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Full text: 17, 1894

26 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1894 No. 4 — 
der Schaden meistens bedeutend grösser wird. — Ein häufig vorkommender Fall dieser Art ist z. B. das 
sogenannte Trockenlaufen eines Zapfens ; dies tritt ein, wenn das Oel eines Zapfenloches entweder an der Axe 
heruntergelaufen, oder verdunstet ist, so dass die Reibung des Zapfens in seinem Lager ohne das nothwendige 
Schmiermittel erfolgt. Lässt man das Chronometer nun noch längere Zeit in gehendem Zustande, so tritt 
ein starker Yersclileiss sowohl des Zapfens, als des Zapfenlagers ein. besonders dann, wenn gleichzeitig an 
diesen Stellen eine Rostbildung vor sich geht. Der Zapfen wird schon nach kurzer Zeit eingenagt und das 
Zapfenloch nimmt meistens eine ovale Form an. Es ist einleuchtend, dass durch derartige Formverän 
derungen Schlotterungen im Werke entstehen müssen, welche im Stande sind, starke Gangschwankungen zu 
erzeugen. — Bei rechtzeitigem Anhalten wird sich die Störung durch einfache Oelerneuerung beseitigen 
lassen, während später ein Nachpolireu oder vollkommener Ersatz des Zapfens, sowie eine Ausfütterung 
des Zapfenloches erforderlich ist. 
Auch wenn der Gang eines Chronometers andauernd in stark retardirendem Sinne fortschreitet, ist 
grosse Vorsicht nothwendig, und wird es in solchem Falle ebenfalls besser sein, das Instrument baldmög 
lichst ausser Gebrauch zu setzen und in Reparatur zu gehen. Gewöhnlich zeigt dann die Untersuchung 
durch den Uhrmacher, dass die Spiralfeder von Rost angegriffen ist, ein Uehelstand, welcher sich im An 
fangsstadium noch verhältnissmässig leicht beseitigen lässt- Bleibt dagegen das Chronometer unter diesen 
Umständen im Gange, so kann in Folge der schwingenden Bewegung ein Zerspringen der Spiralfeder eintreten. 
Es ist begreiflicherweise nicht möglich, ein für allemal zahlenmässig die Gangschwankungen oder Gang 
veränderungen anzugeben, bei welchen man das Vorhandensein der oben erwähnten Schäden vermuthen darf. 
Bei einer solchen Beurtheilung ist das bisherige Verhalten des Instruments wesentlich mit in Betracht zu 
ziehen. — Um indessen hier einigen Anhalt zu bieten, möge bemerkt werden, dass hei guten Chronometern 
andauernde Gangschwankungen von durchschnittlich mehr als 1 Sekunde (von einem Tage zum andern) zu 
der Annahme einer wesentlichen Störung im Mechanismus und dem Ausserdienststellen des Chronometers 
berechtigen. Ebenfalls wird man, wenn der Gang andauernd täglich um mehr als 0?16 in retardirendem 
Sinne weitergeht, sich also innerhalb eines Monats um 4 bis 5 Sekunden ändert, starke Rostbildung an der 
Spirale zu vermuthen haben und das Instrument ablaufen lassen. 
§ 39. Nach der übereinstimmenden Ansicht aller Fachmänner muss als Regel festgehalten werden, dass 
das Chronometer etwa alle 3 Jahre von einem tüchtigen Fabrikanten gereinigt und mit Oel versehen wird. 
Für die Konservirung des Instrumentes ist es jedenfalls von Vorthei], wenn eine solche Durchsicht ausgeführt 
wird, bevor das Chronometer seihst durch minder gutes Verhalten daran erinnert; denn es wird, abgesehen 
von dem bereits oben besprochenen Yersclileiss der Zapfen, auch die Spiralfeder durch ein zu langes Hin 
ausschiehen des Reinigungs-Termins stets wesentlich an Güte einbiissen. Der Grund hierfür ist folgender: 
Wenn die Schwingungs - Amplitude der Spirale in Folge des Dickwerdens der Oelmasse und der Aufnahme 
fester Partikelchen in dieselbe sich verringert, wird sich ganz allmählich die Lagerung der Massentheilchen 
der Spirale diesen reduzirten Schwingungen anpassen. Diese Anordnung wird nach der Reinigung, wenn 
die Spirale wieder ihre normale Schwingungsweite angenommen hat, gestört werden; die Lagerung wird sich 
eben der neuen Bewegung anpassen müssen. Es ist nun einleuchtend, dass diese Veränderungen in der 
Anordnung der Massentheilchen auch Veränderungen der Elastizität der Spirale und mithin der Chronometer 
gänge im Gefolge haben müssen. Ausserdem werden solche gewaltsame Veränderungen ganz besonders dazu 
beitragen, die „Lebensdauer“, d. h. die Zeit der Gebrauchsfähigkeit der Spirale wesentlich zu verringern. 
In Bezug auf diesen Punkt äussert sich der als praktischer Uhrmacher, wie als Schriftsteller auf seinem 
Gebiete gleich berühmte Claudius Saunier in folgender Weise: „Nach einer gewissen Anzahl von Jahren des 
Ganges werden die Chronometer - Spiralen gewöhnlich unbrauchbar; ihre elastische Wirkung hat sich ver 
schlechtert, ohne dass man eine erkennbare Ursache hierfür angeben kann. Man vermuthet allgemein, dass 
diese Verschlechterung einer Art Entkräftung (enervation) der Materie zuzuschreiben ist.“ (Saunier, Traité 
d'Horlogerie, § 1408.) 
In der That tritt, in Uebereinstimmung mit obigen Darlegungen, nach jeder Reinigung zunächst ein 
schwankender und darauf für einige Zeit ein accelerirender Gang des Chronometers auf. Auch ist es nun 
mehr erklärlich, weshalb sich gerade nach einer verspäteten Reinigung unter Umständen eine vollständige 
Unbrauchbarkeit der Spirale ergehen kann; die „Entkräftung“ des Materiales ist eben so weit fortgeschritten, 
dass eine so grosse Veränderung in der molekularen Lagerung, wie nach einer verspäteten Reinigung er 
forderlich ist, nicht mehr ausgeführt werden kann, ohne dass die Feder ihre wesentlichste Eigenschaft, die
	        
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