No. 4.
Die Drehung der Winde an der Deutschen Küste
im täglichen und jährlichen Gang.
Von Dr. I«. Grossmnnn, Hamburg, Deutsche Seewarte.
A. Einleitung.
1. Die benutzten Beobachtungen.
Um die Drehung der Windfahne im täglichen und jährlichen Gang zu untersuchen, würden in erster
Linie die Registrierungen von Anemographen heranzuziehen sein. Besteht jedoch die weitere Aufgabe, die
über einem größeren Gebiete auftretenden, in bestimmter Weise durch lokale Abweichungen charakterisierten
Verhältnisse zu erforschen, so bedarf es einer entsprechend großen Zahl von Anemographen und es muß
gefordert werden, daß ausreichend lange, besonders aber gleichzeitige Reihen von Registrierungen vorliegen;
der Vergleich von Registrierungen aus verschiedenen Jahren wird im allgemeinen keine hinreichend sichere
Grundlage zur Feststellung örtlicher Verschiedenheiten liefern können. Aus diesem Grunde wurde von der
Benutzung der für die Normal-Beobachtungsstationen der Seewarte vorhandenen langjährigen Anemographen-
Registrierungen abgesehen und die Untersuchung auf die täglich dreimaligen Terminbeobachtungen von 8",
2 P und 8^ Ortszeit dieser Stationen, unter Hinzunahme der Ergänznngsstation Rügemvaldermünde gegründet.
Auf solche Weise wurde ein Beobachtungsmaterial gewonnen, das sich auf die gleichen 25 Jahre 1876/1900
bezieht, ausgenommen für Rügemvaldermünde und Wustrow, wo die Beobachtungen erst 1878 bezw. 1879
begannen, und für Memel, wo diese für Mai 1877 fehlen, während die verfügbaren Anemometer-Registrierun
gen sich über weniger und verschieden lange Zeiträume erstrecken und vielfach mehr oder weniger lange
Lücken aufweisen. Diesen bleibt es aber Vorbehalten, später als Material für das Detail-Studium zu dienen,
dem vor Allem die Aufgabe zufallen würde, die nachfolgend aus den Terminbeobachtungen abgeleitete Drehung
der Windfahne in ihrem täglichen Gange genauer zu erforschen.
Die Beobachtungen wurden den meteorologischen Jahrbüchern der See warte und zum geringen Teil
Manuskript-Tabellen, die der ersten Jahre von Wilhelmshaven den früher in den Annalen der Hydrographie
und maritimen Meteorologie veröffentlichten Monatstabellen entnommen.
§ 2. Art der Bearbeitung.
Um die Untersuchung in dem gekennzeichneten Umfang durchführen zu können, galt es, eine Be
schränkung in Bezug auf die Zahl der Windrichtungen einzuführen; zu diesem Zwecke wurden die nach
16 Richtungen unterschiedenen Windbeobachtungen zu vier Quadranten in der Weise vereinigt, daß die Winde
aus N, E, S und W zu gleichen Teilen ihres Vorkommens je den beiden benachbarten Quadranten zugezählt
wurden. Bei der Berechnung der Prozentwerte, die die weitere Grundlage der Untersuchung bilden, entstand
die Frage, ob die Windstillen dabei die gleiche Behandlung wie die beobachteten Windrichtungen linden
sollten; da die Nicht-Einbeziehung der Windstillen in die prozentische Verteilung der Windrichtungen auf
die Quadranten die im allgemeinen nicht gerechtfertigte Annahme involviert, daß Windstillen bei Luft
strömungen aus den verschiedenen Quadranten gleich häußg auftreten, so wurden die Windstillen in die
Prozentberechnung mit einbezogen, wie es gewöhnlich geschieht. Die Windstillen treten an der Küste in
den Mittelwerten so wenig hervor, daß eine Entstellung der unter der genannten Festsetzung abzuleitenden
Bewegung der Windfahne nicht zu befürchten steht.
Archiv 1903. 1.
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