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Aus dem Archiv der Deutschen See warte — 1S94 No. 3 —
Durch diese Betrachtung gewinnt man ein vorzügliches, nur der Methode der Standlinien eigenes
Mittel, den Fehler der Höhe in der Karte anschaulich zu machen. Es empfiehlt sich daher besonders bei
den aus Höhenbeobachtungen während der Nachtzeit gewonnenen Standlinien, je nach Beschaffenheit der
Kimm und dem nach derselben zu gewärtigenden Höhenfehler auf jeder Seite der gefundenen Standlinie
eine Parallele zu derselben zu ziehen, deren Abstand gleich jenem Fehler ist. Die wirkliche Standlinie
liegt dann in dem von diesen Parallelen begrenzten Gürtel. In Beispiel 2 und 4 ist dies durch die punktirt
gezeichneten Linien geschehen. In No. 2 war der Fehler in der Höhe auf 0l5, in No. 4 auf 2' geschätzt.
§ 8. Einfluss eines Fehlers im Chronometerstand. Die im vorigen auseinandergesetzte Konstruktion
führt nur dann zu einer U eher ein Stimmung mit der ■wirklichen Standlinie, wenn der Chronometerstand richtig
ist. Ein Fehler im Chronometerstand wird dagegen für jeden berechneten angenäherten Ort die Länge um
ebensoviel fälschen, d. h. die Standlinie selbst in der Richtung Ost—West parallel mit sich selbst verschieben.
Wenn der wirkliche Chronometerstand die Greenw. Zeit grösser ergiebt, als der zu Grunde gelegte, so liegt
die wirkliche Standlinie um den Betrag des Fehlers im Chronometerstand weiter nach West, im entgegen
gesetzten Falle nach Ost. Will man auch diesen Einfluss in der Karte veranschaulichen, so muss man von
einem angenäherten Orte aus diesen Fehler nach Ost oder West als Längenunterschied abtragen und durch
diese Punkte Parallele zur Standlinie ziehen. Versieht man dieselben, um auch dem Höhenfehler Rechnung
zu tragen, nach der Vorschrift von § 7 mit den diesem Fehler entsprechenden Parallelen, so erhält man
denjenigen Gürtel, in welchem man die wirkliche Standlinie parallel mit den eingezeichneten erwarten darf.
In unsern Beispielen sind die den Fehler im Chronometerstand berücksichtigenden Parallelen durch
gestrichelte Linien angegeben. Im ersten Beispiel ist derselbe zu ±8% im zweiten zu ±10 s , im dritten zu
+ 1" 1 und im vierten zu 0 angenommen.
B. Zwei Höhen beobachtet.
§ 9. Konstruktion zweier Sehnen, Wenn man bei der Ansegelung an eine Küste nicht nur die Richtung
der Standlinien, sondern den auf derselben befindlichen wahren Schiffsort selbst bestimmen will, so bedarf
man dazu der Höhe eines zweiten Gestirns. Konstruirt man hierfür ebenfalls die zugehörige Sehne, so
steht das Schiff im Schnittpunkt dieser beiden Standlinien, vorausgesetzt, dass die beiden Höhen gleich
zeitig oder nahezu gleichzeitig gemessen worden sind. Ist dies nicht der Fall, so verschiebt man die erste
Standlinie parallel mit sich selbst in der Richtung des gesegelten Kurses um den Betrag der gesegelten
Distanz, indem man von einem Punkte der Standlinie rechtweisenden Kurs und Distanz absetzt und durch
den Endpunkt eine Parallele zieht. Der Schnittpunkt dieser Parallelen mit der zweiten Standlinie giebt den
Schiftsort bei der zweiten Beobachtung an.
Will man hierbei den Einflüssen der Höhenfehler Rechnung tragen,
so ergiebt sich als dasjenige Gebiet, innerhalb dessen der wahrscheinliche
Schiffsort liegt, ein Parallelogramm, dessen Seiten die dem Höhenfehler ent
sprechenden zu den Standlinien parallel gezogenen Geraden sind.
Es bedarf wohl kaum der besonderen Erwähnung, dass ein Felder im
Chronometerstande dies Parallelogramm ebenfalls nach § 8 in der Richtung
Ost—West verschieben kann.
§ 10. Anwendung auf das Zweihöhenprohlem. Man kann den Be
trachtungen von § 9 dadurch eine Erweiterung geben, dass man die Sum-
ner’sche Methode auch auf hoher See zu Rathe zieht, wenn aus zwei
Höhen Breite und Länge gefunden werden soll. Eine Ausnutzung der beiden Beobachtungen nach § 9 würde
als wirklichen Schiffsort den Schnittpunkt der beiden Standlinien ergeben, dessen Breite und Länge dann
aus der Karte entnommen werden könnte. Indessen lassen verschiedene Gründe hier ein etwas anderes
Verfahren zweckmässiger erscheinen. Erstens kommt es hier nicht auf eine möglichst genaue Festlegung
der Standlinien selbst an, sondern nur auf den Schnittpunkt derselben; aus diesem Grunde kann hier an
Stelle der Konstruktion die Rechnung treten, welche aus der Lage der angeuäherten Oerter auf jeder Stand
linie zu einander die Breite und Länge des Durchschnittspunktes durch eine einfache Proportion finden
lehrt, und dieser Weg erscheint um so empfehlenswerther, da auf hoher See der kleine Maassstab der Karte
von einer Konstruktion viel geringere Genauigkeit erwarten lässt. Zweitens fällt hier der Einwand fort,
welcher in § 2 gegen den Ersatz der Kurve gleicher Höhen durch die Tangente erhoben wurde und