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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1895 No. 1 —
ruhen, mussten natürlich weggelassen werden, wie sich auch hei der Eintragung der Isothermen auf die
Stromkarten beides zu einem natürlichen Gesamtbilde verschmolz. So entstanden für jeden Monat Karten
im Aequatorialmaassstabe etwa von 1 : 25 000 000.
Auf die ziffernmässige Berechnung und Angabe von Mittelwerthen der Stromstärken
wurde prinzipiell verzichtet. Erstens entspricht die in 24 oder noch mehr Stunden gefandene Strom
versetzung, selbst im allergünstigsten Falle, d. h. wenn keine Beobachtungsfehler vorliegen, die Versetzung
also ausschliesslich durch die Strömung hervorgebracht worden ist, weder in der Richtung noch in der Stärke
vollkommen den angetroffenen Stromverhältnissen, sondern sie ist nur die Resultante aus den in der ange
gebenen Zeit im durchsegelten Gebiete vorhandenen Strömungen. Dieser Umstand vereitelt besonders in
den Grenzgebieten zwischen zwei Strömungen jede Genauigkeit. Hier an der Grenze zwischen zwei in ent
gegengesetzter Richtung aneinander entlang fliessenden Strömungen, wo, wie man Grund hat anzunehmen,
beide Strömungen ihre stärksten Stromstriche haben, wird die Stromversetzung selten den vollen Betrag
der Stromgeschwindigkeit anzeigen. Haben beide entgegengesetzten Strömungen eine Komponente gemein
sam (wie z. B. der Nordrand des südlichen Aequatorialstroms und der Gegenstrom geringe Abweichungen
nach Norden haben), so wird diese in der resultirenden Versetzung in Richtung und Stärke bedeutend zu
gross sein, ja, vielleicht allein nachbleihen. Ein weiterer Grund, weshalb auf eine Mittelberechnung
verzichtet wurde, ist der, dass die Meinungen über die beste Art und Weise derselben weit auseinander
gehen. Welche Flächeneinheit soll zu Grunde gelegt werden? Wie viele Stromrichtungen sind zu unter
scheiden? Wie sollen die Fälle berücksichtigt werden, in denen kein Strom beobachtet wurde ? Sollen über
haupt und wie, die gleichzeitigen oder die vorhergegangenen Windverhältnisse berücksichtigt werden? u. s. w.
Ein Hauptgrund ist schliesslich der, dass die Meeresströmungen selbst, und das kann nicht genug be
tont werden, ein ausserordentlich veränderliches Moment sind, nur wenig stetiger als der Wind. Die Ge
schwindigkeit ist oft aus unbekannten Gründen oder in Folge anscheinend geringfügiger Umstände so sehr
veränderlich, dass seihst die durch eine einwandfreie Methode aus einwandfreien Strombeobachtungen für
eine bestimmte Gegend und einen bestimmten Monat berechneten Mittelwerthe keinen grossen praktischen
oder theoretischen Werth haben dürften, viel weniger noch Angaben über Strömungsgeschwindigkeiten für
das ganze Jahr, die nur den ganz falschen Eindruck erwecken können, als seien die Meeresströmungen so
feste, ständige, wohlbegrenzte Gebilde, wie die Ströme des Landes.
So soll denn auch im folgenden nur, ebenso wie auf den Karten die ungefähre Stärke der Strömungen
nur durch die Zeichnung angedeutet und unterschieden worden ist, versucht werden, durch Angabe ver
schiedener gefundener Stromversetzungen eine Vorstellung von der Geschwindigkeit zu gehen, mit der die
Strömungen gewöhnlich dahinüiessen, wozu die als Belege und erläuternde Beispiele aufgeführten Journal
auszüge mit beitragen werden.
Die folgende Einzelbetrachtung wird sich naturgemäss an die Karten anschliessen, die der gan
zen kartographischen Anlage der Arbeit gemäss das Ursprüngliche und Hauptsächliche,
ja die Arbeit seihst sind. Das Folgende wird also im Ganzen nur eine Erläuterung und Besprechung
der Karten sein, wobei die auf ihnen nicht zum Ausdruck gelangten abweichenden Verhältnisse, Ausnahmen,
Zweifelhaftes, der verschiedene Grad von Genauigkeit, der den einzelnen Theilen der Karten zukommt u. s. w-
ihre Erwähnung finden werden. Vor allem wird in jedem Monat eine eingehendere Besprechung den Wind
verhältnissen gewidmet sein müssen, ohne die die Strömungen nicht verstanden werden können. Von
dem Vorhaben, die vorherrschenden Winde in die Karten einzutragen, welche auf den ursprünglichen Karten
der Materialsammlung verzeichnet waren, musste Abstand genommen werden, da die Uebersichtlichkeit und
Deutlichkeit der Karten stark darunter gelitten haben würde.
Die Darstellung der Windverhältnisse, die ja wegen ihrer grösseren Wichtigkeit für die Schiff
fahrt schon weit besser bekannt waren als die Strom- und Temperaturverhältnisse, beruht, neben anderem
auf den auch mit Windkarten ausgerüsteten Segelhandbüchem von Findlay, 1 ) Imray, 2 ) Evans’ Wind- and
Current-Charts, 3 ) den für diese Verhältnisse sehr brauchbaren amerikanischen Meteorological Charts 4 ) nach
1 ) Siehe oben pag. 2.
2 ) North Pacific Pilot. Part. I, 3. Edition, London 1881.
3 ) Siehe oben pag. 2.
4 ) Siehe pag. 3.