'28
Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1910, Nr. 1.
nähme einer kleinen Reise am Rovuma und eines Aufenthaltes am Tanganjika-See und in Tabora
beschränkte sich seine Tätigkeit auf heute englischen und portugiesischen Besitz.
Die Beobachtungen Krapfs und die ersten Reisen Rebmanns sind in Krapfs Reisewerk veröffentlicht,
über die weitere Tätigkeit Rebmanns mangelten Quellen. Es findet sich also eine empfindliche Lücke in der
folgenden Zusammenstellung für die Zeit von 18-53 bis 1857. Im Jahre 1857 beginnen die Reisen Burtons
undSpekes, an die sich die Forschungen Grants, der Missionare New und Horner anschließen. New
wirkte seit 1863 im Wanikaland. Horner unternahm seine erste ostafrikanische Reise im Jahre 1867 nach
Usaramo und gründete 1870 die Missionsstation Bagamojo. Mit diesem Jahre setzt dann die Ära der
Forschungstätigkeit kräftig ein, so daß uns von da ab durch Missions-, Reise- und Gouvernementsberichte
eine Charakteristik der wirtschaftlichen Lage für jedes Jahr gewährleistet ist.
2. Hungersnöte, ihre Ursachen und ihre Bekämpfung.
Hungersnöte werden hervorgerufen durch Mangel an Nahrung, die vegetabilischer oder animalischer
Art sein kann. Mangel an Feldfrüchten tritt ein, wenn die meteorologischen Bedingungen während der
Vegetationszeit ungünstig waren, oder durch massenhaft auftretende Schädlinge Pflanzen und Früchte ab
gefressen wurden. Auch Krankheiten vermögen den Ernteertrag zu reduzieren.
Mangel an Fleischnahrung ist dann meist eine unmittelbare Folge davon, kann aber aucli durch
Viehseuchen verursacht werden.
Je nach der Wirtschaftsform eines Volkes werden nun beide Arten von Hungersnöten ver
schiedene Tragweite haben. Ein Volk, das hauptsächlich Ackerbau treibt, wird von einer Viehseuche weniger
betroffen als ein Hirtenvolk, das seine Nahrung aus seinem alleinigen Wohlstand, den Herden bezieht.
Die Massai in den nördlichen Steppen und Savannen unseres ostafrikanischen Schutzgebiets sind des
öfteren von verheerenden Rinderpesten heimgesucht worden, deren letzte im Jahre 1891 fast den ganzen
Stamm zugrunde gerichtet hat.
Für diese Abhandlung kamen nur solche Hungersnöte in Betracht, deren Ursache in einem Ver
kümmern oder Ausbleiben der Regenzeiten beruhte. Heuschreckenplagen treten dann meist
gleichzeitig auf; große Näße ist der Brut ungünstig.
Die Schwere einer Hungersnot hängt nun von einer Reihe von Faktoren ab, und zwar:
1. von der Intensität der Dürre,
2. von der Bevölkerungsdichte,
3. von der Kenntnis des Klimas,
4. von dem Stande der Verkehrswege und
5. von dem Maße der Nutzbarmachung der natürlichen Wasservorräte für die Bewässerung.
Ein Mittel, das Ausbleiben des Regens zu verhindern, hat man nicht, obwohl man des öfteren
versucht hat, den Niederschlag im ganzen zu vermehren. Der Mensch vermag sich hier nur anzupassen.
Er verschafft sich eine eingehende Kenntnis der klimatischen Eigenheiten seines Landes, deren Zweck eine
Voraussage des Charakters der kritischen Jahreszeiten ist. Danach kann er dann seine Vorkehrungen
treffen, wenn die Wahrscheinlichkeit für ein kommendes schlechtes Jahr vorhanden ist. Durch Anlage
guter Verkehrswege sorgt er für eine schnelle Kommunikation mit benachbarten, begünstigteren Ge
bieten, wenn er nicht schon vorher daran gedacht hat, den fehlenden Niederschlag durch auf gestautes
Flußwasser zu ersetzen.
Die Untersuchung der indischen Hungersnöte hat gelehrt, daß Dürren nie gleichzeitig in ganz
Indien herrschen, daß sic vielmehr von Süden nach Norden wandern. Wenn Südindien, die Bezirke Madras
und Dekkan, Dürre haben, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sie im nächsten Jahre in einem Teile
Nordindiens auftritt wie 5 zu 2').
Diese Teilung des Gebiets ist äußerst günstig, da in Jahren der Hungersnot der eine Teil dem
anderen aushelfen kann. Sie ist wertlos, wenn nicht durch gute Wege für einen ungehinderten Verkehr
zwischen beiden Distrikten gesorgt ist.
Im Süden von Deutsch-Ostafrika scheinen wir ein Land zu besitzen, das äußerst selten von
Hungersnot heimgesucht wird, ja. das klimatisch so begünstigte Kondeland scheint nie unter schweren
‘) G. Hellmann, Schwankungen der Niederschläge, Berlin 1909, S. 77.