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Aus (lern Archiv der Deutschen Seewarte — 1891) No. 2 —
Bei Karlsruhe treffen wir die grössten Winkel bei südöstlichen, die kleinsten bei westlichen und süd
westlichen Gradienten an; schreiten wir weiter nach Osten, so springt besonders der grosse Winkel hei nord
wärts gerichteten eyklonalen Gradienten in die Augen — siehe Breslau, Figur 27—BO —, was ebenfalls
Akerblom * 5 ) für Wien fand, während im Gegensätze zu den westlichen Stationen gerade die südöstlichen
und südlichen Gradienten die kleinsten Winkel besitzen.
Dieser Uebergang des Abnehmens des Winkels bei südöstlichen Gradienten ist bei Magdeburg 76 ) sowohl
in den eyklonalen wie anticyklonalen Lagen erkenntlich.
In diesem Falle spielen schon die Reibungsverhältnisse eine grosse Rolle, indem nördliche Luftströmun
gen für die ostwärts gelegenen Stationen beim Ueberschreiten der skandinavischen Halbinsel der orographischen
Verhältnisse wegen eine weit grössere Reibung erfahren, wodurch sie gezwungen werden, sich mehr der Gra
dientenrichtung anzupassen. Anders gestaltet sich dies für Westeuropa; dort stammen solche Luftströmungen
direkt von der Nordsee her und behalten in Folge geringerer Reibung den grösseren Ablenkungswinkel, was
für jene Stationen das Anschwellen von a bei südöstlichen bezw. östlichen Gradienten in den Minima wie
in den Maxima genügend erklärt. Es ist also, um nochmals hervorzuheben, die verschiedenartige Reibung,
die die Luftmassen einerseits beim Ueberschreiten der skandinavischen Halbinsel, andererseits beim Durch
queren der Nordsee erleiden, welche die verschiedene Grösse von a bei der gleichen Gradientenrichtung für
West- und Osteuropa veranlasst.
Oestliche und südöstliche Winde sind für alle Orte Landwinde und bedingen aus diesem Grunde fast
allenthalben kleine Ablenkungswinkel.
Eigenthümlich ist die vollständige Umkehr der Winkelgrösse bei nord- und südgerichteten Gradienten
in beiden Windsystemen, welche wir während der Sommermonate bei Breslau antreffen. Hier kann man
die Reibungsverhältnisse nicht zur Verantwortung ziehen und müssen daselbst noch andere Faktoren mit
spielen. Ein Blick auf Tabelle 8 e der Windstärke lehrt, dass gerade mit südlichen Gradienten eine geringere
Windgeschwindigkeit in den Anticyklonen als in den Cvklonen verbunden ist — letztere wird sogar zum
Minimum.
Wenden wir uns nun der Station Aachen zu (Figur 23—26), so ist bei jener eine vollständige Ab
weichung vom Clement Ley’schen Satze vorhanden; denn gerade bei nordwestlichen und westlichen Gra
dienten erreichen die Ablenkungswinkel in beiden Lagen ihren grössten Werth, während das Minimum von «
mit den übrigen westlichen Stationen zusammenfällt. Es scheint hier, als ob vor allem die topographischen
Verhältnisse der weiteren und näheren Umgebung Aachens — das Eifelgebirge, hohe Venn — Veranlassung
zu obigem Verhalten geben, indem sie eine südöstliche bezw. südliche Luftströmung, welche den westlichen
und nordwestlichen Gradienten für Centraleuropa entspricht, mechanisch nach S bezw. SSW und SW ab
lenken. Die Ardennen und der noch näher südlich bezw. südwestlich gelegene Aachener Wald werden eben
falls dazu beitragen, die südwestlichen Luftströmungen abzulenken, wodurch der grosse Winkel bei gegen N
gerichteten Gradienten eine Erklärung findet. Die auffallende Grösse von « bei jenen Gradientenrichtungeu
erklärt auch, warum der mittlere Ablenkungswinkel von Aachen den der Küstenstation Fumes um einige
Grade übertrifft; ferner ist sie ein weiterer Beleg für den bedeutenden Einfluss, den orographische Verhält
nisse auf die Ablenkung der Luftströmungen haben können.
So sind auch die negativen Winkel, welche wir öfters bei westlichen und östlichen Gradienten an den
Stationen Karlsruhe, Höchenschwand antreffeu, eine Folge mechanischer Einwirkung, indem der süd-nördlich
verlaufende Schwarzwald, die Vogesenkette und die Haardt solche Luftströmungen zwingt, eine im entgegen
gesetzten Sinne vom Buys-Ballot’schen Gesetze abweichende Richtung einzuschlagen.
Wir können daher folgende Sätze aussprechen:
1) Die Grösse des Ablenkungswinkels bei den verschiedenen Gradientenrichtungen ist eine
Funktion der Reibung, jedoch üben die Stärke der Luftbewegung selbst, sowie durch mechanische
Ablenkung die orographischen Verhältnisse einen modifizirenden Einfluss aus.
2) Für Europa haben östliche Winde (Landwinde) kleine, westliche Winde (Seewinde) grosse
Ablenkungswinkel. Bei südöstlichen Gradienten weisen der Westen und Osten Umkehrungen der
Winkelgrösse von einander auf.
Bewegung der Luft in mittleren Höhen. Untersucht man die beiden Gebirgsstationen Höchen
schwand und die Schneekoppe (Fig. Bl—B4), so zeigt sich auf der Vorderseite der Cyklonen und der Rückseite