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Full text: 22, 1899

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1809 Ko. 2 — 
Die ablenkende Kraft der Erdrotation ist an den Erdpolen = 2 m r, am Nordpol nach rechts, am Süd 
pol nach links gerichtet, auch erfährt daselbst ein Lufttheilchen keine vertikale Ablenkung; bei vertikaler 
Strömung ist absolut keine Ablenkung vorhanden. In der Nähe des Aequators ist für Nord —Südwinde die 
Ablenkung gleich Null, indem ihre Bahn senkrecht auf der Aequatorebene steht; für Ost —Westwinde hin 
gegen ist die Kraft der Aequatorebene parallel (/; = 2m v und zwar bei Westwinden vertikal nach oben, bei 
Ostwinden nach unten gerichtet. 
Es folgt aus dieser Betrachtung ohne weiteres, dass der Ablenkungswinkel eine Funktion der geo 
graphischen Breite ist und von den Polen bis zum Aequator kleiner und kleiner wird, ferner auf der nörd 
lichen Hemisphäre bei aufwärts gerichteter Strömung die Ablenkung der Nordwinde im allgemeinen nach 
rechts grösser und der Südwinde kleiner ist, als bei horizontaler Bewegung. Das Umgekehrte tritt bei ab 
wärts gehenden Strömungen ein. Allerdings nur beides bis zu einer gewissen Grenze, nämlich sobald die 
Neigung der Strömung gleich der geographischen Breite ist, werden beide Luftbewegungen nicht abgelenkt. 
Betrachten wir schliesslich die äusseren Kräfte, die auf ein Lufttheilchen einwirken, so geben sie den 
ersten Anstoss zur Bewegung der Luftmassen überhaupt, denn je grösser die Druckunterschiede (also der 
Gradient), um so schneller die Bewegung der Luft und des kleinem Krümmungsradius wegen auch die Centri- 
fugalbeschleunigung. Letztere wird daher wachsen mit zunehmender Tiefe der t'yklonen; ferner spielt die 
Bewegungsänderung für die Grösse des Ablenkungswinkels eine Hauptrolle, so ist nach Koppen 3 ) eine Be 
wegung gegen den Gradienten im allgemeinen nur dann möglich, wenn ein Luftstrom aus stärkeren in 
schwächere Gradienten tritt. Umgekehrt arbeiten hei anticyklonalen Bewegungen Centrifugalbesclileunigung 
und Erdrotation einander entgegen, wodurch in diesen Luftdruekgebilden die Luftströmungen sich mehr der 
Gradientenrichtung nähern. 
Weiter kommen noch die Reibungswiderstände der Luft selbst und die orographisch.cn Hindernisse an 
der Erdoberfläche in Betracht; letztere sind am grössten über dem Laude, am geringsten über dem Meere 
und über dem Berglande, während sie in der freien Atmosphäre nach den Untersuchungen des Herrn von Helm- 
holtz 4 ) ausserordentlich klein sind. In Folge dessen werden wir über dem Meere, an den Küsten und auf 
Bergen weit grössere Ablenkungswinkel antreffeu, als über dem niederen Inlande. 
Guldberg und Mohn 5 ) haben nun unter Berücksichtigung der obenerwähnten Kräfte die Bewegungs- 
gesetze für horizontale Luftströmungen abgeleitet. Die von Guldberg und Mohn entwickelten Grund- 
gleichungen lauten wie folgt. Sei 
a der Ablenkungswinkel, 
v die Windgeschwindigkeit. 
o) die Winkelgeschwindigkeit der Erdrotation. 
(f die geographische Breite, 
G der Gradient, 
R der Krümmungsradius der Balm, 
k der Reibungskoeffizient, 
fi eine Konstante, 
g die Dichtigkeit der Luft bei <j\ 
n die Geschwindigkeitsänderung des Luftstromes für die Einheit der zurückgelegten Strecke, 
und setzen wir mit Koppen:“) ,. 
2 o) sin u - f- ;) -- . 1 
/1 
7i + n = B 
’-.G = r 
e 
so nehmen die Grundgleichungen folgende Form an: 
( l'sin c< — A v (Centrifugalkräfte, nach links auf der N-Halbkugel) 
1 ) r cos u = Bv (nach rückwärts gerichtete Kräfte) 
und folglich für horizontale Bewegungen von beliebiger Krümmung und Beschleunigung: 
A 
B 
(2) 
tan ff a
	        
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