A. Paulus: Dic Eeiseii deutscher Segelschiffe in den Jahren 1898—1904 und ihre mittlere Dauer.
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Reisedauer von einem Hafen im Golf von Mexiko nach dem La Plata 93 Tage; Reisen von über 110 Tagen
wurden mehrfach gemacht, und die schnellsten Reisen nahmen immer noch über 70 Tage in Anspruch,
nämlich die von „Gesine“ 71 Tage von Pensacola nach Buenos Aires und die von „Hedwig“ 74 Tage von
Pascagoula nach Montevideo. Betrachtet man aber den Reiseweg, den die vom Golf von Mexiko nach dem
La Plata bestimmten Schiffe einsclilagen müssen, etwas näher, so erscheint die lange Reisedauer schon
verständlicher. Von Pensacola, Mobile oder New Orleans auslaufend müssen die Schiffe, da der Passat
es ihnen nicht gestattet, den direkten Weg einzuschlagen, zunächst, gleich den nach Europa heimkehrenden
Schiffen, das Gebiet der vorherrschenden Westwinde aufsuchen. Mit diesen stehen sie dann so lange
nach Osten, bis sie weit genug sind, um auf südöstlichen Kursen die polare Grenze des NO-Passates an
einem Orte zu schneiden (etwa 36° W-Lg.\ der ihnen gewährleistet, daß sie späterhin mit dem SO-Passat
die Küste von Brasilien bequem freisegeln können. Durch diesen Umweg, zu dem die Schiffe gezwungen
sind, werden natürlich die Reisen bedeutend verlängert, da die Schiffe wenigstens um ein Drittel des
Weges mehr zurücklegen müssen, als wenn sie auf dem direkten Wege ihren Bestimmungsort erreichen
könnten.
10. Zwischenreisen nach dem Stillen Ozean von der Ostküste Nordamerikas wurden fast aus
schließlich von Philadelphia und New York aus angetreten, von wo die Schiffe mit Petroleum in Kisten
beladen gewöhnlich nach einem Hafen Japans segelten; ab und zu wurden auch Schiffe für Australien oder
Neu-Seeland befrachtet. Über den Verlauf der Reisen kann auf die weiter unten bei den Ausreisen von
Lizard nach dem Stillen Ozean gemachten Angaben verwiesen werden, da der Weg der von New York
oder Philadelphia kommenden Schiffe mit diesen zusammenfällt, bald nachdem der NO-Passat gefaßt ist.
Von der Ostküste Südamerikas versegeln die Schiffe, von Brasilien oder einem Hafen des La Plata
ausgehend und gewöhnlich in Ballast, hauptsächlich nach der Westküste Amerikas, wo es namentlich die
Salpeterplätze von Nord-Chile sind, die von ihnen aufgesucht werden. Weniger häufig werden Reisen nach
Norden, wie nach Punta Arenas, Astoria und dem Puget Sound, unternommen. Selten auch versegeln
Schiffe nach der Ostküste von Australien. — Da auch der Verlauf dieser Reisen später bei den Ausreisen
nach der Westküste von Amerika und bei den Ausreisen nach der Ostküste von Australien eingehender
behandelt wird, so dürfte es hier nur noch von einigem Interesse sein, auf einige Eigentümlichkeiten auf
merksam zu machen, die sich bei der Berechnung der Mittelwerte zwischen den Reisen von Rio de Janeiro
und Santos nach Talcahuano, Taltal und Iquique herausstellten. Auffälligerweise dauern nämlich nach den
gefundenen Mittelwerten die Reisen von Rio de Janeiro nach Talcahuano und Taltal durchwegs 4 Tage,
die nach Iquique sogar 12 Tage länger als die von Santos dahin, obwohl Santos nur 200 Sm südlicher
liegt als Rio de Janeiro. Da diese nur wenig größere Entfernung diesen großen Unterschied in der Reise
dauer nicht wohl ausmachen kann und auch die Windverhälnisse beim Antritt der Reise — und hierauf
kann es doch nur ankommen — etwa gleich günstig sein dürften, gleichviel ob ein Schiff von Rio de
Janeiro oder Santos ausgeht, so dürfte dieser bei der Zusammenstellung der Tabellen her vor tretende
Unterschied in der mittleren Reisedauer lediglich auf das Schiffsmaterial selbst zurückzuführen sein. Hierin
allein ist wohl auch der Grund zu suchen, daß die Reisen von Santos nach Taltal durchschnittlich längere
Zeit in Anspruch genommen haben als die von Santos nach Iquique, trotzdem letzterer Hafen etwa 300 Sm
nördlicher liegt als ersterer. — Schnelle Reisen von der Ostküste Südamerikas nach der Westküste von
Amerika wurden von deutschen Segelschiffen vielfach ausgeführt. Die schnellsten dürften sein die von
„Helicon“ in 34 Tagen von Santos nach Iquique, die von „Godeffroy“ in 27 Tagen von Montevideo nach
Coronei, die von „Juca“ von Montevideo nach Valparaiso in 29 Tagen, die von „Susanna Godeffroy“ in
33 Tagen von Montevideo nach Callao und die von „Herzogin Cäeilie“ in 66 Tagen von Montevideo nach
Astoria. Außerdem dürfte noch die Reise des „Seestern“ zu erwähnen sein, der in 50 Tagen von Santos
via Kap der Guten Hoffnung nach Newcastle N.S.W segelte.
11. Zwischenreisen nach dem Indischen Ozean, also von einem nichteuropäischen Hafen aus,
wurden im letzten Jahrzehnt vom Atlantischen Ozean aus nur wenige unternonnnen. Von New York aus
segelten Schiffe öfter nach Java, Hongkong und Australien, während die von der Ostküste Südamerikas
kommenden Schiffe hauptsächlich Rangun und die Hafenplätze an der Süd- und Westküste von Australien,
seltener Kapstadt oder einen Haien an der Ostküste von Afrika als Endziel hatten.
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