2
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1895 No. 1 —
Geschwindigkeit. 1 ) Noch bevor diese Entdeckung veröffentlicht war, wurde der Gegenstrom von den preus-
sischen Seehandlungsschiffen auf ihren Weltreisen, zuerst vom „Mentor“, Kapt. Harmsen, auf der Reise von
Coquimbo nach Hawaii im November 1823 in 6—ll°N.Br. zwischen 125° und 130°W.Lg. gefunden.
Ein junger Arzt und Naturforscher, Dr. Meyen, der die dritte dieser Reisen auf dem Seehandlungs
schiffe „Princess Louise“, Kapt. Wendt, mitmachte, und der seine mit grossem Eifer angestellten Beobach
tungen und Forschungen, die sich .besonders auch auf die Hydrographie erstreckten, in einem lesenswerthen
Werke veröffentlichte, 2 ) scheint schon eine ziemlich richtige Vorstellung von den Strömungsverhältnissen
des Stillen Ozeans gehabt zu haben.
Nachdem er (vergl. Bd. II, pag. 82 u'. f.) mit grosser Schärfe den in den Kreisen der Seeleute schon
lange geltenden Satz, dass die Meeresströmungen unmittelbar und fast ganz allein vom Winde verursacht
werden, ausgesprochen und demgemäss die beiden Passattriften beschrieben hat, fährt er fort: „Zwischen
diesen beiden Aequatorialströmungen findet sich, merkwürdig genug, ein schmaler Gegenstrom, der sich nach
Ost und ONO hindurchschlängelt.“ Gegen eine kurz zuvor von Duperrey, einem Gefährten Freycinet’s, der
in den Jahren 1822—25 auf der Corvette „La Coquille“ eine weitere Forschungsreise um die Welt ausführte,
veröffentlichte „Charte du mouvement des eaux à la surface de la mer dans le Grand Océan austral,
Paris 1831,“ die erste kartographische Darstellung der Meeresströmungen des Stillen Ozeans (die ich nicht
Gelegenheit hatte einzusehen), bemerkt er, dass deren Darstellung des Oststromes, der in zwei durch einen
Weststrom getrennten Armen, einen nördlich, einen südlich vom Aequator, eingetragen ist, unrichtig sei;
doch nimmt auch er noch an, dass der Gegenstrom getheilt sei, dass aber beide Arme nördlich des Aequa-
tors hegen, eine Anschauung, für die nur eine der von ihm angeführten Beobachtungsreihen einigen Anhalt
bietet. Heinrich Berghaus zeichnet auf der Strömungskarte seines physikalischen Atlas von 1837, haupt
sächlich gestützt auf die vorzüglichen Beobachtungen der preussischen Seehandlungsschiffe, 3 ) mitten in der
grossen allgemeinen Westströmung in der Breite von 6—10° und nur zwischen den Meridianen von 150° und
120° W.Lg. einen Gegenstrom ein, der an beiden Enden wie abgeschnitten aussieht; ferner nördlich von
Neu-Guinea, sowie längs der Westküste von Mexico einen nach der Jahreszeit wechselnden Monsunstrom,
welch letzterer auch in den meisten späteren Darstellungen erscheint.
Im Jahre 1853 nun unternahm es Findlay in einem Vortrage vor der Geographischen Gesellschaft zu
London den Äequatorialgegenstrom über die ganze Breite des Ozeans als einen kontinuirlichen aufzustellen
ausser auf die Veröffentlichung von Berghaus gestützt auf die Beobachtungen während der Forschungsreisen
Krusenstern’s, Duperrey’s, Beechey’s u. a. m., auf die hier nicht genauer eingegangen zu werden braucht, da
sie in jenem Aufsatze 4 ) auszugsweise veröffentlicht worden, sowie in den von Findlay später veröffentlichten,
viel benutzten und wissenschaftlich werthvollen Segelhandbüchern des Stillen Ozeans 5 ) wiederholt sind. In
den neueren Auflagen dieser letzteren schränkt er die Ansicht etwas ein, indem er sagt, der Gegenstrom
erstrecke sich vom Westende des Ozeans bis 115° W. Lg. und vielleicht darüber hinaus, eine Einschränkung
deren Grund nicht recht einzusehen ist, da der Gegenstrom gerade östlich von 115° W.Lg. regelmässiger
als weiter westlich auftritt.
Der als Bahnbrecher auf dem Gebiete der ozeanischen Meteorologie so verdienstvolle Maury dagegen
hatte, seihst nach diesem Vortrage von Findlay, von den Stromverhältnissen des Stillen Ozeans durchaus
keine klare Vorstellung; 6 ) er steht darin noch weit hinter Berghaus zurück.
Aus den Darstellungen der Folgezeit, die sich meist an die Auffassung Findley’s anscliliessen, ist be
sonders hervorzuheben die werthvolle Arbeit von Kapt. Evans, 7 ) der in einer Karte alle angetroffenen Strom-
*) Voyage autour du monde, entrepris par ordre du Roi par Louis de Freycinet. I. partie: Navigation et Hydrographie.
Paris 1826, pag. 31; ferner in Kapitel H (pag. 49—97) ein Auszug aus dem Schiffstagebuch mit Angabe der Winde und Strömungen.
2 ) Dr. Meyen: Reise um die Erde, ausgeführt auf dem Kgl. preussischen Seehandlungssehiffe „Princess Louise“ in den
Jahren 1830—32. Berlin 1835.
3 ) Berghaus hat die Journale derselben später veröffentlicht: Sechs Reisen um die Erde der Kgl. preussischen See
handlungsschiffe „Mentor“ und „Princess Louise“ innerhalb der Jahre 1822—42. Auszug aus den Schiffsjournalen mit Bezug
auf Physik und Hydrographie. Breslau 1842.
4 ) Journal of the Royal Geographical Society. 1853, pag. 220.
5 ) A Directory for the Navigation of the North-Pacific-Ocean. 3. Ed. London 1S8G.
6 ) Explanations and Sailing Directions to accompany the Wind and Current Charts. 8. Ed. Washington 1858, Bd. H
pag. 85—86. Vergl. auch Tafel XIV.
7 ) Wind and Current Charts for Pacific, Atlantic and Indian Océans. Hydrogr. Office of the Admirality. London 1872.