Dr. A. Caspar: Bestimmung der PolhGhe der Sternwarte zu Heidelberg und ihrer Variation. g
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kleinen Meridiankreise im Abstande von 45.69 Meter ziemlich dicht am Waldesrande steht. Man kann in
folgedessen den Kollimationsfehler dieser beiden Instrumente leicht bestimmen und berichtigen, indem man
ihre optischen Achsen aufeinander richtet und die Fäden beleuchtet.
Die Nähe des Waldes brachte wohl großen Schutz vor den südlichen und östlichen Winden; doch rief
sie auch einen Uebelstand hervor. Die Feuchtigkeit der Luft war nämlich so groß, daß, abgesehen vom
Sommer, nur selten ohne Taukappe beobachtet werden konnte. Trotz Taukappe beschlug oft das Objektiv,
sodaß dann die Beobachtungen eingestellt werden mußten. Bei niedrigen Temperaturen war zuweilen das
ganze Instrument, seihst die Innenseite des Objektivs, dicht mit Eiskristallen bedeckt, wodurch das Be
obachten sehr erschwert und oft unmöglich gemacht wurde.
Die unmittelbare Umgehung des Pfeilers ist mit einer von ihm isolierten Zementschicht bedeckt, in die
in Ost-west-Richtung zu beiden Seiten des Pfeilers Schienen eingelassen sind. Auf den Schienen ruht das in
der Mitte von Nord nach Süd geteilte Haus so auf Rollen, daß es mit geringer Mühe auseinander geschoben
werden kann. Die hierdurch entstehende Oeffnung beträgt etwa 2*/j Meter: es kann also ein vollständiger
Temperaturausgleich schnell vor sich gehen. In der Nordecke der östlichen Hausliälfte und in der Südecke
der westlichen sind Oellampen, die durch eine einfache Vorrichtung abgeblendet werden können, zur Be
leuchtung des Kreises und der T.-Niveaus angebracht. Zum Schutz gegen Winde können die Zwischenräume
des auseinandergeschobenen Hauses mit Segeltuchkleidern verhängt werden. Zur Beobachtung von Durch
gängen ist ein am Pfeiler befindlicher Taster mit einem im Hauptgebäude stehenden Chronographen ver
bunden.
Teihvei’tbeStimmung des Aclisenniveaus.
Da ein Fehler in der Neigung nur mit einem sehr geringen Betrag in die Zenithdistanzen eingeht, so
brauchte der Parswert des Achsenniveaus nur angenähert bestimmt zu werden. Zu dem Zwecke wurde es
am großen Meridiankreis befestigt und die Stellung der Blase mit der Kreisablesung verglichen, wobei sich
folgende Werte ergaben:
Bei einer Blasenlänge von 35 p. 1 p. = 1?88
» > » » 36 p. 1 p. = E83
» » » » 38 p. 1 p. = li'91
» * ’ » » 39 p. 1 p. = 1"87
Hieraus ergiebt sieb der Wert eines Niveauteiles = F'87.
Teilwertbestimmung der Taleott-Niveaus.
Die Untersuchungen hierüber wurden vom Sommer bis zum Winter ausgedehnt, um einen eventuellen
Temperaturgang feststellen zu können; doch ließ sich ein solcher nicht nächweisen.
Zu den Bestimmungen wurde ein Niveauprüfer benutzt, hei dem eine Umdrehung der Schraube einer
Neigungsänderung des Niveauträgers von 2' entspricht. Der Kopf dieser Schraube ist in 120 gleiche Teile
geteilt; also bewirkt ein Drehen der Schraube um einen Teilstrich eine Neigungsänderung von 1", sodaß OM.
geschätzt werden kann. Die Untersuchungen fanden im Meridiansaal des kleinen Kreises statt, wo als
Unterlage ein gut fundierter und vom Fußboden isolierter Pfeiler benutzt wurde. Vor dem Beginn der Be
obachtungen wurden die Achsen der beiden Niveaus genau zu einander parallel und senkrecht zur Instru
mentalachse gestellt. Die Niveaus wurden bei der Teilwertbestimmung in ihrer Befestigung gelassen und
mit der oberen Ringhälfte auf den T-Träger des Niveauprüfers gesetzt, um Spannungsunterschiede zu ver
meiden, die schon bei geringen Beträgen die Teilwerte der Niveaus ganz bedeutend zu ändern vermögen.
Niveau I ist von 0 bis 40, Niveau II von 40 bis 80 geteilt. Untersucht wurden die Teilstriche hauptsächlich
von 5 bis 85 bezw. von 45 bis 75, da die übrigen nur in wenigen Fällen benutzt werden mußten. Bei den
Untersuchungen wurde darauf geachtet, daß vorher ein vollständiger Temperaturausgleich stattfinden konnte.
Der Beobachter blieb in möglichst großer Entfernung von den Niveaus. Zur Eliminierung der periodischen
Schraubenfehler wurde bei den einzelnen Bestimmungen die Schraube in zwei um 180° verschiedenen Lagen
benutzt. Nach den einzelnen Einstellungen, die 5" Neigungsdifferenz hatten, wurde bis zur Ablesung etwa l m
gewartet. Die Blase wurde nach beiden Richtungen hin bewegt.