Die Aenderung der Temperatur von Tag zu Tag an der deutschen Kiiste in den Jahren 1890/99.
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des Hinterlandes der Küste kräftig auftreten und die dem heiteren Tage zukommende grössere Wärme
herabsetzen; mit der zunehmenden Erwärmung des Hinterlandes muss diese Erscheinung der Seewinde an Regel
mässigkeit und Stärke gewinnen. Wie in rein kontinentalen Gebieten vertikale Strömungen — Konvektions
ströme — den täglichen Gang der Temperatur zur Zeit der höchsten Sonnenstände im Vergleich mit
ozeanischen Gebieten mässigend beeinflussen, so wirken am Gestade des Meeres die horizontalen Seewinde
in gleichem Sinne und geben hier Anlass zu der Verschiebung des II. Maximums der M. I. T.-V. vom Juni
auf Mai. Während hei der fortschreitenden Erwärmung der Luft über der Ostsee die Wirkung der See
winde auf die M. I. T.-V. späterhin wiederum abnelimeu muss, diese aber vom Juni nach September hin
aus der allgemein wirkenden Ursache abnimmt, so muss der Gang der M. I. T.-V. über dem durch See
winde beeinflussten Gebiet in diesen Monaten Unregelmässigkeiten zeigen, und es muss insbesondere
das II. Minimum zeitiger eintreten, wie wir es auch von Swinemünde bis Neufahrwasser beobachten. In
Memel, wo wegen des Verlaufs der Küste die Meereswinde dem Einfluss der Insolation in höherem Grade
als auf diesen letzten Stationen entgegenwirken, finden wir das II. Minimum wie im ozeanischen Klima dieser
Breiten im September. Hier wird der Einwand erhoben werden können, warum der Einfluss der Seewinde
nicht an den Nordsee-Stationen hervortrete. In Borkum und Keitum, als Orten auf Inseln, ist ein solcher
nicht zu vermuthen, in Bremen und Hamburg würde derselbe wegen der grösseren Entfernung dieser Orte
von der Küste nicht ungeschwächt aufzutreten brauchen und es käme für diese Orte ihre kontinentale Lage
in Betracht. Bei Kiel würde der besondere Verlauf der Küste von Einfluss sein können, während für Wil
helmshaven auch der Einfluss von Seewinden zu vermuthen sein würde, falls nicht allgemein die der Nordsee
küste vorliegenden Watten auf die Entstehung von Seewinden, wie wir sie an Orten an der Ostsee treffen,
ungünstig einwirken. Für Borkum wurde zahlenmässig erhärtet, dass die Wirkung der Ausstrahlung auf
die I. T.-V. erheblich gegenüber Kiel und Neufahrwasser herabgesetzt erscheint; diesem Einfluss ist das
I. Minimum der M. I. T.-V. im März zu danken, dem wir ausser auf den Nordsee-Inseln und an einigen
anderen Stationen der Küste, besonders in Memel, nur noch auf der Insel Visbj- — soweit ozeanische Lage
in Betracht kommen kann — begegnen; hier allein treffen wir neben den Nordsee-Inseln und Memel auch
Zusammentreffen des grössten Wertlies der M. I. T.-V. mit dem II. Maximum des Jahres. Nach diesen Dar
legungen würde insbesondere das für die Stationen der Tab. XI im Innern Russlands beobachtete Eintreten
des I. Maximums im Dezember, statt, wie zu erwarten, im Januar noch einer Begründung, und der jährliche
Gang in Wien einer weiteren Untersuchung bedürfen. Die Verspätung des I. Minimums in Jakutsk und
Nikolaewsk am Amur, das dort erst im Mai eintritt, wird seine Erklärung darin finden, dass im Nordosten
der grossen Kontinente das Frühjahr durch niedrige Temperaturen gegenüber dem Westen ausgezeichnet ist
und daher die Wirkung der Insolation erst später im jährlichen Gang der M. I. T.-V. zur Geltung gelangen
wird; zu beachten wäre, dass der gleiche Fall nur noch in Haparanda und Archangel auftritt.
Um noch die mehrfach hervortretende grössere Einwirkung der Ausstrahlung in Barnaul zahlenmässig
darzuthun, vergleichen wir auf Tab. II und III den mittleren Gang der I. T.-V. von Stunde zu Stunde für
die Nachtstunden und finden:
1 Barnaul
Bremen
8 p —10P. .
+0.23
+ 0.03
10P—12 P. .
+ 0.22
+ 0.09
0"— 2". .
1 +0.16
+ 0.10
2"— 4°
1 +0.17
+0.06
pro 'Stunde
+ 0?098
+0?Ö35
Hiernach beträgt die Zunahme der M. I. T.-V. im Mittel des Jahres für die Stunden der Nacht unter
der Wirkung der Ausstrahlung in Barnaul fast das Dreifache von dem in Bremen beobachteten Werthe.
§ 11. Weitere durch Temperatur-Beobachtungen gegebene Jahresgänge mit vier Extremen.
Verfolgt man die Aenderung der Temperatur im täglichen Gang vom Minimum bis 8°, von 8" bis 2>‘
und von 2 p zum Maximum wie bis 8 p , so erhält man durchweg Kurven, die zwei Maxima und zwei Minima
aufweisen. Da der Verlauf dieser Aenderungen an unserer Küste für die vorliegende Untersuchung beson