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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1893 No. 7 —
waren beide Faktoren wirksam das Eindringen dieser Winde in das Gebiet der Bai zu veranlassen, wo Druck
und andere meteorologische Verhältnisse gleichförmig waren). Wenn diese mächtige vordringende feuchte
Luftmasse über der südlichen Hälfte der Bai erscheint und nordwärts eilt, (wo die Luft vorher in einem
fast ruhigen Zustand war), und sich Bahn bricht, so ist sie in grosser innerer Bewegung (there is much
internal commotion). Böen sind häufig, Regen fällt in Strömen, und wenn diese Winde mit dem böigen
Wetter ein wenig in der Bai vorgerückt sind und etwa 10°—11° N. Br. erreicht haben, werden Winde und
Regenfälle häufig intensiver, die so eingeleitete Störung wird allmählich lokaler und konzentrirter und kann
sich gelegenllich zu einem cyklonalen Sturm entwickeln.“ Entstehen solche Wirbel vor Mitte Mai, so
pflegen sie gegen die Madrasküste zu wandern, später gehen sie gewöhnlich nach NW gegen die bengalische
oder Orissaküste. In seltenen Fällen gehen sie nordwärts und biegen dann gegen NE um und treffen, wie
die Akyab-Cyklone, die Küste von Arakan.
Eine ähnliche Anschauung wie Eliot vertritt W. Dallas in seinem Memoir on the winds and mon-
soons of the Arabian Sea and North Indian Ocean, Seite 40 ff. Er beschreibt die mittlere Luftdruck-Ver-
theilung in den Monaten März bis Mai über dem arabischen Meer und konstatirt, dass hier (ähnlich wie
über der Bai von Bengalen) während jener Monate ein mit der Zeit an Flöhe abnehmendes und zusammen
schrumpfendes Gebiet hohen Luftdrucks liegt, dessen Existenz überdies auch durch die geringe relative
Feuchtigkeit der Luft erwiesen wird. Das Luftdruck-Maximum hält sich hier länger als über der Bai, denn
auf der Luftdruckkarte des Mai tritt es noch deutlich in 8°—12° N. Br. und 55°—62° 0. L. hervor. „Das
Zusammenfallen der Gebiete geringer Feuchtigkeit und hohen Druckes giebt Anlass zu der Annahme, dass
hier ein absteigender Luftstrom, auch während der vorhergehenden Monate, auf dem Gebiet zwischen Afrika
und Indien besteht. Wenn dem so ist, so kann natürlich kein Zusammenhang zwischen den Luftströmungen
der nördlich und südlich davon gelegenen Gebiete des Meeres stattfinden, so dass die südlichen und süd
westlichen Winde, welche während dieses Monats an den Küsten des arabischen Meeres wehen, einer Zir
kulation angehören, deren absteigender Theil über diesem Gebiete relativer Trockenheit, deren aufsteigender
Theil über der Landfläche des südlichen Asiens liegt. In diesem Falle ist die von diesen Winden getragene
Feuchtigkeit nur die, welche sie auf ihrem Wege von dem absteigenden Zweige bis zur Küste aufgenommen
haben. Es ist die Sprengung dieser Luftdruckbarriere (the bursting of this barrier) durch die verstärkte
Kraft des transäquatorialen Stromes und die Verkettung dieses Stromes mit den schon vorher wehenden
südwestlichen Winden, welche den markanten Wechsel des Wetters herbeiführt, der über dem westlichen
Indien während des Juni vor sich geht, und dieser Ursache muss auch die Schroffheit und Schnelligkeit des
Wechsels zugeschrieben werden.“
Blanford hat sich u. a. in seinem grossen Werke, welches den Regenfall Indiens behandelt, über
dies Phänomen geäussert.
Auch er betont zunächst, dass die im Frühjahr an den Küsten Vorderindiens auftretenden Seewinde
nicht allmählich in den starken und regenreichen Sommer-Monsun übergehen, sondern dass dieser durch
einen katastrophenhaften Witterungs-Vorgang, welcher nordwärts fortschreitet, eingeleitet wird. Nahe dem
Aequator liegt ein Gebiet, über welchem die Luft stets mit Wasserdampf gesättigt ist, welcher ihr durch
den SE-Passat zugeführt wird. Wahrscheinlich besteht die Ursache des Monsun-Ausbruchs darin, dass
gelegentlich aus jenem Gebiet gesättigte Luft nach dem Gebiet niedrigen Luftdrucks, welches sich im Laufe
des Frühjahrs über Nordindien entwickelt hat, fortzuströmen beginnt. Einmal entfesselt wird die Energie
dieser Bewegung durch die Kondensation des eigenen reichlichen Wasserdampfes unterhalten, indem die
latente Wärme frei wird. So lange die Aspiration der Luft nach dem Lande gering ist und sich auf die
unteren Luftschichten beschränkt, welche unmittelbar durch die Verdunstung an der Erdoberfläche gespeist
werden, ist die Luftbewegung schwach und unbeständig. Erst wenn der barometrische Gradient gross genug
wird, das grosse Reservoir latenter Energie zu erreichen, welche durch die Verdunstung in der SE-Passat-
zone unterhalten wird, erstarkt der Luftstrom und wird beständig und bildet den Sommer-Monsun. An
einer andern Stelle sagt Blanford: „It is very likely that, as Mr. Fdiot remarks .. ., it is the linking up
(Verkettung) of the wind currents on the opposite sides of the equator that determines the rush of saturated
air that ushers in the monsoon rains.“ (Seite 73).
Die Ansichten aller drei Forscher stimmen darin überein, dass das erste Auftreten von Seewinden an
den indischen Küsten wenig oder gar nichts mit dem Ausbruch des Monsuns zu thun habe, dass dieser viel
mehr mit einem Vordringen oder Vorschieben feuchter Luftmassen von Süden her erfolge und dass gleich