Georg Wegemauu: Die Oberflächen-Strömungen des nordatlantischen Ozeans nördlich von 50® N-Br.
l-’aktoren übersehen oder falsch geschätzt wird, zum wenigsten aber die Methode auf illusorischen Voraus
setzungen beruht Andererseits sind auch die Mängel dieses Verfahrens rückhaltlos anzuerkennen, deren
wesentlichster wohl darin besteht, dass die Windstärke-Beobachtungen der Wetterkarten nur auf Schätzung
beruhen, welche zu sehr von der Individualität des Beobachters abhängig sind; doch erkennt auch Mohn
au 43 ), dass es wohl keinem Zweifel unterliegen kann, dass diese Schätzungen zum grossen Theil Rücksicht
auf die ungleiche Wirkung der Erdreihung nehmen und sich also der wirklichen Luftstromgeschwindigkeit
mehr nähern als die Anemometer-Angaben. Ferner kann man annehmen, dass bei Konstruktion von Iso
baren auf Grund von meist nur verhältnissmässig wenigen Beobachtungen, immerhin Fehler im Abstande
von ±10 km und mehr auf je 5 mm Druckdifferenz wahrscheinlich sind. Diese beiden Fehler, welche zu
fälliger Natur sind und also annähernd gleich oft nach beiden Seiten hin ansfallen werden, könnten dem
nach einigermaassen kompensirt werden durch Vergrösserung der Anzahl der Beobachtungen für dieselbe
Windstärke und der geeigneten Wahl derselben, z. B. zu verschiedenen Jahreszeiten und von verschiedenen
Beobachtern.
Nach folgenden Gesichtspunkten, welche durch die barischen Windregeln gegeben sind, habe ich die
Beobachtungen der täglichen synoptischen Wetterkarten des nordatlantischen Ozeans ausgewählt. ,.Der Ab
lenkungswinkel der Windrichtung von der Gradientenrichtung (Isoharennormalen) «, wächst mit der geo
graphischen Breite und die Windgcschwindigheit ist wiederum eine Funktion des Ablenkungswinkels « und
mithin auch der geographischen Breite (/“, so leint das Windgesetz. Hierdurch wird also die Wahl der
Windstärke-Beobachtungen beschränkt, indem gleiche Windgeschwindigkeit für gleiche Gradienten nur bei
stets gleicher Breite und gleichem Ablenkungswinkel « vorhanden ist. « ist, abgesehen von der Breite y
in erster Linie von den Reibungswiderständen abhängig und zwar wird r< kleiner, wenn letztere wachsen,
oder « ist umgekehrt proportional dem Reibungskoeffizienten k. Dieser letztere ist aber eine noch recht
unbekannte, von Fall zu Fall sich ändernde Grösse, welche in Wirklichkeit durchaus nicht als konstant
anzuschen ist wegen ihrer Abhängigkeit von verschiedenen, sehr veränderlichen Faktoren, z. B. der Form
der Wasseroberfläche, der Bahn und Stärke des Windes. Da nun wohl eine theoretische Ermittelung von
li nicht ausführbar sein dürfte, so kann der Reibungskoeffizient nur auf umgekehrtem Wege gefunden werden,
nämlich auf Grund der aus Wetterkarten entnommenen, mittleren Ablenkungswinkel u. So fanden, wie
schon oben angedeutet, Mohn undGuldberg im atlantischen Ozean zwischen 15—50°N-Br k — 0.0000351
aus 1S04 Beobachtungen; als Grenzen ergaben sich 0.00002 für ruhige Meeresoberfläche und 0.00012 für
sehr unebene' Binnenländer. Dieses Verfahren liefert aber keineswegs den wahren Reibungskoeffizienten.
da die zur Berechnung benutzte Formel tang a — . also
1 2 tv sin y
tang u
wie oben erwähnt, eine gleichförmige, geradlinige Bewegung innerhalb einer isolirt zu denkenden Luftschicht
voraussetzt, leber die Veränderlichkeit von a findet sich bei Sprung 44 ) eine instruktive, geometrisch-
mechanische Betrachtung, aus der hervorgeht, dass zu grosse wie auch zu kleine Werthe von « ausge
schlossen werden müssen. Ich habe den „normalen Ablenkungswinkel“ « — so nannten die beiden nor
dischen Meteorologen die zu k = 0.000035 gehörigen Winkel « in dcu verschiedenen Breiten — in Er
mangelung eines besseren und zutreffenderen die folgenden Betrachtungen zu Grunde gelegt, d. h. nur solche
Beobachtungen sind benutzt, wo a ungefähr gleich dem normalen Ablenkungswinkel war.
Ferner ist die geographische Breite bei der gestellten Aufgabe zu berücksichtigen, da « sicli im Ver-
hältniss zu derselben ändert. Ich habe daher für vier verschiedene Breiten die Bestimmung vorgenommen,
für 35°, 45®, 55° und 05® N-Br. Nur zuverlässige Beobachtungen sind benutzt worden, d. h. solche, für
welche durch mehrere umliegende Windstärke- und Richtungsbeobachtungen der Verlauf der Isobaren ge
nauer festgestellt werden konnte als dieses eine einzige Beobachtung auf einem grösseren Raum ermöglicht.
Das Verfahren selbst ist einfach. Man misst für die verschiedenen Windstärken, die nach der 12 theiligen
Skala (Beaufort) in die Karten eingetragen sind, den Isobarenahstand, drückt denselben in km aus und
dividirt deren Anzahl durch 5.111 km, da die Luftdruckdifferenz der Isobaren in den Wetterkarten 5mm
43 ) Zeitschrift der österr. Gesellschaft für Meteorologie. IST7. S. 60.
4 ‘) Sprung: Lehrbuch der Meteorologie. S. 115. — Annalen der Hydrographie etc. 1SS0. S. 604.