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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1896 No. 4 —
Luft bei violetter Bestrahlung. Der wahre Grund scheiut folgender. Wenn ultraviolette Strahlen durch die
Oberfläche eines negativ - elektrischen Körpers absorbirt werden, so werden die negativen Theilchen abge-
stossen und zerstreuen sich in der unmittelbaren Nähe des Körpers. Hierdurch wird dieser Hypothese auf
einmal der Boden eingeschlagen. Denn die ultravioletten Strahlen des Sonnenlichtes sind grösstentheils von
der Atmosphäre absorbirt, bevor das Licht die Erde erreicht. Deshalb sind auch die meisten, diese Hypo
these betreffenden Experimente mit dem an ultravioletten Strahlen reichen elektrischen Lichte und nicht
mit Sonnenlicht angestellt. Wohl ist es später Elster und Geitel gelungen, die negativ-elektrische Ladung
von Körpern durch Sonnenlicht zu zerstreuen, doch nur von einigen Stoffen, die gewöhnlich nicht an der
Erdoberfläche verkommen, und überdies gelang die Zerstreuung nur dann, wenn die Gegenstände durch Zer
brechen oder Pulverisirnng eine, frische und reine Oberfläche bekommen hatten. Quarz, Glimmer, Wasser,
Schnee, Salzlösungen und Pflanzen, welche den grössten Theil der Erdbedeckung bilden, behalten ihre elek
trische Ladung bei Bestrahlung. Und selbst dann, wenn die Probe gelang, blieben die abgestossenen elek
trischen Theilchen in der unmittelbaren Nähe des Körpers. Es ist also nicht anzunehmen, dass diese Theil
chen in der Atmosphäre bis zu beträchtlichen Höhen hinaufgeführt werden können.
Die Verbindung, welche Arrhenius zwischen seinen Hypothesen und den Beobachtungen zu finden
sucht, bezieht sich nur auf die Periode der luftelektrischen Erscheinungen in Raum und Zeit. Die Gewitter-
Elektrizität wird nur nebenbei besprochen, durch Zusammenflüssen der Tropfen das enorme elektrische
Potential erklärt. Alle Nebenerscheinungen der Gewitter bleiben unberücksichtigt.
Holdinghausen is ) behauptet, die Ursache der Luftelektrizität sei Induktion und Transport. Seine
Hypothese ist eine der schwächsten und dabei am wenigsten deutlich gefasst. Die Luftelektrizität ist eine
Eolge der Sonnenbestrahlung und da die Sonnenwärme zu allererst Luftströmungen verursacht, so liegt die
Annahme nahe, dass diese Strömungen die Elektrizität veranlassen. Die ununterbrochene Zufuhr positiver
Elektrizität aus höheren Luftschichten zur Erde giebt Grund zur Annahme, dass die höheren leitenden
Schichten der Atmosphäre eiue unerschöpfliche Quelle positiver Elektrizität sind, und dass die Erde auf
dieselbe Weise eine Quelle der negativen Elektrizität bilden muss, sonst müsste die Erde positiv-elektrisch
werden. Weiter sagt er ungefähr: Die Trennung der positiven und negativen Elektrizität findet hauptsächlich
in der Nähe der Erdoberfläche statt. Zwischen Sauerstoff der Atmosphäre und Metallen der Erde bestehe
eine kleine elektromotorische Spannung. Man denke sich eine steile Gebirgswand von der Sonne bestrahlt.
Die unteren Luftschichten werden durch Erwärmung emporgehoben, neue Luft folgt nach. Diese wasser
dampfhaltende Luft wird dadurch, dass sie einige Zeit über die Erde geströmt ist, in Folge der elektro
motorischen Spannung, positiv - elektrisch und diese wird in die Höhe geführt. Die Elektrizitäts - Erregung
wird verstärkt, wenn diese positive Elektrizität in einer Wolke angesammelt wird, welche durch Induktion
die negative Ladung der Erde stellenweise steigert. Nicht nur vertikale, sondern auch horizontale Luft
strömungen veranlassen die Elektrizitäts-Erregung, z. B. wenn ein warmer, feuchter, südwestlicher Luftstrom,
welcher bereits in südlichen Gegenden durch Induktion und Transport elektrisch geworden ist, durch einen
kalten, trockenen, als Isolator wirkenden schweren nördlichen Luftstrom emporgehoben wird, so entstehen
zwischen den sich reibenden Luftströmen auf der Trennungsfläche Wirbel, welche durch Induktion die Elek
trizität steigern. Ebenso würde die Oberflächen Kontraktion bei Kondensation und Tropfenbildung Span
nungs-Erhöhung veranlassen. Meteorologische Nebenerscheinungen sind nicht behandelt, nur widmet der
Autor noch eine kleine Stelle der Bewegung der Gewitter im ganzen. Wenn das Gewitter nicht von einer
Luftströmung fortgetragen wird, so ändert es seine Stelle in Folge der elektrischen Anziehung und Ab-
stossung. Ausser dem Kontakt der Metalle mit Sauerstoff giebt der Autor keine eigentliche Erklärung der
Elektrizitäts-Erregung, und diesem Kontakt eine solche Wirkung in der Atmosphäre zuzuschreiben, wird
wohl keiner zugeben. Kommt der Induktion der Wolken auch untereinander eine solche grosse Wirkung
zu, wie der Autor meint, dann ist es nicht klar, weshalb bei jedem wolkigen Himmel nicht Gewitter eintritt.
Auch Lord Kelvin '"j nimmt Transport (convedion currents) zu Hilfe. Er geht aus von dem Faktum,
dass die Luft in der Nähe der Erdoberfläche manchmal stark elektrisch ist. Die Elektrizität der Atmo
sphäre erklärt er durch das In-die-Höhe-führen dieser Schicht durch convedion currents. Damit ist jedoch
nichts erklärt und die Schwierigkeit nur verlegt.
Suchsland 3U ) definirt Gewitterwolken als „Volta’sche Konglomerate kleinster absoluter Gaselemente
mit zwischengelagerter Flüssigkeit“ (Stickstoff, Sauerstoff, Wasser), Hagelwolken als Gewitterwolken mit
ausserordentlich hoher Spannung, die Luftelektrizität als Influenz Wirkung von elektrischen Polen, welche