Rottok: Untersuchung über die Aenderung der Temperatur-Koeffizienten a und b.
55
mit Erfolg entgegen arbeitet, ist kaum anznnehmen; die Kraft, erzeugt durch das Ausdehnungsbestreben der
Unruhschenkel, ist doch wohl zu gross im Verhältnis zu der Kraft, welche die Berührungsfläche auszuüben
vermag, so dass die letztere unbeachtet bleiben kann. Jedenfalls ist bei den hier befindlichen Chronometern
ein derartiger Fall unbekannt.
Gangstörungen, verursacht durch ein Kleben und ein plötzliches Abreissen der Anlehnungsstücke, sind
diesseits nie bemerkt worden. Die bisherigen Ursachen beträchtlicher Gangstörungen waren nur:
„Störungen in der Hemmung, ein Loslösen von Feinstellungsschrauben, zu grosse Feuchtigkeit und dem zu
Folge ein starkes Kosten oder Schimmelbildung an der Unruhe bezw. der Spirale und starke Stösse oder
Erschütterungen, denen das Chronometer ausgesetzt worden war.“
Sollte dennoch einmal eine grössere Gangänderung verursacht werden durch ein Kleben der Hülfs-
kompensation, so kann dieses mit einer gewissen Berechtigung als ein Zufalls-Resultat bezeichnet werden,
darf jedenfalls nicht als ein die Zuverlässigkeit der Hülfskompensation beeinträchtigendes Gewicht ange
sehen werden.
Gesamtergeb n iss.
Als Gesamtergebnis aller bisherigen Erwägungen bleibt demnach das folgende bestehen:
Die Zuverlässigkeit der Chronometer mit Hülfskompensation ist grösser als die solcher
mit einfacher Kompensation.
Der soeben nachgewiesene Vortheil grösserer Zuverlässigkeit von Chronometern mit Hülfskompensation
wurde festgestellt in der Hauptsache mit Hülfe von Instrumenten, deren Ankauf nur bis zu dem Jahre 1885
reicht, um wieviel zuverlässiger müssen die neueren mit verbesserter Hülfskompensation versehenen Chrono
meter sein! Dass die Hülfskompensationen verbessert sind und ein Fortschritt in der Chronometer-
Anfertigung festzustellen ist, giebt neuerdings auch die Abtheil. IV der Seewarte (Chronometer-Institut) zu.
In dem Berichte über die 23. auf der Deutschen Seewarte abgehaltenen Konkurrenzprüfung von Marine-
Chronometern im Winter 1899/1900 — Annalen der Hydrographie vom Jahre 1900, Heft VI, Seite 271 —
heisst es:
„Die vorstehende Uebersicht lässt erkennen, dass im allgemeinen eine Vergrösserung der Prozentzahlen
für die beiden ersten Klassen im Laufe der Jahre stattgefunden hat. Dieses günstige Ergebniss ist jeden
falls in erster Linie der erhöhten Geschicklichkeit der Feinsteller in der letzten Zeit zu verdanken. Anderer
seits hat hierzu nach der Ansicht des Unterzeichneten nicht unwesentlich der Umstand beigetragen, dass
während der letzten Jahre eine grössere Anzahl Chronometer eingeliefert wurden, welche mit der neueren,
vortrefflich wirkenden Hülfskompensation für Kälte von Kullberg versehen waren u. s. w. — Noch
etwas deutlicher als die vorstehende prozentische Zusammenstellung tritt der soeben erwähnte Fortschritt
in der Gesamtleistung durch folgende Betrachtung hervor u. s. f.“
Aus der gesamten Betrachtung wird dieseits folgendes Endurtheil gefällt:
Endurtheil.
Chronometer mit Hülfskompensation sind ein grosser Fortschritt gegen Chronometer
mit gewöhnlicher Kompensation und es ist den ersteren, trotz der Komplizirtheit des
Mechanismus der Vorzug zu geben vor den letzteren.
4. Beurtheilung der Güte der Chronometer oder des zu ihrer Anfertigung verwandten
Materials nach der Grösse der Koeffizienten bezw. aus deren jährlichen Veränderung.
4) Lässt sich aus der Grösse der Koeffizienten bezw. aus deren jährlichen Veränderung ein Urtlieil
über die Güte der Chronometer oder über das zu ihrer Anfertigung verwandte Material ziehen?
Ist unter 3) die Art der Kompensation miteinander verglichen worden, so soll zum Schlüsse der Unter
suchung noch einer kurzen Betrachtung unterzogen werden, ob aus der Grösse der Koeffizienten bezw. deren
jährlichen Veränderung überhaupt ein Urtheil gefällt werden kann über die Güte der betreffenden Chrono
meter oder über das Material, aus welchem dieselben angefertigt worden sind.