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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1893 No. 7
Die ungleiche Vertlieilung der Beobachtungen über die Monate resultirt tlieils aus der um Februar in
den hinterindischen Häfen stattfindenden Reisverschiffung, zu der sich ein grosses Schiffsgeschwader sammelt,
theils aus der mittleren Vertlieilung der vorherrschenden Winde und ihrer Stärke. (Vgl. auch Tab. 32 d. Auh.).
Die Schiffe der deutschen Handelsmarine, welche diese Gewässer befahren, sind zum grössten Theil
sogenannte Reisfahrer. Mit Ballast oder Kohlen beladen treten sie im Spätsommer oder Herbst ihre Reisen
in den Heimatlihäfen an, durchsegeln alle Breiten des atlantischen Ozeans bis zum Kap und kommen, nach
dem sie in schneller Fahrt mit den „braven Westwinden“ den 80. Grad östlicher Länge in ca. 40° S. Br.
erreicht und in der Regel durch Sichtung der Inseln St. Paul oder Neu-Amsterdam den Gang ihres Chrono
meters kontrollirt haben, im Winter mit nördlichem Kurse über den 10. Grad S. Br. in unser Gebiet. Die
ersten zahlreicheren Beobachtungen werden in den äquatorialen Breiten im November gemacht, in den
folgenden Monaten mehrt sich die Zahl der Schiffe: die kohlenbeladenen, welche zuerst erscheinen, bringen
ihre Fracht nach Singapore, die in Ballast fahrenden gehen direkt nach den Häfen der burmanischen Küste,
wo sich im Februar auch das Singapore-Gescliwader sammelt. Von Anfang März ab pflegen die Rückreisen
angetreten zu werden, verspätete Schiffe liefern selbst für den Juni noch eine genügende Anzahl von Beob
achtungen, während im Juli und August jährlich nur etwa 2 oder 3 Schiffe diese Gewässer befahren. Die
Windverhältnisse, welche sehr wesentlich die Beobachtungszahl beeinflussen, sind in den Wintermonaten in
der Bai von Bengalen dem Fortkommen der nordwärts steuernden Schiffe sehr ungünstig. Der NE-Monsun
veranlasst solche Schiffe, entweder in weitem Bogen nach NW ausholend bei dem Winde die hinterindische
Küste zu gewinnen oder gegen den Wind östlich der Nicobaren und Andamanen aufzukreuzen.
(Das neue Segelhandbuch für den indischen Ozean, herausgegeben von der Direktion der Deutschen
Seewarte, Hamburg 1892, empfiehlt nach einer vergleichenden Untersuchung der Fahrzeiten die letztere
Route. S. 536).
Für die nach Singapore bestimmten Segler wird durch den NE-Monsun eine Verzögerung der Fahrt
in der Acheenstrasse (zwischen Acheen-head auf Sumatra und Grossnicobar) herbeigeführt. Im Dezember
und Januar ist hier die Zahl der Beobachtungen ausserordentlich gross. In den Monaten März und April
ist die Windstärke über dem ganzen Gebiet gering. Im März häuft sich ausserdem die Zahl der Beob
achtungen durch das gleichzeitige Ankommen der letzten und Abgehen der ersten Schiffe. Später gestalten
sich die Windverhältnisse für die Rückfahrt immer ungünstiger, der SlV-Monsun setzt im Mai ein, die ver
späteten Nachzügler werden gezwungen, zumal sie nach Osten hin wenig Raum haben, lange gegen den
Wind zu laviren, ohne viel an Länge und Breite im Laufe eines Tages gewinnen zu können. Wenn die
rückfahrenden Schiffe in etwa 10° S. Br. und zwischen dem 80. und 90. Grad 0. L. den SE-Passat erreicht
haben, steuern sie auf die Südspitze Afrikas los.
Wegen der kleinen Zahl von Beobachtungen, die auf nur wenigen Schiffen in den Monaten Juli und
August während der Jahre 1885—90 angestellt wurden, ist von einer Bearbeitung derselben abgesehen.
Nur die Windbeobachtungen beider Monate sind zusammengezogen und an einer Stelle der Arbeit berück
sichtigt. Die Zahl der Regentage und der Beobachtungstage wurde bei Berechnung der Tabelle 42 mit den
von Danckelman’sclien Zahlen vereinigt.
Der Gang der klimatologischen Untersuchung.
Der jahresperiodische Wechsel der Witterungserscheinungen, welcher Südasien und den nördlichen
Theil des indischen Ozeans der Kategorie der Monsungebiete zuweist, resultirt aus einem jahresperiodischen
Wechsel der Luftdruckvertheilung über Kontinent und Ozean. Von Jahr zu Jahr wandert ein Gebiet
niedrigen Luftdrucks, die jährliche Bewegung der Sonne zwischen den Wendekreisen nachahmend und
ursächlich damit verknüpft, zwischen dem nördlichen Wendekreise und dem 10. Grad S. Br. hin und her
und bestimmt in Wechselwirkung mit einem beständigen Luftdruckmaximum über den südlichen Ross
breiten und einem winterlichen Maximum über Asien den jährlichen Verlauf der Witterungserscheinungen
jenes Gebiets.
Weil sich auf Grund der Tabellen des Anhangs nur die ersten 6 Monate und für den südlichen Theil
des Gebiets ausserdem die letzten 2 Monate des Jahres einer eingehenden Untersuchung darbieten, so
scheint es am zweckmässigsten, den Gang der Untersuchung mit der W anderung des erwähnten bedeutungs
vollen Luftdruckminimums so zu verknüpfen, dass nach einer kurzen Schilderung der im Herbst bei der