34
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1909, Nr. 3.
Karte von viel größerem Maßstabe (1:100000) vor uns haben als bei Betrachtung der Nordsee (1:800000).
Es sind also hier auch die kleinsten Erhebungen (Niveauunterschiede von 1 m) zu erkennen. Wenn ich
nun nach meinem Verfahren einen verhältnismäßig hohen Wert der Undulation bekomme, im Gegensatz
zu Krümmels Methode, so zeigt gerade dieses Beispiel, daß das von mir vorgeschlagene Verfahren sich
den natürlichen Verhältnissen, also auch den kleinsten Werten des Auf- und Niederpendelns der Ober
fläche, besser anschmiegt. Da die Erhebungen in diesem Gebiet nicht überall gleichmäßig verteilt liegen,
trafen zufällig bei Anwendung von Krümmels Verfahren verschiedene Schnitte keine Erhebung. Daher
der niedrige Wert des Rhythmus (2,8) oder eine Muldenbreite von 40 km (vgl. die Tabelle S. 35).
Mein Verfahren, das die sämtlichen Erhebungen im Mittel auf die ganze Fläche verteilt, ergibt für
diesen Teil der Ostsee eine Undulation = 110, d. h. auf je 91 qkm kommt eine dieser äußerst flachen Er
hebungen; die mittlere Entfernung der Erhebungen beträgt 9,5 km. Die Muldentiefe (und die Amplitude)
ist in diesem Gebiet nur 2,8 m (2,9 m). Wir haben es hier also mit einer sehr kleinzügigen Unebenheit
zu tun.
Für die Unebenheit des Meeresbodens in der Tiefsee würden wir in den meisten Fällen außer
ordentlich niedrige Werte erhalten; es müßten der Betrachtung jedenfalls sehr ausgedehnte Gebiete zu
grunde gelegt werden, wenn überhaupt einige handgreifliche Werte erhalten werden sollen. Schon aus den
Werten, die Krümmel 1 ) für den Rhythmus einiger gut ausgeloteter (bandartig, daher besser nach Krümmels
Methode zu berechnen!) Strecken des Tiefseebodens angibt, läßt sich die außerordentliche Schlichtheit des
Meeresbodenreliefs erkennen. Die Angaben des Rhythmus zeigen sämtlich einen Wert unter l 2 ), d. h.
auf 111 km kommt noch keine Erhebung, oder die Muldenbreite ist größer als 111 km.
Es fehlen nun aber in einigen (besonders vulkanischen) Gebieten die Unebenheiten des Meeresbodens
nicht so vollständig, wde man gewöhnlich glaubt. Zu diesen gehört auch unser Spezialgebiet im südwest
liehen Pazifischen Ozean. Hier treten neben ausgedehnten (noch weniger erforschten) Flächen größter
Schlichtheit doch auch Gebiete auf, in denen wir von einem verhältnismäßig stark bewegten Relief sprechen
können. Welche Werte werden sich nun für die Undulation und die Amplitude in unserem Gebiet ergeben?
Lassen wir bei dieser Berechnung die Gebiete, für welche Angaben über die einzelnen Erhebungen
wegen unserer mangelhaften Kenntnis des Bodenreliefs nicht gemacht werden können (z. B. in Korallen
gebieten, Gegenden mit zahllosen Untiefen usw.), oder in denen Lotungen fast ganz fehlen (z. B. östlich des
Tonga- und Kermadek-Grabens), unberücksichtigt, so kommt in Betracht ein Tiefseegebiet von 4697 000 qkm
Areal 3 ). In diesem Gebiet sind von mir (nach dem heutigen Stand unserer Kenntnis) 177 Erhebungen
des Meeresbodens gezählt; es ergibt sich also für dieses Gebiet im Mittel eine
Undulation
177-10000
4697 000
= 0,38.
Das bedeutet: erst auf ein Gebiet von 26540 qkm kommt im Mittel eine Erhebung, oder: die
mittlere Entfernung der Erhebungen beträgt: 163 km.
Von jeder einzelnen Erhebung ist dann die relative Höhe über ihrer Umgebung festgestellt; es er
gibt sich aus diesen Einzelwerten für sämtliche Erhebungen dieses Gebietes eine mittlere Amplitude
von 1180 m.
Der außerordentlich geringe Wert der Undulation dieses so unruhig modellierten Tiefseegebiets läßt
sich nur erklären durch das Übergewicht einiger ausgedehnter, sehr eben sich darstellender Gebiete, die
bisher noch sehr wenig erforscht sind und wahrscheinlich bei genauerer Untersuchung ein etwas stärker
unduliertes Gepräge auf der Karte erhalten würden. Von größerem Werte als diese mittlere Angabe der
Undulation sind die (in der Tabelle auf Seite 38 und 39) angeführten Einzelwerte für die verschiedenen
Teile unseres Spezialgebietes.
Sowohl Krümmels wie auch dieses neue Verfahren habe ich sodann auf dio Landeberfläche ange
wandt. Wie ich schon früher hervorhob, ist es im allgemeinen anschaulicher, für den Vergleich der Un
ebenheit von Landgebieten unter sich wegen der großen Zahl der Erhebungen eine kleinere Flächeneinheit
’) Krümmel, Ozeanogr. S. 94.
2 ) Für die Strecke Azoren-Kanal ist der Rhythmus nach den in Krümmels Ozeanogr. S. 94 gemachten Angaben
nicht = 1,1, sondern 0,93. Zu diesem Wert gehört auch die richtig angegebene Muldenbreite = 120 km.
3 ) Es umfaßt alle numerierten Gebiete auf der Karte der Unebenheit, Tafel Nr. 5, außer den Korallengebieten
Nr. 56, 58, 59, 127 b, 136.