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Full text: 21, 1898

Archiv 1898. 4. 
l 
No. 4. 
Die Stürme und die Sturmwarnungen an der deutschen Küste 
in den Jahren 1886 95. 
Von I)r. Grau* mann, Hamburg, .Seewarte. 
Einleitung. 
Eine Erhöhung der Wirksamkeit des Sturmwarnungswesens vermag gewiss durch mancherlei äussere 
Mittel herbeigeführt zu werden, und in dieser Beziehung wird einer schnelleren und jederzeit gewährleisteten 
Zustellung der Sturmdepeschen, der Vermehrung der Sturmsignalstellen längs der Küste und ihrer allgemeinen 
Ausrüstung mit Signallatemen für die Nacht, der Bekanntgabe der Sturmsignale durch ausgehende Schilfe etc. 
gewiss eine Bedeutung beizumessen sein. 
Das Hauptaugenmerk muss aber auf die Steigerung des inneren Werthes der Sturmprognosen gerichtet 
bleiben, um dem noch so fernen Ziele, Sturmsignale für nicht allzuleichte Stürme stets rechtzeitig und nie 
umsonst zu veranlassen, näher zu kommen. Wird dieses ideale Ziel wohl auch nie ganz erreicht werden, 
so kann doch kein Zw eifei, bestehen, dass wir noch ein gutes Stück voranzukommen vermögen, und dass ein 
grosser Theil des Zweifelns und Schwankens bei dem Erlass von Sturmwarnungen einst schwinden und sich 
solches beschränken werde auf die Vorausbeurtheilung der schwächeren Sturmphänomene und die Fälle 
von besonders selten auftretenden Luftdruckumlagerungen. Nur in diesen Fällen wird die Entscheidung 
dann noch von der sekundären Erwägung beeinflusst bleiben, ob häufigeres verfehltes Warnen vor Stürmen 
einer gelegentlichen Ueberraschung durch, ihrer Hauptzahl nach, schwache Stürme vorzuziehen sei. 
Mathematisch-physikalische Spekulationen werden voraussichtlich wenig zur Annäherung an das ersehnte 
Ziel beitragen. Es giebt wesentlich nur ein Mittel: Das Fortschreiten an der Hand der Erfahrung, das 
intensive Studium der Stürme unserer Küste. Hier gilt es, angesichts der geringen Fortschritte der letzten 
Jahre eine andere Methode einzuschlagen; nicht das Studium der Zugstrassen der Minima allein und die 
blosse Klassifikation der Stürme reichen aus, um die Sicherheit der Sturmprognosen zu erhöhen. 
Da ein Aufsuchen der Fehler das beste Mittel darstellt, um solche in Zukunft zu vermeiden, so bietet 
sich als der rationellste und am schnellsten zum Ziele fühi'ende Weg das Studium des Erfolges der Sturm 
warnungen selbst dar in der systematischen Nebeneinanderstellung von Stürmen und Sturmwarnungen. Ordnet 
man die sich dabei ergebenden dreierlei Fälle von rechtzeitigen, verspäteten oder ganz unterlassenen und 
von verfehlten Warnungen ohne nachfolgenden Sturm nach den Wetterlagen, auch unter Berücksichtigung 
deren vorausgegangener Entwicklung, so ergiebt die einfache Auszählung sofort den Sturmwarnungserfolg für 
die verschiedenen Wetterlagen und lehrt ohne Weiteres, wo eine Werthsteigerung der Warnungen besonders 
geboten ist. 
Die Aufgabe besteht dann weiter darin, für jede der erhaltenen, den Stürmen vorausgehenden Wetter 
lagen diejenigen Merkmale der Entwicklung oder dasjenige Moment aufzusuchen, das die nur gefährlich 
scheinenden Fälle von den durch die weitere Entwicklung als wirklich gefahrdrohend erkannten unterscheidet, 
kurz den Sturmfaktor festzustellen, der die Wetterlage verschärft und den Sturm herbeiführt. Bezeichnet 
man als kritischen Zeitpunkt die Zeit der letzten Wetterkarte vor dem Sturmeintritt, zu der dieser noch 
hätte rechtzeitig gewarnt werden können, und die entsprechenden Wetterkarten selbst kurz als kritische 
Wetterkarten, so ist es klar, dass neben den Wetterkarten, die die verfehlten Warnungen veranlasst haben,
	        
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