R. Engelhardt: Untersuchungen über die Strömungen der Ostsee: Die Dichtigkeitsfläche.
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III. Theil.
Ergebnisse.
Es soll zunächst die Dichtigkeitsfläche der Ostsee im Einzelnen kritisch untersucht und dann ein U eher
blick über die daraus resultirenden Strömungen gegeben werden.
Wenn man die gegebene Karte betrachtet, so kann man nicht leugnen, dass manches für die Wahrschein
lichkeit spricht, dass diese Dichtigkeitsfläche mehr als ein momentanes Gebilde sei, und dass sie, wenigstens in
ihren Grundzügen, nicht nur für den Sommer 1877 Geltung besitzt. Schwierigkeiten bereitet jedoch in dieser
Hinsicht ein Umstand, der auch die Konstruktion der Niveaulinien auf der Karte unvollständig bleiben liess,
nämlich die auffällige Unregelmässigkeit der Niveauzahlen an dem Uebergange aus der eigentlichen Ostsee
in die Beltsee, was bereits Anlass zu den auf Seite 1(5 ausgesprochenen Bedenken gegeben hat. Die Dichtig
keitsfläche erscheint an dieser Stelle, die merkwürdig genau mit der Tiefengrenze von 40 m zusammenfällt,
nicht nur sehr komplizirt, sondern in ihrem zahlenmässigen Ausdruck fast widersinnig; denn mitten in dem
stetigen Absteigen, welches auf beiden Seiten der 40m-Linie herrscht, folgt hier ein merkbares Ansteigen
der Oberfläche, um gleich darauf wieder in das Gegentheil überzugehen.
Ich habe nun versucht eine Erklärung dafür zu finden und ging von dem merkwürdigen Zusammenfall
dieser Zone der Unregelmässigkeit mit der schnellen Tiefenahnahme auf der Linie von Rügen nach dem
Sund aus. Sieht man daraufhin die Ekman’sehen Profile noch einmal aufmerksam an, so hat es den An
schein, als ob die Grenzfläche durchaus nicht so regelmässig verlaufen kann, wie es von Prof. Mohn und
auch in dieser Abhandlung angenommen wurde. Im Gegentheil, es scheint (und die Theorie der Grenzfläche
bestätigt dies), dass in gewissem Grade die Grenzfläche von der Tiefe abhängig ist; ferner, dass in genügend
tiefem Wasser die Lage derselben ziemlich konstant ist, dagegen, wenn die Grundfläche der Grenzfläche sich
nähert und eine gewisse Entfernung von ihr erreicht hat, die Grenzfläche anfängt, sich, wenn auch in ge
ringerem Maasse, dieser Erhebung anzuschliessen. Ich sagte, es folgt dies auch aus der Theorie der Grenz
fläche. Die Grenzfläche des Nordmeeres soll in 300 Faden liegen, diejenige der Ostsee in 18 in. Im Skagerrak
treffen sich beide; wie soll sich da der Uebergang vollziehen? Man erinnere sich nun an den ersten Theil
dieser Arbeit und an Fig. 2 (Seite 3). Würde sich an irgend einer Stelle eine Bank bis an oder über die
Grenzfläche erheben, so würde, wie im Anfangsstadium des Seite 2 u. ff. besprochenen Stromkreislaufes, der
Oberflächenstrom trotz der Bank nach der Mitte zu laufen; der Unterstrom würde, wenn er die Bank er
reicht, sich genau so verhalten, wie wenn er die Küste erreicht hätte und seine aufsteigende Bewegung be
ginnen, ohne jedoch ganz die Tendenz des Abfliessens nach aussen (wobei auch die Erdrotation eine Rolle
spielt) aufzugeben, und wenn er die Bankhöhe erreicht hat, so wird er, wenn irgend möglich, die Bewegung
nach der Küste wieder aufnehmen, und diese Möglichkeit wird ihm durch eine Verschiebung der Grenzfläche
V
verschafft; denn einmal ist in dem Verhältniss — (s. S. 4, wo V und v die Geschwindigkeiten des Ober-
v
hezügl. Unterstromes sind), welches nach Mohn die Lage der Grenzfläche bedingt, das v ein anderes ge
worden. Infolge des langsameren Nachfliessens des Unterstromes wird aber auch der Oberstrom langsamer
V
fliessen müssen und infolgedessen auch V sich ändern. Der neue Quotient — wird die Grenzfläche so lange
verschieben, bis auch über der Bank Ab- und Zufluss sich genau geregelt haben. In der Natur giebt es
viele Beispiele für dieses geringere Abfliessen des Oberflächenstromes über eine Bank, so z. B. theilt sich
der Golfstrom vor den Bänken zwischen Island und England, und nur ein Theil geht darüber hinweg. Diese
Aenderung der Grenzfläche lässt sich auch im gegebenen Falle an den Ekman’schen Profilen der Tafel I nach-
weisen, d. h. vorausgesetzt, dass die Grenzfläche in der sogenannten Sprungschicht liegt, denn bei abnehmen
der Wassertiefe macht sich sowohl in Temperatur wie in Salzgehalt ein Aufsteigen der Sprungschicht be
merkbar. Im allgemeinen ist es natürlich in der eigentlichen Ostsee die Temperatur, die als Kriterium
dienen muss. Die Profile der Ekman’schen Sektionen 35, 17 und der Einzelstation E*, 9 lassen deutlich die
Grenzschicht in 20 m Tiefe erkennen, obwohl sie stellenweise durch lokale Einflüsse verschoben ist (wie
oben schon erwähnt wurde). Die Sektion 39 im bottnischen Meerbusen dagegen zeigt eine höhere Lage der
Sprungschicht, da die anliegenden Gewässer ziemlich flach sind. In der Beltsee lässt sich der Wechsel
auch im Salzgehalt nachweisen. Ein sehr charakteristisches Beispiel gehen die Sektionen 9 und 10. In