sehr starken Gefälle nach Nordwesten, wo südlich von Island tiefer Druck vorhanden war, für zwei Wochen
diese Richtung im wesentlichen beizubehalten. Das Fortkommen nach Süden litt natürlich unter diesen Ver
hältnissen sehr, besonders da der Wind wiederholt stürmisch wurde und nur unter langwierigem Kreuzen
Süd gutgemacht werden konnte. Die lange Dauer und Stärke dieser SSW-Winde auch noch im Oktober, als
„Pangani“ schon 40° Nord geschnitten hatte, lindet ihre Erklärung durch ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet,
das nach den synoptischen Wetterkarten für den Nordatlantischen Ozean 3 ) Anfang Oktober nördlich,
westlich und südwestlich der Azoren lagerte und sich nordostwärts bis über den 50. Breitengrad erstreckte.
Nun wird zwar im Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean 4 ) bei Tiefdruck bei den Azoren ein Um
segeln auf Backbord halsen angeraten und auch häufig ausgeführt, aber in diesem Falle lag einmal beim
Verlassen des Kanals keinerlei Anzeichen vor — Ostwind bei fallendem Barometer —, und andererseits
reichte das Tiefdruckgebiet, das erst Anfang Oktober, also über eine Woche nach Lizard, sich heraus
bildete, auch zuweit nordöstlich. Der Stand der „Pangani“ war bereits zu südwestlich, um die Depression
in ihrem nördlichen Teil zu durchsegeln.
Erst am 9. Oktober auf 32° Nord drehte vormittags unter beständigem Regen der Wind von Süd
west über West und Nord auf Nordost, und am nächsten Tage wurde auch das Barometermaximum,
767 mm korrigiert 5 ), beobachtet. Aber die Passatherrlichkeit war nicht von Bestand, denn schon nach
zwei Tagen wurde der Nordost in Stärke und Richtung unbeständig, um dann aus allen Richtungen,
darunter am häufigsten Südost, meist nur mit Stärke 1—3 zu wehen. Auch Windstille trat wiederholt
ein, so daß das Schiff nur langsam südwärts vorriiekte und 12,5 Tage brauchte, um am Nachmittag des
21. Oktober in S'h 0 Nord die äquatoriale Passatgrenze zu schneiden. Gerade für die Verdunste ngs-
untersuchungen war diese Passatstörung äußerst hinderlich. Einmal gab es dadurch, wie später dargelegt
wird, anormale Werte, und dann wurden durch häufige Regen- und Gewitterböen — eine aus Südost von
Stärke 9—10 überraschte am Abend des 19., verschiedentlich Unheil anrichtend, das Schiff —-, durch
die Mallungen und die damit verbundenen Änderungen der Segelstellung die Arbeiten sehr gestört.
Das Studium der synoptischen Wetterkarten für diese Zeit läßt eine besondere Ursache des flauen
Passats ohne weiteres nicht erkennen. Es wäre eine dankenswerte Aufgabe, an der Hand des umfang
reichen handschriftlichen Materials der Deutschen Seewarte die Passatstörungen im Herzen des Gebietes
einer eingehenden Bearbeitung zu unterziehen.
Den Kalmengürtel kündeten dunkle schwere Regenwolken und Wetterleuchten im Süden an. In wenigen
Stunden flaute der Wind von Stärke 4—5 gänzlich ab, um nur gelegentlich von flauem südlichen Zug ab
gelösten Windstillen mit heftigen Regengüssen Platz zu machen. Infolgedessen waren volle acht Tage nötig,
um das Stillengebiet, das sich bis 5° Nord erstreckte, zu durchschneklen. Hier sieht man so recht, welches
Hindernis für einen Segler dieser Teil der Reise ist, denn bei etwas Wind hätte die „Pangani“ in einem
0 Eine eingehende Schilderung dev Reise findet siel» mit zahlreichen Abbildungen in dem Heft 44 der Sammlung
Meereskunde „Auf einem Segler um Kap Horn“,
*) Tägliche Wetterberichte der Deutschen Seewarte für die betreffende Zeit.
r ) Synoptische Wetterkarte für den Xordatlantischen Ozean für die betreffende Zeit.
4 ) Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean. Herausgegeben von der Deutschen Seewarte, III. Aufl,, S. 338—340.
6 ) Ohne Schwerekorrektion.