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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1893 No. 7 —
sommer über dem südwestlichen Theil des Ozeans (in ca. 30° S. Br. und 60° 0. L.) liegt und in den süd
lichen Tropen ein frischer bis starker Passat (Stärke 5—6) aus der Sichtung SE—ESE dem Aequator
zuweht, verschiebt sich das Maximum im Herbst, an Intensität abnehmend (August 770 mm, November 765 mm),
nach Osten und erreicht im November ungefähr den 90. Grad 0. L. (30° S. Br.). Im Februar findet sich
der höchste Druck bereits wieder weiter westlich (ca. 80° 0. L., 35° S. Br.) über der Mitte des Ozeans.
Die Verschiebung des Maximums nach Osten und seine Abnahme hat eine Drehung und Schwächung des
Passats zur Folge. Im Süd-Frühling und -Sommer ist seine Richtung in der Mitte des Ozeans ESE—E und
seine Stärke um einen Grad der Beaufortskala niedriger als im Südwinter. 1 )
Sobald nun im November das südliche Gehänge der vorhin erwähnten Depression bei ihrer Annäherung
an den Aequator verschwindet, erweitert sie sich zu einer (äquatorialen) Luftdruckfurche, deren Breite
durch den Abstand der mittleren Grenzen des NE-Monsuns und SE-Passats gemessen wird, denn diese
Grenzen bezeichnen das äquatoriale Ende der von dem südasiatischen bezw. südlichen Rossbreiten-Maximum
herabführenden, äquatorwärts geneigten Gradienten. Ziehen wir daher, um die Lage der Luftdruckfurche
zu bestimmen, die Tabelle auf Seite 11 zu Rathe, welche die mittleren Grenzen der Windgebiete enthält,
so erkennen wir, dass die Furche, welche im November zwischen 8° N. Br. und 5° S. Br. liegt, also eine
Breite von 13° hat, sich im Laufe der folgenden Monate langsam südwärts verschiebt, und demnach die
Wanderung der herbstlichen Depression der Bai fortsetzt, bis sie im Februar zwischen 3?5 N. Br. und 10?5 S. Br.
ihre südlichste Lage erreicht, ohne übrigens ihre Breite (13°—14°) und Tiefe (757—58 mm) erheblich zu ver
ändern. Darauf beginnt sie eine rückläufige Bewegung, welche sie bis zum April nach 6°N.Br. resp. 8?5 S. Br.
führt. Ihr weiteres Schicksal erfahren wir erst, wenn die derzeitigen atmosphärischen Verhältnisse der Bai
von Bengalen erörtert werden.
Die Bewegung der Luftdruckfurche in den sechs Monaten November bis April ist ein Abbild der
Bewegung der Sonne in der Ekliptik von den Herbst- bis zu den Frühjahrs-Aequinoktien. Beide Bewegungen
sind ursächlich mit einander verknüpft, denn die Furche bezeichnet dasjenige Gebiet, über welchem die
mittlere Temperatur der Atmosphäre (in einem Meridianschnitt) am höchsten ist, und die Lage dieses Ge
biets ist in erster Linie eine Funktion der Sonnendeklination. Daneben spielt aber die Natur der Erdober
fläche, ihr Verhalten gegen die Wärmestrahlung eine hervorragende Rolle, denn die Temperatur der Unterlage
ist maassgebend für die Temperatur der darüber lagernden Luft. Infolge der grossen Wärmekapazität des
Wassers ist eine ozeanische Unterlage in hohem Grade thermisch träge. Die Erwärmung desselben erfolgt
zu langsam, als dass das Gebiet grösster Erwärmung zu jeder Zeit des. Jahres unter jene Breitengrade
fallen könnte, unter welchen die Bedingungen für die grösste Erwärmung vorübergehend gerade am gün
stigsten sind. Deshalb hält sich auf tropischen, landfernen Ozeanen das G.ebiet der hochsten Meeres
temperatur das ganze Jahr hindurch in der Nähe des Aequators, weil hier im Jahresdurchschnitt
die Bedingungen für die Erwärmung am günstigsten sind, und das Ausmaass seiner jahresperiodischen Ver
schiebung ist ausserordentlich klein. In noch engere Grenzen ist die Bewegung der äquatorialen Luft
druckfurche eingeschlossen, da diese nicht mit dem Gebiete zusammenfällt, wo die Temperatur der
untersten Luftschicht, in der wir beobachten, am höchsten ist (im Vergleich zu nördlicher oder südlicher
gelegenen Orten), sondern mit dem Gebiete, wo die mittlere Temperatur der ganzen, darüber lagex-nden
Luftsäule die mittlere Temperatur der nördlich und südlich benachbarten Luftsäulen übertrifft. 2 ) Weil
aber zur Erzeugung eines solchen Temperatur-Ueberschusses aller atmosphärischen Schichten mehr Zeit
erforderlich ist, als zur Erzeugung eines Temperatur-Ueberschusses der untersten Luftschicht, so ist die
Bewegung des Gebiets der grössten Luftauflockerung noch schwerfälliger als die Bewegung des Gebiets der
höchsten Temperatur an der Erdoberfläche.
Aus diesen Gründen sehen wir auch die Luftdruckfurche, von der hier die Rede ist, von November
ab, wenn sie in die äquatorialen Breiten des indischen Ozeans vorgerückt ist, bis zum April eine Bewegung
ausführen, deren Phasen gegen die der Sonnenbewegung um 1—2 Monate verschoben und deren „Amplitude“
nicht grösser als etwa 5° ist.
*) Vgl. Segelhandbuch für den indischen Ozean (S. 44 ff., S. 522 f.) und die Luftdruck- und Windkarten des beigegebenen
Atlas, sowie die vom London Meteorological Office veröffentlichten „Charts showing the meau barometrical pressure over
the Atlantic, Indian and Pacific Ocean“. London 1887.
2 ) J. Hann, Handbuch der Klimatologie. Stuttgart 1883. S. 3871