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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1911, Nr. 4.
Störungen, die auf den Betrag der mittleren monatlichen Barometerschwankung in dieser Gegend einen
Einfluß ausüben könnten, nicht in Betracht.
In den mittleren Breiten Nordamerikas haben wir an der Ostküstc ein Gebiet relativ zur Breite
stärkster Druckschwankungen bereits kennen gelernt. Nicht allein hinsichtlich der geographischen Breite
sind hier die größten Druckschwankungen wohl der ganzen Erde, sondern auch die Zunahme der Druck
schwankungen längs der Ostküste ist eine außerordentlich starke. Sie beträgt im Winter zwischen Cliarleston
und Boston ca. l.G nun pro Grad der Breite, während der mittlere kontinentale Wert, wie aus Tabelle 3
ersichtlich, 0.85 mm ist.
Die Bedingungen für diese lebhaften Oszillationen sind in der Mischung warmer und kalter Luftströme
gegeben, welche in den Breiten zwischen 40° und 50° N. speziell .stattfindet. Von Süden her führen der warme
Golfstrom und Südwestwinde warme Luft mit sich, während vom Norden das Festland, der Labradorstrom
und die vorherrschenden Nordwestwinde stark abgekühlte Luft herbeischaffen. Das Treibeis schiebt an der
Ostküste seine Grenze weit nach Süden vor und hilft die Gegensätze verstärken. In dieser fortwährenden
Mischung kalter und warmer Luft und den verstärkten Kondensationen sind die Bedingungen heftiger Luft- und
damit Barometerbewegungen gegeben. Noch kommt hinzu, daß eine Hauptzugstraße der Barometerminima,
die in rascher und bunter Folge mit Barometermaxima abwechseln, von Westen her über diesen Bezirk
dahinzieht. Das starke Zusammendrängen der isobarometrischen Linien ergibt sich aus der Tatsache, daß
an der Ostküste Nordamerikas Tropen- und Polarregion sich am stärksten nähern. Während wir in Florida
in ca. 30° N Breite die lG-mm-Linie antreffen, haben wir 20 Grad nördlicher in der Gegend des Laurentius
golfes bereits die 40-mm-Linie. Auch das Temperaturgefälle ist, wie jede Isothermenkarte lehrt, ein
sehr großes. Florida hat eine Jahresisotherme von 20° C, der Laurentiusgolf dagegen eine solche von nur
0 U C. Noch dichter sind die Januarisothermen, dann geht die O-Isotherme bereits durch New York.
Wir haben weiter gesehen, daß der Westen sich von dem Osten bezüglich der Schwankungshöhen
wesentlich unterscheidet. Die meridional streichenden Ketten der Anden trennen eben einen gebirgigen
Westen von einem tiefländischen Osten. Der Westen stellt nun klimatologisch für sich. Er wird durch
die Anden vor den Winden des Ostens geschützt und nimmt an dem unruhigen Witterungscharakter desselben
darum nicht teil. Dafür steht er unter dem Finllusse eines barometrischen Hochdruckgebietes, das im
Januar seinen Kern über den Nordweststaaten hat. Dieser in Verbindung mit der Wetterscheide der
Anden geben die Bedingungen für einen ruhigeren Witterungseharakter, als er der Ostküste eigen ist, ab.
Gehen wir nun zur Besprechung der Verhältnisse auf der Alten Welt über, so ist bezüglich der
Ostseiten der Kontinente Nordamerika und Asien eine Analogie unverkennkar. Sie findet ihren Ausdruck
in dem Abfallen der isobarometrischen Linien auf der westlichen Halbkugel gegen den Atlantischen Ozean,
auf der östlichen Halbkugel gegen den Pazifischen Ozean hin. Wie im Golfe von Mexiko, so haben wir
auch in der Chinasee verhältnismäßig hohe Schwankungen. Es tritt hier wieder der Gegensatz einer stark
abgekühlten Festlandsmasse und einer noch recht warmen Meeresoberfläche auf. Das im Winter über
Asien lagernde Hochdruckgebiet ist nicht nur ein außerordentlich hohes, sondern auch ein stark ausgedehntes,
im Gegensatz zu den amerikanischen. Der stark ausgeprägte antizvklonale Typus des Kontinentes und
der zyklonale Typus des Meeres geben nicht nur im Süden, sondern an der ganzen Ostküste die Be
dingungen der Gegensätzlichkeit ab. Für den Süden, speziell für die Philippinen und die an die Chinasee
angrenzenden Gebiete, scheinen im Sommer die in dieser Zeit auftretenden Taifune insofern eine gewisse
Bedeutung zu haben, als sie die Schwankungsgrößen mit erhöhen helfen. So haben Tainan auf Formosa
und Hongkong an der Chinasee, Aparri und Manila auf den Philippinen im Sommer, als der Zeit der
größten Häufigkeit der Taifune, größere Barometerschwankungen als im Winter. Manila hat ein aus
gesprochenes Maximum im September, in welchem Monate dort diese Winterstürme am häufigsten x ) aufzutreten
pflegen. Für Aparri, Hongkong und Taiwan ist der Monat der größten Schwankung der August, der
bezüglich des Auftretens der Orkane an zweiter Stelle steht.
Je weiter wir nun an der Ostküste nach Norden wandern, um so steiler werden die Linien am
Festlandsrande. Betrachten wir eine Karte der Januarisobaren, so wird uns dies Verhalten der isobaro
metrischen Linien erklärlich. Wirsehen nämlich auf ihr den Kern der Antizyklone stark nach NE gerückt.
Fr befindet sich etwa auf einem Gebiete zwischen lOD 0 und 140° Ö. L. und 50" und G5° NBr., also sehr
') Hann, J., Lehrbuch der Meteorologie. S. 449.