Georg 'Wegemann : Die Oberflächen-Strömungen des nordatlantischen Ozeans nördlich von 50° N-Br.
dieser Isobarenhäufung um die nordatlautische Depression im Januar 33 ) ist bekannt genug. Mehr als Vs
aller Stürme im Jahre fällt in diesen Wintermonat, wo schon an sich das Gebiet des atlantischen Ozeans
nördlich von 40° N-Br weitaus das sturmreichste ist. Die Anzahl der Zyklonen, welche in jener Zeit den
Ozean passireu (in östlicher oder nordöstlicher Richtung) ist trotzdem keine grössere als in anderen Monaten,
wenn schon die Anzahl der Minima recht beträchtlich ist. Es ergaben sich für 688 Tage allein 285 Minima
mit mindestens dreitägiger Existenz, sodass im allgemeinen täglich 1—2 Depressionen über diesem Gebiete
lagen. Einen Vortheil von dieser Luftdruckvertheilung im Januar hat bekanntlich die atlantische Küste
Europas, besonders aber Südengland, indem die hierdurch erzeugten starken WSW-Winde einen milden
Winter zur Folge haben. Auf Grund der beschriebenen Luftdruckkarten gehe ich nunmehr zur Bestimmung
der Windverhältnisse über.
2. Wind.
Zur Bestimmung von Windrichtung und -Stärke hat Mohn vorgeschlagen, sich der von ihm und
Guldberg abgeleiteten, bekannten barischen Windformeln zu bedienen:
'* ■ G. sin a = 2 . w . sin . v
e
l*
oder daraus:
und
G. cos re = k . v
2 w. sin <(
iany a
u . G. cos a
V ——
. k
wo « den Ablenkungswinkel des Windes von der Richtung des Gradienten, <{ die geographische Breite,
2 TT
v) = ,/.-7.7 = 0.00007292, k den Reibungskoeffizienten zwischen Luft und Wasser, von Mohn für das
bol 64.09
offene Meer auf 0.000035, für das eisbedeckte auf 0.00008 gesetzt, v die Windgeschwindigkeit,
90
/1 = 13.59593
10000000
= 0.00012236,
o das Gewicht eines kbcm Luft und endlich G den barometrischen Gradienten bezeichnen. Bezüglich der
Ableitung der Formeln sowie anderer Einzelheiten muss ich mich mit dem Hinweise auf die Litteratur be
gütigen. :M ) Zu den in den Formeln vorkommenden Grössen ist noch zu bemerken, dass q, das Gewuclit
eines kbcm Luft, nach der Formel n — 0.047366
h — 0.3779 e
273 +1
berechnet ist, wo b den Luftdruck be-
zeichnet, welchen man der Isobarenkarte entnimmt, t die Lufttemperatur, für welche ich die Karte im
Atlas der Meteorologie von Hann zu Grunde gelegt habe, und e die Spannung des Wasserdampfes für die
Temperatur t ist = /. E, d. h. dem Produkte aus der relativen Feuchtigkeit und der Maximalspannung bei t.
Die relative Feuchtigkeit im Gebiete des nord atlantischen Ozeans variirt von etwa 77 % in den Rossbreiten
bis 93% im Nordmeere und ist im Mittel etwa auf 85—88% zu setzen, welch’ letzteren Werth auch die
zahlreichen publizirten Beobachtungen der Deutschen Seewarte liefern. 35 ) Es wird also angenähert
e = 0.3779.0 85 £ = Vs E.
Für E habe ich die Werthe von Régnault 36 ) und Magnus genommen, die durch ihre gute Ueberein-
stimmung den wahren Werthen am nächsten kommen. Für die Gradienten habe ich nur eine Tafel be
rechnet und zw r ar derart, dass ich aus derselben direkt die nöthigen Logarithmen für den aus der Karte
gemessenen Isobarenabstand entnehmen konnte.
Nach obigen Formeln sind für zahlreiche Punkte (über 900), welche über den ganzen Meerestheil
ziemlich gleichmässig vertheilt liegen, Windrichtung und Stärke berechnet und in die Isobarenkarte ein
getragen worden (Karte für das Jahresmittel). Die Ablenkungswinkel des Windes von der Richtung des
33 ) Deutsche Seewarte: Segelhandbuch des atlantischen Ozeans. VI.
34 ) Zeitschrift der österr. Gesellschaft für Meteorologie, 1877. S. 49 ff. Sprung: Lehrbuch der Meteorologie. S. 119.
Den Norske Nordhavs Expedition. II. S. 115.
35 ) Deutsche Seewarte: Beobachtungen der Zehngradfelder. Quadrate No. 146—150.
:!6 ) Landolt-Börnstein: Chemisch-physikalische Tabellen. Wüllner: Experimentalphysik!.