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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S9S No. 3 —
Diese letzte uns hier interessirende Formel beanspruchte aber keine strengere Gültigkeit, da sie nur
aus der Zahl der heiteren und trüben Tage eines einzigen Jahres abgeleitet war; immerhin kommt sie
wenigstens für Tiflis der Wahrheit schon ziemlich nahe.
Für diesen Ort habe ich die Mittel aus den 15 Jahren 1881 — 95 zu Grunde gelegt und daraus die
Konstanten nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet. Man erhält so die Formel
t—h
m — 50 + 5»
n
oder genauer TO « 50.2 + 55.3^
n
Berechnet man hiernach die vieljährige mittlere Bewölkung der einzelnen Monate, so findet man grössere
Differenzen im Sinne Beobachtung—Rechnung nur im April (+1.0%), Mai (—1.0%) und August (+1.2%),
sonst sind sie aber erheblich kleiner. Ein jährlicher Gang der Differenzen, wie ihn Herr Kremser für
Norddeutschland angedeutet fand — positive Differenzen bei der stärkeren Bewölkung des Winters, negative
bei der geringeren des Sommers — oder ein zur Grösse der Bewölkung paralleler Gang zeigt sich hier
nicht, sodass eine Berechnung der Konstanten für Sommer- und Winterhalbjahr oder für die Jahreszeiten
zu keinem besseren Resultate führen würde. Proberechnungen an mehr als einem Dutzend beliebig aus
den drei Lustren 1881—95 herausgegriffener Monatszahlen ergaben einen Maximalfehler von 6 und einen
durchschnittlichen von 3%; dabei ist die erste Formel benutzt worden, während man mit der zweiten wegen
ihrer ein wenig grösseren Konstanten noch etwas günstigere Resultate erzielt hätte, zumal die Differenzen
bei der ersten Formel vorzugsweise positiv waren.
Die Tabelle V enthält ferner für jeden Monat die grösste und kleinste Zahl der heiteren, wolkigen und
trüben Tage für die Periode 1881—95. Auch hier ergiebt sich, dass die Frühjahrsmonate die am
wenigsten heiteren sind, liegt doch das Häufigkeitsmaximum der heiteren Tage im April und Mai mit
5 weit unterhalb des mittleren Maximums von 11.2 Tagen. Aber auch die trüben Tage übertreffen den
Durchschnitt, sodass diese Monate als recht trübe bezeichnet werden müssen. Der heiterste Monat ist
der August, bei welchem den 11 heiteren kaum 3 trübe Tage gegenüberstehen, wogegen der trübste
Monat der Februar ist, der während sechssiebentel seiner Dauer einen völlig oder nahezu bedeckten
Himmel, allerdings auch in einzelnen Jahren bis zu 10 heitere Tage aufweisen kann. In den heissen Monaten
Juli, August und auch im September wird man in jedem Jahre etwa 3 heitere Tage erwarten können, in
allen übrigen jedoch darf nicht in jedem Jahre auf einen solchen gerechnet werden. Dagegen ist es in
den Monaten Mai bis November leicht möglich, dass sie ohne einen einzigen trüben Tag verlaufen, wogegen
für jeden Wintermonat deren zwei bis drei stets in Aussicht stehen.
Gelegentlich ihrer schon erwähnten Untersuchung fanden die Herren Koppen und Meyer, 40 ) dass
„auf dem Ozean gebrochener Himmel häufiger ist, als unter gleichen Breiten auf dem Festlande,“ wobei
sie über die Ursache folgendes sagen: „Das Ueberwiegen gebrochenen Himmels darf als Anzeichen einer
durchschnittlich kräftigen vertikalen Luftzirkulation angesehen werden. Denn beim Vorhandensein einer
solchen kann ganz trüber und ganz heiterer Himmel nur unter ausnahmsweisen Umständen bestehen, wenn
nämlich die Feuchtigkeit der Atmosphäre ungewöhnlich gross oder ungewöhnlich gering ist: sonst bilden
sich beim Durcheinander auf- und absteigender Luftsäulen Haufenwolken in den ersteren, blaue Zwischen
räume in den letzteren.“ Betrachtet man nun darauf hin Tabelle V, so zeigt sich, dass Tiflis dieselbe
Eigenthümlichkeit hat, wie das von den Verfassern untersuchte, unter derselben Breite liegende Fünf
gradfeld: das Vorwalten gebrochenen Himmels. Wenn nun auch hier die Stufen nicht genau dieselben
sind, so würde das Resultat bei völlig gleichen Stufen nur noch markanter hervortreten; wenn ferner hier
Tage und dort Termine zu Grunde gelegt sind, so wird dadurch das Ergebniss nicht wesentlich beeinflusst,
da das eigenthümliche Hervortreten des gebrochenen Himmels auf jenem ozeanischen Gebiete sich nicht
auf einen Termin beschränkt, sondern an allen sich zeigt und somit auf das Tagesmittel in gleicher Weise
einwirkt. (Später wird noch einmal hiervon die Rede sein.) Es ist somit jener Gegensatz zwischen Festland
und Meer nicht streng aufrecht zu erhalten, doch muss man berücksichtigen, dass die Verf. ihre Arbeit
nur als eine „Rekognoszirung“ betrachtet wissen wollen, die keine abschliessenden Resultate liefern kann,
40 ) Anm. n ), a. a. 0. S. 14.