Beiträge zur Klimatographie von Nordspanien und -Portugal.
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als die wahrscheinlich zu erwartenden Maxima der täglichen Niederschläge zu betrachten; denn diese
sind tatsächlich kleiner als die Mittelwerte.
Auf die Bedeutung der prozentisclien Beträge, welche in die Tabelle 32 (S. 63) aufgenonnncn worden
sind, wird an späterer Stelle hingewiesen werden.
Um die Höhe der Tagesmaxima in Nordspanien und -Portugal nach Gebühr würdigen zu können, sei
es gestattet, zunächst eine orientierende Übersicht über das Ausmass der größten täglichen Regenmengen
in unseren heimischen Gebieten und ihrer Nachbarschaft vorauszuschicken ').
Im norddeutschen Flach- und Ilügcllande sind Quanta bis zu 166 mm 2 ) gemessen worden, und ein
Tagesmaximum der Niederschläge von mindestens 100 mm ist im ebenen Norddeutschland überall zu ge-
wärtigen 3 ). Diese untere Grenze kommt ca. 16 °/o der durchschnittlich in einem ganzen Jahre niedergehenden
Menge gleich.
Im Harz, dem Riesengebirge und den Sudeten steigern sich die größten Tagesquanta häufig um die
Hälfte, ja erreichen sogar das 1 '/afache jener. Es sind im gebirgigen Norddeutschland einzelne, von unheil
vollen Katastrophen begleitete Regenfälle von 300—345 mm an einem Tage beobachtet worden 4 ).
Wie die Gebirge überhaupt, so wirken die Alpen durch ihre großartigen Dimensionen insbesondere
als Kondensatoren des atmosphärischen Wasserdampfes und vermehren die Niederschlagsmenge ganz be-
bedeutend. Selbst in einer nur in rohen Zügen entworfenen Isohyetenkarte hebt sich daher das Alpen
gebiet und im Anschluß daran der krainische und kroatisch -dalmatinische Anteil der dinarischen Küsten
kette deutlich als ein inselartig umgrenzter, mit reichlichem Regenfall bedachter Flächenraum ab. Daher
ist cs begreiflich, daß in diesem Gebiete die Faktoren, welche die Kondensation fördern (ursprünglicher
Feuchtigkeitsgehalt der Luft, Geschwindigkeit ihres Aufstieges längs steiler, hoher Böschungen und das
Maß der Temperaturabnahme mit der Höhe), mitunter bei gleichsinnigem Zusammenwirken in kurzer Zeit
ungeheuere Wassermassen zu Kondensation bringen. Die Wirksamkeit der Alpenmauer als Steigerer der
Niederschläge entfaltet sich am bedeutendsten auf den südwärts gekehrten Flanken derselben. Wo die
Südwest- und Südwinde an die steil aufragenden Wände der Alpen anprallen und genötigt werden, die
Gebirgshänge hinanzusteigen, werden ihre reichlichen, vornehmlich dem Mittelmeer entstammenden Dampf
massen rasch höheren, kühleren Luftschichten und damit der Kondensation zugeführt, und es fallen in
kürzester Frist ungeheuere Regenmassen, Über das Vorkommen größter Regenmengen von kurzer Dauer
im Gebiete des westlichen Mittelmeerbeckens hat Hellmann am Schlüsse seiner Abhandlung über die
„Regenverhältnisse der Iberischen Halbinsel“ eine lehrreiche Zusammenstellung gegeben 5 ), aus der die
Pyrenäenstation Molitg (bei Prades) am Nordfuße des Canigou hervorgehoben werden mag als Erinnerung
daran, daß auch in Spanien sicher stärkere Tageswerte gelegentlich zu erwarten sind; denn es gingen dort
am 20. Mai 1868 in einem Zeiträume von 1 1 /a Stunden 313 mm Regen nieder.
Die größte bisher aus Österreich bekannte Tagesmenge beträgt 345 mm und wurde am 20. Juli 1807
in Neuwiese im böhmischen Isergebirge gemessen 6 ); es sind das 28,0 % der 1233 mm betragenden mittleren
Jahressumme.
In den österreichischen Alpenländern sind die beobachteten Maxima ihrem Betrage nach nicht
größer als in den norddeutschen Gebirgen, kommen aber ungleich häufiger vor. Tagesquanta von 100 mm
darf man auf engbegrenzten Gebieten fast alle Jahre erwarten 7 ).
Die Beobachtungen über die größten täglichen Regenmengen lehren also, daß in unseren heimischen
und den ihnen benachbarten Gebieten das Tagesmaximum der Niederschläge im allgemeinen 100 mm
überschreitet und sich auf ca. 20 % der Jahressumme schätzen läßt. In Übereinstimmung hiermit weisen
auch fast alle Stationen des Küstenstreifens von Nordspanien und -Portugal, von denen mehrjährige gute
Aufzeichnungen für die Ableitung der Tabelle 32 verwendet werden konnten, ein Tagesmaximum des
Niederschlages von mindestens 100 mm auf. Es ist auffallend, wenn das Extrem in Vigo an der tief
') Diese Übersicht macht keine Ansprüche auf Vollständigkeit.
2 ) Hellmann, G., Die Niederschläge in den norddeutschen Stromgebieten. 1, S. 137.
ä ) Hellmann, G., Größte Niederschlagsmengen in Deutschland usw. S. 260.
4 ) Hellmann, G., Die Niederschläge in den norddeutschen Stromgebieten. 1, S. 136.
R ) Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. 23. Bd., 1888, S. 374.
<l ) Ilellmann. G., Die Niederschläge in den norddeutschen Stromgebieten. I, S. 136.
7 ) Hell mann. G., Größte Niederschlagsmengen usw. S. 260.