W. Koppen: Erforschung der freien Atmosphäre mit Hülfe von Drachen.
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flusses der Windstärke überein mit einer Anweisung, die Marvin in der „Instruction for Aerial Observers“
unter der Uebersclirift „bridling in light winds“ giebt. Danach soll, um den Winddruck bei schwachem
Winde zu vergrössern, durch eine nach dem Hinterrande der Vorderzelle gezogene Schnur die Leine soweit
rückwärts gezogen werden, dass ihre Verlängerung den unteren Mittelstab 6 bis 8 Zoll (15 bis 20 cm, bei
2 m Gesamtlänge des Drachens) hinter dem Vorderrande der Vorderzelle trifft. Eine hinter den Hinterrand
der letzteren fallende Fesselung wird indessen, so viel mir bekannt, nirgends für Hargrave-Drachen an
gegeben.
An den Zehendrachen des Blue Hill ist derjenige Zweig der Leine, der bei schwachen Winden die
Hauptspannung trägt, am hinteren Rande der Vorderzelle angebracht*) und elastisch gemacht (vgl. unten).
Erst bei starkem Winde geht der Zug von diesem Zweige der Bucht allmählich auf eine feste, nach der
Spitze des Drachens gezogene Schnur über.
Im Augusthefte 1899 des russischen „Meteorolog. Boten“ beschreibt Herr Griboyedof Versuche mit
einer Modifikation des Hargrave-Drachens, bei welcher die Tragflächen nicht eben, sondern wie beim Malay-
Drachen zu beiden Seiten der Längsachse zurückweichend gestaltet sind. Bei diesem trifft die Verlängerung
der Richtung der Leine den Drachen noch hinter dem Hinterrande der Vorderzelle, was Herr Griboyedof
der besseren Ausnutzung der hinteren Zelle, die bei dieser Form weniger in den Windschatten der Vorder
zelle kommt, zuschreibt.
Sehr merkwürdig ist die Fesselung des an den Drachenstationen des Weather Bureaus eingeführten
neuen Drachens von Marvin, von dem die Seewarte ein Exemplar besitzt (s. Fig. 58). Denn bei diesem ist
sogar der Zweig der Leine, an dem der Drache bei mässigem Winde allein fliegt, am äussersten vorderen
Rande des Drachens angebracht, und der Reservezweig für stürmischen Wind, ebenso wie beim Blue Hill-
Drachen (Zweig B auf Fig. 57), noch darüber hinaus an dem vorstehenden Mittelstock. Leider hat Herr
Marvin über die Entstehung und Theorie dieses Drachens, sowie über Beobachtungen der Elemente seines
Fluges, noch nichts veröffentlicht; seine ausführlichen Abhandlungen über die Drachenfrage fallen in die Zeit
vor der Erfindung dieses Drachens. Die Fesselung am vorderen Ende beim normalen Fluge ist offenbar nur
dadurch möglich, dass die vordere Zelle dieses Drachens drei, die hintere nur zwei Tragflächen hat und
dadurch das Uebergewicht des Winddrucks auf die vordere besonders gross ist. Dennoch möchte man
erwarten, dass bei solcher Fesselung der Drache unter geringem Höhenwinkel fliegen müsse; thatsächlich
ist dieser Winkel bei ihm vortrefflich, 6 gewöhnlich etwa 60°. Ueber die Fesselung bei schwachem Winde
siehe oben!
Ein sehr wichtiger Fortschritt im Drachenbau besteht in der zuerst 1896 von Flerrn Clayton an
gewandten automatischen Aenderung des Einfallswinkels des Windes zur Drachenfläche bei zunehmender
Windstärke.**) Die Erfahrung zeigt nämlich, dass eine Verschiebung der Anheftungsstelle der Leine aus
ihrer normalen Lage nach dem Kopfe des Drachens hin den Druck des Windes auf den Drachen sehr ver
ringert, ohne seine Stabilität aufzuheben, nur unter gleichzeitiger Abnahme seines Höhen winkeis. Während
der Zug der Leine sich nach vorn verlegt, legt sich der Drache flacher, der Winddruck auf denselben nimmt
infolge des verminderten Einfallswinkels des Windes ab und ändert auch wohl, da nun der Rumpfwiderstand
eine grössere Rolle darin spielt, seinen Angriffspunkt und seine Richtung ein wenig, bis ein neues Gleich
gewicht zwischen den drei Kräften: dem unveränderten Gewicht G und den nach Angriffspunkt, Grösse und
Richtung veränderten Kräften W und L (vergl. Abschnitt 3) erreicht ist, wie Fig. 56 I und II es veran
schaulichen. Auf diese Weise ist eine, dem Sicherheitsventil der Dampfmaschinen vergleichbare, Sicherung
gegen übermässige Spannung der Leine geschaffen, die sich in der Praxis gut bewährt hat. Zum Beweise
führt Herr Fergusson im Blue Hill-Bulletin No. 8, 1899, an, dass daselbst gleichzeitig in einem Sturm von
22.4 m pro Sek. ein Drache mit automatisch sich regulirender und einer mit fester Bucht hinauf gesandt
wurden. Der erstere war so eingerichtet, dass er nicht mehr als etwa 30 Pfund engl., oder ein Pfund per
Quadratfuss Zug ausüben sollte, und überstieg diese Grösse während des ganzen Versuchs nicht. Der feste
Drache war kleiner, aber zog zwischen 60 und 108 Pfund, im Durchschnitt 8 Pfund per Quadratfuss. Bei
einer andern Gelegenheit brach die Hauptleine in einer schlechten Splissung, während fünf Drachen in der
*) So nach älteren und auch wieder nach den neuesten Bildern. Nach der Zeichnung in Bull. No. 3, 1899, dagegen
in der Mitte dieser Zelle.
**) Etwas ähnliches wurde schon 1887 von Du Hauvel vorgeschlagen.
Archiv 1901. 1.
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