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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1899 No. 5 —
ständig unterbrochen, nur die Luft aus den nördlichen Theilen des Ozeans hat zu unserer Gegend im erste-
ren Falle Zutritt, und es ergeben sich hieraus Witterungserscheinungen, wie wir sie weiter unten noch be
trachten werden.
Gegen den Früliliug hin wird der Gegensatz in der Luftdruckvertheilung zwischen SE und NW immer
mehr abgeschwächt; schon im April sind die eben genannten Luftdruckunterschiede fast ganz verschwunden,
die mittlere Luftdruckvertheilung wird eine äusserst gleichmässige, und schon geringe Aenderungen in der
Druckvertheilung sind hinreichend, um eingreifende Umwandlungen von Wind und Wetter zu bewerkstelligen.
Zu dieser Zeit treten im Bereiche der britischen Inseln vielfach Hochdruckgebiete auf, welche häufig längere
Zeit liegen bleiben, Winde aus anhaltend nördlichen Richtungen verursachend, welche in ihrem Gefolge ver
änderliches böiges Wetter und nicht selten Spätfröste haben, die, ohne an bestimmte Tage gebunden zu
sein, bis Ende des Monats Mai gerade keine Seltenheit sind.
Im Sommer ist im Innern Asiens eine barometrische Depression an Stelle des Hochdruckgebietes ge
treten, welche bis in Europa hinein sich ausbreitet, während der Luftdruck über dem westlichen und süd
westlichen Europa am höchsten ist. Dieser Luftdruckvertheilung entsprechend gewinnen die westlichen und
nordwestlichen Winde die Oberhand, und daher die kühle, feuchte und veränderliche Witterung in unseren
Sommern. Im Sommer erreicht, wie ich in einer früheren Abhandlung nachgewiesen habe,*) die Häufigkeit
der Hochdruckgebiete, welche im Bereiche der britischen Inseln stationär werden, ihr hohes Maximum.
Daher das häufige Auftreten nordwestlicher und nördlicher Winde mit feuchtkühler Witterung in unseren
Gegenden; jene stationären Maxima sind es, welche diesen Witterungscharakter oft ganzen Monaten, ja ganzen
Jahreszeiten aufdrücken. Abweichungen von demselben kommen hauptsächlich dann vor, wenn ein Hoch
druckgebiet über Zentral-, Nord- oder Osteuropa sich befindet.
Nach dem Herbste hin wachsen wieder die Luftdruckunterschiede zwischen SE und NW, so dass die
Druckvertheilung wieder in die normalen winterlichen Verhältnisse übergeleitet wird. Die südwestlichen
ozeanischen Winde mit ihren feuchttrüben Witterungserscheinungen gelangen sowohl in Bezug auf Häufigkeit
als auf Stärke nach und nach wieder zur vollen Herrschaft. Das Wetter nimmt wieder einen beständigeren
Charakter an als im Frühjahr und Sommer und starke Witterungsumschläge, welche allerdings auch in dieser
Jahreszeit zuweilen Vorkommen, werden weniger häufig.
Die Häufigkeit der Hauptwettertypen im Jahre und in den einzelnen Monaten sind in folgender Tabelle
übersichtlich veranschaulicht und zwar für die Lustren und Dezennien 1876 bis 1885 und 1886 bis 1895,
sowie für den zwanzigjährigen Zeitraum 1876 bis 1895.**)
E u. SE
S u. SW
Wu.NW
N u. NE
Central
*) Vergl. van Bebber: ,I)as Wetter in den barometrischen Maxima“ in „Aus dem Archiv der D. Seew.“, 1892 No. 4
**) Die Zahlen stimmen mit den unten angegebenen nicht ganz überein, weil die Perioden oft in die benachbarten
Monate üb ergriffen.