Archiv 1901- 3.
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No. 3.
Zur Klimatologie von Deutsch-Ostafrika.
Von Dr. 1(. Maurer.
Einleitung.
Die Kenntniss der klimatologischen Verhältnisse unserer grössten afrikanischen Kolonie, Deutsch-Ost-
afrikas, beruhte noch vor nicht langer Zeit grösstentheils auf den klimatologischen Notizen, wie wir sie in den
Reisebeschreibungen der Afrikaforscher finden. Die Schwierigkeit, die darin liegt, auf solchen Expeditionen
einen grossen meteorologischen Apparat mitzunehmen und voll auszunutzen, wie die Unmöglichkeit, auf einer
solchen Reise länger am selben Ort bleiben zu können, bewirken es, dass dies Notizenmaterial nur Einzel
heiten der Vorstellung, die man sieb von dem Klima der Gegenden macht, bestätigen oder als irrig erweisen,
nicht aber ein geschlossenes Bild der klimatologischen Verhältnisse liefern kann. Der Umstand, dass die
einzelnen Jahre in ihrem klimatischen Charakter gerade in dieser Gegend sehr grosse Differenzen zeigen,
erhöht noch die Schwierigkeit, sich ein Urtheil über das Klima als „den mittleren Zustand und gewöhn
lichen Verlauf der Witterung“ (Koppen, Klimalehre) zu bilden. Erst seit 1890 etwa sind regelmässige
meteorologische Aufzeichnungen in dem Gebiet gemacht worden, begreiflicher Weise hauptsächlich in dem
den Europäern zugänglicheren Küstengebiet und nur an wenigen Punkten im Innern. Die Leitung dieses
Beobachtungssystemes lag Anfangs in den Händen der Medizinalabtheilung der Ivaiserl. Schutztruppe. (Neben
ihr wirkte am Kilimandjaro von April 1893 bis Anfang 1895 die wissenschaftliche Kilimandjaro-Station, und
einzelne Missionsstationen lieferten Beobachtungen an die Gesellsch. f. Erdkunde in Berlin.) Vom Herbst 1895
bis Frühjahr 1899 leitete Verfasser die Beobachtungen von der meteorologischen Hauptstation in Daressalam
aus, die nach ihm Herr Dr. 0. Ulilig im Herbst 1900 übernahm. Die Ausbreitung dieses Netzes und Fort
setzung der Beobachtungen wird erst darüber entscheiden können, wie viele Jahrgänge von Stations-Beob
achtungen ein zutreffendes Bild des Klimas der Kolonie werden liefern können.
Nach seiner Lage zwischen 1° und 12° südlicher Breite gehört das ganze Gebiet der heissen Zone an,
weist aber infolge seiner weiten Erstreckung ins Innere des ungegliedertsten Kontinentes (der Tanganyikasee
ist rund 1000 Kilometer von der Küste entfernt) und ganz besonders infolge der grossen Höllenabstufungen
des Landes grosse klimatische Differenzen auf, enthält es doch im Kibo mit 6010 Meter Höhe die höchste
Erhebung des Erdtheiles. Sieht man zunächst von den Gebirgen ah, so kann das ebene Land nach seiner
Höhe in drei Terrassen geschieden werden, deren Höhen sich rund zwischen den Grenzen 0—500 m, 500 bis
1000 m, über 1000 m bewegen.
Die Beobachtungsstationen lassen sich so nach ihrer Lage in folgender Art vertheilen:
1) An der Küste und auf der unteren Terrasse (die ein geklammerten Zahlen bedeuten die un
gefähre Entfernung von der Küste in km): Tanga (0), Bagamoyo (0), Daressalam (0), Mafia
(Insel) (0), Kilwa (0), Lindi (0), Mikindani (0), Lewa (27), Kitopeni (3), Kisserawe (25), Mo-
horo (20), Lukuledi (122).
2) Im Usambaragebirge: Buloa (50), Kwamkoro (50), Sakarre (82), Mtai (Neu-Bethel) (100),
Kwai (95), Mazinde (100), Ambangulu (85).
3) Am Kilimandjaro : Mamba (235), Marangu (237), Moshi (250).
4) Am ersten Graben: Kilossa (210).
5) Auf der zweiten Terrasse: Mpapua (265), und in Uhehe: Tosarnaganga (400), Peramiho (280),
Ulangastation (165).