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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S99 No. 1
im Anschluss an die genannte Abhandlung fortgesetzt werden. Bezüglich der algebraischen Bezeichnung
möge noch erwähnt werden, dass dieselbe naturgemäss einer gewissen Umgestaltung bedurfte; es ist hierbei
aber stets auf die frühere Bezeichnungsweise Rücksicht genommen worden, so dass die Analogie der Be
trachtung bei der Vergleichung der Formeln überall deutlich erkennbar bleibt. — Andererseits lässt sich
die Bestimmung der Länge aus einer beobachteten Sonnenfiusterniss unmittelbar an die bekannte Bessel-
sche Methode der Längenbestimmung durch Sternbedeckungen*) anschliessen, nachdem aus der Voraus
berechnung und aus den für die betreffende Finsterniss zu gebenden Hülfsgrössen einzelne Werthe entnommen
und an Stelle gewisser Konstanten in die Bessel’schen Formeln eingeführt worden sind.
Aus der soeben gegebenen Disposition der vorliegenden Abhandlung lässt sich bereits der nicht
unwesentliche Vortlieil erkennen, dass sowohl die Vorausberechnung einer Sonnenfiusterniss als auch die
Längenbestimmung aus derselben bis auf einige ganz geringe Aenderungen nach denselben Formeln durch
geführt werden können, welche dem Seemanne und dem Forschungsreisenden aus den entsprechenden Stern
bedeckungsrechnungen bekannt und geläufig sind. Dieser Umstand wird, ganz abgesehen von der Einfach
heit der Formelableitung, dazu beitragen, den Rechner vor Zahlen- und Ueberlegungsfehlern zu schützen.
Schliesslich möge noch darauf hingewiesen werden, dass die hier darzulegende Methode der Längen
bestimmung aus einer beobachteten Sonnenfiusterniss naturgemäss ebenso wenig eine absolut strenge Lösung
des Problems giebt wie die Bessel’sche Methode der Längenbestimmung aus Sternbedeckungen. Man wird
aber unbedenklich beide Methoden in der Praxis so lange anwenden dürfen, als man nicht im Stande ist,
gleichzeitig vollständig zuverlässige Kontakt- oder Bedeckungsbeobachtungen sowie genaue Mondpositionen,
welche an festen Sternwarten erlangt worden sind, in die Rechnung einzuführen; die Fehler der Mondörter,
selbst in den besten Ephemeridensammlungen, tragen eine Unsicherheit in das Resultat der Längenbestim
mung hinein, welche die in den genannten Reduktionsmethoden enthaltene zweifellos um ein Vielfaches
übersteigt.
Abschnitt I.
Vorausberechnung der Kontaktmomente und der Positions Winkel einer
Sonnenfinsterniss für den Beobachtungsort.
§ 8. Ableitung der Formeln.
der Formeln von den folgenden Bezeichnungen Gebrauch machen:
Wir werden bei der Ableitung
cc = wahre Rektascension des Mondes.
S = wahre Deklination des Mondes.
P = wahre Aequatorial-Horizontal-Parallaxe des
[Mondes.
11 = wahrer Halbmesser des Mondes.
a — scheinbare Rektascension des Mondes.
<$' = scheinbare Deklination des Mondes.
P' = scheinbare Parallaxe des Mondes.
R' = scheinbarer Halbmesser des Mondes.
Aa — Bewegung des Mondes in wahrer Rektascen
sion während l h mittl. Zeit.
Ad = Bewegung des Mondes in wahrer Deklination
während l h mittl. Zeit.
ft = Sternzeit am Beobachtungsorte.
ft a — Steinzeit in Greenwich im Augenblicke der
wahren Konjunktion (in Rektascension) von
Mond und Sonne.
T 0 = mittl. Zeit in Greenwich in demselben Augen
blicke.
A — wahre Rektascension der Sonne.
D = wahre Deklination der Sonne.
n — Aequatorial-IIorizontal-Parallaxe der Sonne.
P 0 = Halbmesser der Sonne.
Ä' — scheinbare Rektascension der Sonne.
D' = scheinbare Deklination der Sonne.
Arf = Bewegung der Sonne in wahrer Rektascen
sion während l h mittl. Zeit.
= Bewegung der Sonne in wahrer Deklination
während l h mittl. Zeit.
« 0 = A 0 — wahre Rektascension von Mond und
Sonne zur Zeit T 0
d 0 = wahre Deklination des Mondes zur Zeit T 0
D 0 — wahre Deklination der Sonne zur Zeit T 0
*) Die für die numerische Rechnung sehr bequemen Bessel’schen Formeln werden u. a. alljährlich in der Einleitung
des Berliner nautischen Jahrbuches, Seite XX11I, gegeben.