T)r. C. Stecliert: Das Marine-Chronometer und seine Verwendung in der nautischen Praxis.
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Es ist nun von vornherein klar, dass im allgemeinen diese 6 Gleichungen durch die 3 Unbekannten y,
a und b nicht in aller Schärfe erfüllt werden können, weil erstens oben die höheren Glieder der Gangformel
vernachlässigt worden sind, und weil zweitens während der Untersuchungszeit noch andere unkontrolirbare
Einflüsse auf den Gang eingewirkt haben. Würde man z. B. die 3 Unbekannten aus den 3 ersten Gleichungen
berechnen, so würden durch Einsetzung der erhaltenen Wertlie in die 3 letzten Gleichungen diese nur nahezu
erfüllt werden. Das Gleiche • würde eintreten bei jeder anderen Kombination von 3 Gleichungen, welche
man zur Bestimmung der Unbekannten verwerthen könnte. Da nun keine der obigen Gleichungen vor den
übrigen einen Vorzug verdient, so muss für die Berechnung der Unbekannten ein solches Verfahren ge
wählt werden, bei welchem sämmtliche Gleichungen in gleichmässiger Weise Berücksichtigung finden. Die
für y. a und b ermittelten Werthe werden dann zwar im allgemeinen keiner der obigen 6 Gleichungen voll
kommen Genüge leisten, es wird aber auch keine Darstellung gegenüber den übrigen 5 eine besonders
starke Abweichung zeigen. — Aus den Lehren der Wahrscheinlichkeits-Rechnung hat man für solche Fälle
ein Rechnungs-Verfahren abgeleitet, welches mit dem Namen „Methode der kleinsten Quadrate“ bezeichnet
wird. Es soll indessen dieses strenge Verfahren hier nur theilweise zur Anwendung gebracht werden, weil
erstens die vollständige Darlegung desselben weitgehende theoretische Erörterungen nöthig machen würde,
und weil zweitens der mit der Anwendung des strengen Verfahrens verbundene Aufwand an rechnerischer
Mühe ein sehr bedeutender ist. In allen Fällen der nautischen Praxis kann man sich mit dem folgenden
abgekürzten Ausgleichungs-Verfahren begnügen, welches stets nahezu strenge Werthe liefert und verhältniss-
mässig wenig Rechnung erfordert. Dieses Verfahren soll durch die Auflösung der obigen 6 Gleichungen
erläutert werden.
Um aus dem Gleicliungs - System C die erste Unbekannte y zu eliminiren, nehmen wir zunächst eine
Prüfung der Vorzeichen vor, mit welchen die Koeffizienten dieser Unbekannten in den einzelnen Gleichungen
behaftet sind. Befinden sich hier verschiedene Vorzeichen, so bewirkt man durch Multiplikation einzelner
Gleichungen mit —1, dass die Vorzeichen überall gleich werden. In unserem Falle ist keine Aenderung
nothwendig, da bei der Unbekannten / stets der Koeffizient +1 steht. Durch Addition der 6 Gleichungen C
erhält man nun
6y+15.1«+473.0& = 0
oder nach Division durch 6
;'+2.517« + 78.835 = 0 D.
Diese Gleichung D ist nach einander mit den einzelnen Koeffizienten zu multipliziren, welche im
Gleichungs-System 0 mit der Unbekannten y verbunden sind; hierauf sind diese 6 Gleichungen einzeln von
denjenigen des Systems C zu subtrahiren, so dass also die Unbekannte y überall fortfällt. — Im vor
liegenden Falle ist die Rechnung sehr einfach: wir haben nur die Gleichung D von jeder der Gleichungen
des Systems C zu subtrahiren. Hierdurch entsteht:
1.
+ 12.483 a +146.17 b =
+0.765
2.
+ 7.483« +
21.17 b =
+ 0.475
3.
+ 2.483« —
53.83 b =
+ 0.095
4.
— 2.517« —
78.83 b =
—0.205
5.
— 7.517« —
53.83 b —
—0.435
6.
— 12.417« +
19.17 b =
—0.695
Eine bequeme Kontrole für die Richtigkeit der numerischen Rechnung ergiebt sich hier — wie im
Folgenden — durch den Umstand, dass die Summe der positiven Koeffizienten von a und b gleich ist der
Summe der negativen Koeffizienten. Dasselbe gilt in Bezug auf die Grössen der rechten Seiten. Den mathe
matischen Beweis für die Richtigkeit dieser Kontrole wird Jeder selbst leicht ableiten können. Man erkennt
nun sofort, in welcher Weise die Elimination der nächsten Unbekannten (wir wählen jetzt b) *) auszuführen
ist. Nachdem man die Gleichungen 3, 4 und 5 mit —1 multiplizirt hat, ergiebt die Addition sämmtlicher
Gleichungen:
+ 15.100« + 373.00& = +1.090
oder nach Division durch +373.00
(8.6073)« + (0.0000) b = (7.4657).
*) Die Begründung für diese Wahl möge hier, weil sie zu weitgehende Erörterungen nöthig machen würde, unter
drückt werden.