\V. Koppen: Erforschung der freien Atmosphäre mit Hülfe von "Drachen.
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Doppelthüre tt, in der hinteren ist eine Klappe eingelassen, die hei Hitze geöffnet wird. Ausserhalb der
Versuche wird die Bude gegen unbefugtes Drehen durch einen in den Boden eingestossenen Eisenstab von
innen fest gestellt. Eine Ecke ist als Schrank hergerichtet zur Aufbewahrung von Instrumenten und Werk
zeug, namentlich finden das Anemometer und die zugehörigen elektrischen Elemente darin Unterkunft; das
Anemometer (Ilecknagel-Modell, von Zschau angefertigt) wird vor Beginn der Versuche auf einen im Giebel
der Bude befindlichen eisernen Bolzen gesteckt und giebt nach je 500 Umdrehungen elektrische Klingel
zeichen, aus deren Intervall zu ersehen ist, ob und welche Drachen steigen können. Eine bequemere Ein
richtung konnte vorläufig theils aus Mangel an Mitteln, theils wegen des mangelnden Schutzes gegen Unfug
stifter nicht getroffen werden.
In dieser Drehbude hat der Haspel seine feste Aufstellung gefunden, es konnten daher die lläder ab
genommen werden und dieses Ende bis zur Höhe des anderen gehoben werden. Mit dem Wachsen der
benutzten Drachenfläche musste, da es bis jetzt beim Handbetrieb geblieben ist, eine Kurbel verlängert
werden, um den Zug bewältigen zu können. Dies geschah in der Weise, dass sie zwei vierkantige Löcher
in Abständen von 19 (22) und 33 (37) cm von der Trommelacb.se erhielt, und der Griff nach Bedarf in
einem derselben mit starker Schraubenmutter festgesetzt wird. Die zweite Kurbel ist 22 (34) cm lang. (In
Klammern sind die entsprechenden Werthe am Haspel von 1902 (S. 76) beigefügt.)
Vor der Trommel bewegt sich ihr entlang auf zwei starken Leitstangen ein Schlitten, der das Zähl
werk und die vertikal stehende, nach allen Azimuten drehbare Leitrolle trägt, über welche der Draht zum
Drachen geht. Diese llolle ist werthvoll, so lange der Drache in der unteren Schicht steht, weil dann sein
Azimut schnell wechseln kann. Stehen die Drachen über 500 m hoch, so ist sie allenfalls zu entbehren, da
man den langsamen Aenderungen im Azimut der Drachen, die dann noch Vorkommen, durch Drehung der
ganzen Bude folgen kann.
In dieser Gestalt ist der Haspel bis zum Ende 1899 benutzt worden. Schwierigkeiten ergaben sich
nur, wenn der Zug der Drachen 30 kg überstieg; sie bestanden einerseits darin, dass die Kraft der Bremse
nicht ausreichte, andererseits darin, dass der zuletzt erwähnte Schlitten sich auf seinen zwei Leitstangen
festklemmte, und seine Verschiebung entlang der Trommel zeitweise sehr schwer war.
Anfang 1900 ist der Haspel in die auf Eig. VIII, Tafel 4, dargestellte Form umgebaut worden. Die
unnöthig lange Trommel wurde dabei in zwei Hälften getheilt, deren eine auf die Kurbelachse aufgekeilt
ist. während die andere mit hohler Nabe auf dieser Achse drehbar ist. Beide Trommeln können entweder
getrennt bewegt werden, und zwar die erstere mit zwmi Kurbeln, die letztere nur mit einer Kurbel an ihrer
Aussenseite; oder vereinigt, wenn man sie mittels eines durchgesteckten Stabes verkoppelt. Im ersteren
Falle können sie in entgegengesetzter Richtung gedreht werden. Diese Einrichtung wurde deshalb getroffen,
um einerseits je nach Wahl die eine oder die andere der Trommeln zum Aufstieg zu benutzen, andererseits
aber auch eventuell das auf S. 25 geschilderte Einholen eines Drachens mittels eines im Aufstieg begriffenen
zweiten durchzuführen, das gestatten würde, den Handbetrieb recht intensiv und doch unter Schonung der
Menschenkraft auszuüben. Der Versuch einer solchen neuen Betriebsweise ist zwar bis zur Verlegung der
Drachenstation ausserhalb des städtischen Verkehrs verschoben worden, um nicht die Möglichkeit neuer
Gefahren durch allfällige Kreuzung der beiden Drähte in der Luft heraufzubeschwören; die Theilung der
Trommel in zwei Hälften hat sich aber auch in anderer Beziehung vortheilhaft erwiesen, und ist auch bei
den weiter unten beschriebenen neuen Haspeln durchgeführt worden. Für die eine Hälfte der Trommel
dient die alte Blockbremse, für die andere eine neue kräftige Bandbremse, die durch eine, vorn links in
der Figur sichtbare, Schraube sehr genau und bequem regulirt werden kann.
Das oberhalb der Maschine sichtbare Azimut- oder Abgangsrad des Drahtes ist später nach dem
Muster des Berliner Aeronautischen Observatoriums gegen Abspringen des Drahtes gesichert worden durch
die in Fig. 74 im Radialschnitt dargestellte Einrichtung; r ist das Rad, ss zwei dasselbe auf ca. l /s seines
Umfangs begleitende feste Schienen, deren Abstand von den Rändern des Rades kleiner ist, als der Durch
messer des Drahtes; letzterer kann deshalb, auch wenn er ganz ausser Spannung kommt, nicht vom Rade
abspringen und auch, da die Schienen an ihren Enden verbunden sind, nicht aus dem Schlitz zwischen ihnen
herausspringen.
Im Herbst 1900 erhielt die Seewarte durch das Entgegenkommen des Washingtoner Weather-Bureaus
eine „band kite reel“, wie solche auf den Draehenstationon desselben eingeführt waren. Seitdem ist hier
dieser amerikanische Haspel in der Drehbiule aufgestellt und in Benutzung gebliehen. Abbildungen dieses