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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. 1908, Nr. 3.
TU. Die Richtung und die Stärke des Windes.
Der Wind ist für das Klima einer Insel von besonderer Wichtigkeit, da er, von allen Seiten her
gewissermaßen „aus erster Hand“ kommend, mehr wie die übrigen meteorologischen Faktoren das Wohl
befinden und die Lebensinteressen ihrer Bewohner beinflußt; bei einem klimatischen Kurort aber erlangt
er noch deshalb eine besondere Bedeutung, weil man nicht mit Unrecht unter den sogenannten „Heil
faktoren“ das Vorhandensein einer lebhaften Luftbewegung besonders hoch bewertet und ihm die nerven
stärkenden, appetiterregenden, den Stoffwechsel fördernden und abhärtenden Wirkungen mancher Badeorte
in erster Linie zuschreibt. Für ein Seebad kommt aber außerdem noch die von der Richtung und Stärke
des Windes unmittelbar abhängige Intensität der Brandung in Frage.
Unser Beobachter von Norderney hat deshalb auch als ein rechter Sohn der „Wasserkante“ seinen
Windbeobachtungen eine besondere Sorgfalt gewidmet, indem er außer den lückenlosen Terminsaufzeichnungen
noch zahlreiche besondere Notizen über Stürme niederlegte.
Die Aufzeichnungen der Windrichtung hat Ommen nach 1b Strichen gemacht; die der Windstärke
fügte er erst nach einem Jahre, vom 1. Oktober 1881 an, hinzu. Er schätzte diese nach der sogenannten
Be auf ortschen Landskala und bezeiclinete die einzelnen Stärkeziffern folgendermaßen: fast still = 1,
mäßig = 2, frisch = 3, stark — 4, Sturm = 5, Orkan = 6. Die Bezeichnung „Windstärke 0“, „Windstille“
oder „Kalme“ kennt er nicht, sic kommt auch nicht ein einziges Mal in den Tabellen vor! Trotz der un
zweifelhaft vorherrschenden lebhaften Luftbewegung ist doch nicht anzunehmen, daß tatsächlich niemals
auf Norderney eine wirkliche Windstille vorgekommen sein sollte; man wird sie vielmehr unter
Windstärke 1, „fast still“ zu suchen haben. Anderseits ist es charakteristisch für den sturmgewohnten
Inselländer, daß er der bei den „Landratten“ so häufig zu findenden Überschätzung der Windstärke nicht
unterliegt. Die Windstärke G, Orkan, kommt in den ganzen neun Jahren nur zweimal vor!
Nach welchen Anzeichen oder Hilfsmitteln die Windstärken geschätzt worden sind, ist nicht angegeben,
doch ist kein Grund zu finden, die Schätzung selbst als unsicher in irgendeiner Beziehung anzusehen.
In Tabelle 13 ist die Häufigkeit der Windrichtungen für das volle Jahrzehnt Oktober 1880 bis Ende
September 1890 in Monatsmitteln der Termine 8 a, 2 p nnd 10 p sowie der Tage selbst gegeben, und zwar
in Prozenten aller Beobachtungen. Man erhält hierdurch die tägliche Periode der Windrichtung, soweit
sie sich aus drei Beobachtungen ableiten läßt, und die jährliche Periode. Die höchsten Werte der
Reihen sind fett, die zweithöchsten halbfett gesetzt.
Tabelle 13. Häufigkeit (lei* Windrichtungen in Norderney
vom Oktober 1880 bis inkl. September 1890 (10 Jahre) in Monatsmitteln der Termine 8a, 2p, 10p
und der Tage, ausgedrückt in Prozenten aller Beobachtungen.
1881—1890
tl
NNE
Ni
ENE
E
ESE
SE
SSE
S
SSUi
SU)
UISUI
Ul
WNU)
NU)
NNIU
Januar
8a ....
2.9
1.3
4.8
0.6
12.9
4.2
G.5
4.8
14.2
2.9
19.0
3.2
11.6
1.0
7.7
2.6
2p ....
3.3
l.G
2.3
0.G
14.5
3.3
7.9
3.6
14.8
2.6
17.7
3.6
12.5
3.6
5.3
2.6
10p ....
1.0
0.3
3.9
1.0
17.2
2.9
9.7
1.0
G.8
1.6
24.9
1.9
14.5
1.0
11.3
1.3
Mittel . . .
2.4
1.1
3.7
0.8
14.9
3.5
8.0
3.1
11.8
2.3
20.5
2.9
12.9
1.8
8.1
2.2
Februar
8a ....
0.0
3.2
3.9
0.7
22.7
2.5
G.7
2.1
13.5
2.1
15.6
2.1
10.0
2.8
6.7
1.6
2 P ....
7.8
1.8
G.4
2.5
19.6
2.5
4.G
2.8
11.7
2.1
13.5
3.6
11.0
2.1
6.0
1.8
10p ....
5.3
1.1
7.0
1.1
22.9
1.8
9.5
0.7
8.5
1.1
17.3
3.5
9.9
1.8
7.4
0.7
Mittel . . .
6.4
2.0
5.8
1.4
21.7
2.3
7.0
1.9
11.0
1.8
15.5
3.1
10.3
2.2
6.7
1.2
März
8a ....
8.1
5.8
5.1
0.6
13.2
4.2
G.l
2.3
7.7
1.6
10.6
3.5
17.1
1.0
5.5
4.3
2p ... .
7.9
2.8
7.0
1.9
11.4
3.2
4.4
1.6
6.0
1.6
13.0
2.8
18.4
1.6
12.0
3.8
10p ....
7.7
1.9
9.3
1.3
15.4
2.2
4.5
1.0
2.2
0.6
18.4
1.9
17.3
0.6
13.1
1.3
Mittel . . .
7.9
3.3
7.2
1.9
13.4
3.2
5.0
1.6
5.4
1.3
14.2
2.8
17.7
1.1
11.4
3.1