Dr. Fr. Bolte: Die Methoden der Chronometer-Kontrole an Bord etc.
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Bedeckungen des Jahrbuches als eine so beschränkte, dass man für die Fälle, wo wirklich der Ein- oder
Austritt eines Fixsterns an Bord beobachtet werden kann, sehr ungern auf einen höheren Grad der Genauig
keit hei der Reduktion verzichten wird. Dieser Wunsch nach grösserer Schärfe des Rechnungsverfahrens
hndet eine zweite Stütze in der Genauigkeit, mit welcher sich der Ein- oder Austritt eines Fixsterns, be
sonders am dunklen Mondrande, beobachten lässt (siehe § 28 in „Fehlerquellen bei Stern-Bedeckungen“).
Aus diesem Grunde ist im Grossen und Ganzen der auf den Seiten XXII bis XXIY der Erklärung des
Naut. Jahrl). gewählten, im Wesentlichen mit dem Verfahren von Bessel übereinstimmenden Reduktions
methode der Vorzug gegeben. Da aber die dort gegebenen Vorschriften eine so genaue Kenntniss von den
Vorzeichen der trigonometrischen Funktionen in den 4 Quadranten, sowie eine solche Sicherheit in der
algebraischen Subtraktion voraussetzen, wie sie nicht bei allen Denen zu erwarten sind, für welche Stern-
Bedeckungen von Interesse sind, so sind diese Vorschriften durch solche ersetzt worden, welche sich durch
rein geometrische Anschauung ergehen. Zu diesem Zwecke schien es geboten, den in dem Bessel’sclien
Verfahren auftretenden Hülfswinkeln eine etwas andere geometrische Bedeutung zu geben, als in der Me
thode des Naut. Jahrh. Um ferner die ganze Ableitung der Methode allen praktischen Nautikern zugäng
lich zu machen, ist an Stelle der analytischen Entwickelungen ebenfalls eine rein geometrische Auffassung
zu Grunde gelegt worden.
Das Prinzip der Methode ist kurz folgendes:
Bei den Elementen der Stern-Bedeckungen im Naut. Jahrh. (Seite 197—200) ist für jede Bedeckung
diejenige mittlere Greenwicher Zeit angegeben und mit T 0 bezeichnet, zu welcher die wahren Rektascensionen
des Mondes und des Fixsterns einander gleich sind, d. h. zu welcher beide Gestirne, vom Erdmittelpunkte
aus gesehen, in demselben Deklinationskreise erscheinen, z. B. der Mond
mittelpunkt in La und der Fixstern in S 0 . Wäre im Augenblicke T 0 ein
Beobachter in 0 gewesen, so hätte derselbe die beiden Gestirne zu
dieser Zeit in anderer gegenseitiger Lage gesehen. Es ist nun, da es
sich hierbei nicht um die wirklichen Aenderungen der Gestirnsörter
am Himmel nach Rektascension und Deklination, sondern nur um die
Veränderungen der gegenseitigen Lage der beiden Gestirne handelt,
einerlei, oh man heim Uebergang vom Erdmittelpunkt nach dem Beob
achtungsorte 0 U als fest nimmt und S ü sich verschieben lässt, oder
umgekehrt. Thut man das erstere, so möge So' der Punkt sein, in wel
chem von 0 aus der Stern zur Zeit Ta gesehen wird. Nun ist ferner im
Naut. Jahrh. Richtung und Geschwindigkeit der Mondbewegung ange
geben, also auch der scheinbaren Bewegung des Sterns zur Mond
scheibe, welche jener gerade entgegengesetzt ist. Bezeichnet E den
Eintritt, A den Austritt des Fixsterns, so kann man, weil man aus
dem Naut. Jahrh. den Weg kennt, welchen der Stern in 1 Stunde auf
der Sekante zurücklegt, mit Hülfe einer Proportion die Zeit finden,
welche der Stern gebraucht, um von No' nach E resp. A zu kommen. Addirt man dieselbe zu To, so erhält
man die mittlere Greenwicher Zeit des Ein- resp. Austritts. Es versteht sich von seihst, dass, wenn So'
westlich von E oder A liegt, man die aus der Proportion gefundene Zeitkorrektion von T 0 subtraliiren
muss. Demgemäss zerfällt die Reduktion der Stern-Bedeckungen in 2 Abschnitte:
a) die parallaktische Verschiebung des Sternortes heim Uebergang vom Erdmittelpunkte nach dem
Beobachtungsorte;
•b) die Ermittelung der mittleren Greenwicher Zeit aus der Bewegung des Sterns auf der Mondsekante.
a) Die parallaktische Verschiebung des Sternortes beim Uebergang vom Erdmittelpunkte
nach dem Beobachtungsorte.
§ 22. Zerlegung der parallaktischen Verschiebung in 2 Komponenten. In Figur 18 auf folgender
Seite stellt die Ebene des Papiers die Ebene desjenigen Deklinationskreises dar, in welchem, vom Mittel
punkte der Erde aus gesehen, der Fixstern und der Mittelpunkt des Mondes sich zur mittleren Greenwicher