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Full text: 24, 1901

Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1901 No. 1 — 
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man statt des rechtwinkligen Aufbiegens der Ränder die ganze Karte in der Mitte faltet und ihr Kielform 
giebt. Nur muss in beiden Fällen die passende Lage für den Schwerpunkt gefunden werden, was sehr 
schnell durch Belasten oder Erleichtern des Randsaumes geschieht. Dasselbe Prinzip kann nun in unend 
lichen Variationen durchgeführt werden, die Wirkung ist in allen Fällen überraschend, wenn nur die Oeff- 
nungen gross genug sind und die Vertheilung der Flächen vor und hinter ihnen, sowie des Gewichts, eine 
derartige ist, dass das Zusammenfallen von Schwerpunkt und Mittelpunkt des Drucks oder Widerstandspunkt 
hei Neigungen der Platte zwischen etwa 5 und 30° gegen den Horizont möglich ist, was man schon bei 
geringer Uebung leicht erreicht. Giebt man z. B. einem Blatt die Gestalt eines Malay-Drachens, so gelingt 
es, wie auch die Gewiclitsvertheilung getroffen sein mag, nicht, sie zu einem Gleitflug zu bringen, bis man 
etwa 40% der Fläche aus der Mitte — in Form einer oder mehrerer Oeffnungen — weggeschnitten hat. 
Dann aber gleitet die verstümmelte Karte auf schwach geneigter Bahn durch das ganze Zimmer, wenn man 
sie aus der erhobenen Hand in fast horizontaler Stellung loslässt. 
Um auch den dritten Grundsatz (C) zu prüfen, empfiehlt es sich, den Modellen die ursprüngliche 
Form des Hargrave-Dracliens zu geben, — zwei kurze Cylinder (Fig. 19.4) oder Prismen (Fig. 19/?) an einem 
Stab,*) — da die jetzt gewöhnlich angewandte Form unnöthige Mühe verurascht und das Modell zu schwer 
macht. Wir finden dann, dass (wenigstens wenn man die vordere Zelle kleiner als die hintere macht) die 
Modelle zwar nicht beim freien Fall, aber heim horizontalen Wurf einen sehr steten, fast geradlinigen Flug 
zeigen. Um zu prüfen, ob es sich dabei wirklich nur um die oben angegebenen drei Grundsätze handelt 
und nicht etwa das Durchstreichen der Luft durch ein Rohr dabei eine besondere Rolle spiele, habe ich 
den Cylinder zerschnitten und die Hälften mit den Rücken aneinander geklebt (Fig. 19(7). In dieser Form 
lässt sich das Modell nicht von so geringem Gewicht machen, wie in der Form A, es fliegt aber bei Er- 
theilung passender Anfangsgeschwindigkeit ebenso gut; die Rohrform hat also mit der Stabilität nichts zu 
thun, entscheidend dafür sind die drei angegebenen Grundsätze. 
Der Gesamt-Eindruck von meinen Versuchen ist der, dass Grundsatz D der wichtigste, B der zweit- 
Avichtigste ist und dass es unentschieden bleibt, ob Grundsatz C überhaupt selbstständige Bedeutung hat, 
und nicht etwa mit B zusammenfällt, indem es gleichgültig sein mag, ob die Theile der Drachenfläche hinter 
oder übereinander angebracht sind. 
Die Zertheilung der Drachenfläche, die sich somit als wichtigstes Hülfsmittel zur Erreichung der Sta 
bilität erweist, hat allerdings den Uehelstand, dass sie pro Quadratmeter Drachenfläche viel mehr Gerüst 
verlangt, als ungetheilte Flächen, und den Drachen schwerer, grösser und unhandlicher macht. 
d) Hubkraft. Neben der Stabilität ist die Huhkraft die wichtigste Eigenschaft eines Drachens für 
meteorologische Zwecke. Bezeichnen wir die vertikale Komponente des Zuges als den Hub, die horizontale 
als die Trift des Drachens, so ist anzustreben grosser Hub bei geringer Trift, also grosser Steigwinkel hei 
kräftigem Zuge. Denn je steiler die Drachen fliegen, um so grossere Höhen erreichen sie mit einem ge 
gebenen Drahtgewicht, und um so später tritt der Moment ein, wo das untere Ende des Drahtes sich so 
sehr der horizontalen Lage nähert, dass weiteres Auslassen von Draht die Höhe der Drachen nicht mehr 
steigert. Zugleich ist möglichste Konstanz des Steigwinkels und des Zuges wünschenswerth. 
Für die Hubkraft der Drachen ergiebt die Erfahrung folgende Grundsätze: 
a) Bei gleicher Oberfläche und unter sonst gleichen Umständen steigen leichte Drachen steiler, als 
schwere, namentlich hei schwachem W T inde. Bei starkem Winde steigen aber steife Drachen trotz grösseren 
Gewichtes steiler als biegsame leichte. Sinkt die Windgeschwindigkeit unter einen gewissen Betrag, so fliegen 
auch die besten Drachen unter Steigwinkeln von weniger als 45°. 
b) Steifheit des vorderen Randes des Drachens ist unbedingtes Erforderniss für dessen steiles Auf 
steigen. Bricht z. B. bei einem Malay-Drachen eins der Vorderlieken, so fliegt der Drache alsbald nur unter 
einem SteigAvinkel von etwa 20°, während er sonst einen solchen von 50° und mehr einhält mit kurzer Leine. 
c) Ueber den Einfluss der Bucht vergl. den Abschnitt über diese. 
d) Sehr Avesentlich ist die Form der Fläche. Flächen, die in der Richtung der Bewegung konkav sind, 
gehen nach den übereinstimmenden Resultaten von Lilienthal, Loessl, Hargrave, Langley u. A. grösseren Hub, 
als ebene Flächen, konvexe dagegen kleineren als letztere. Die neuesten Versuche von Dr. Mannesmann 
*) Als Stäbchen eignen sich Bambus-Splitter am besten.
	        
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