Dr. Gerhard Schott: Oberflächen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer.
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ausgewählt und die Strömungs-Verhältnisse speziell im einzelnen Monat untersucht, wie dies auch schon
für die Bearbeitung des Indischen Ozeans von Seiten der Seewarte durchgeführt ist. Bei den zwischen
liegenden 8 Monaten konnte aus äusseren Rücksichten nur das zwischen 20° und 50° N. B. liegende Gebiet
zur Darstellung kommen und dies ist in den Kartons, welche die Hauptkarten enthalten, geschehen. Der
tropische Theil von 0° bis 20° B. ist zudem schon durch die 4 Hauptkarten genügend klar gestellt; für die
Kuro-shiwo-Gegend aber und die chinesische Küste war es sehr wünschenswerth, das Verhalten der Gewässer
von Monat zu Monat verfolgen zu können; es ergab sich in den Zeiten des Umschlages der Witterungs-
Verhältnisse öfters die Spanne eines Monats bereits als zu gross. Noch ist zu Vorstehendem zu bemerken,
dass die Auszüge aus den Journalen für alle Monate gleichmässig das ganze Gebiet umfassen; die ersten
Entwürfe der Karten sind gleichfalls für alle Monate in einem gleich grossen Maassstab (Mercatorkarte,
1:9275000 nach Laurie’s the coast of China, the Japan Islands etc. London 1890) gemacht.
Die Untersuchung wurde nach Eingradfeldern vorgenommen, um möglichst präzise Angaben machen
zu können; dabei wurde im Allgemeinen die Lage der Grenzen der während eines Etmales passirten Ein
gradfelder in den Journalen interpolirt unter Beachtung des gesteuerten Kurses und der zurückgelegten
Distanz; nur in Ausnahmefällen wurden zu genauer Ermittelung der Position die Kurse gekoppelt. Das auf
den beiliegenden Karten gewählte enge Gradnetz entspricht also durchaus der zu Grunde liegenden Genauig
keit und ist mit der Absicht gewählt worden, von Grad- zu Gradfeld die mittlere Wassertemperatur angeben
zu können. Für viele Gegenden, z. B. die Formosastrasse, wäre auch das Mittel eines Fünfgradfeldes voll
kommen werthlos gewesen.
Aus der Summe der in einem Eingradfeld vorhandenen Messungen der Oberflächen-Temperatur des
Wassers wurde zunächst das arithmetische Mittel genommen, ohne Beachtung der Anzahl der betheiligten
Schiffe. Indem aber natürlich die Sicherheit eines Mittelwerthes mit der Zahl der Schiffe wächst, wurde
die Zahl der in dem Feld gewesenen Schiffe auf den ersten Kartenentwürfen in die untere linke. Ecke ein-
getragen, rechts die Totalsumme der Beobachtungen, also z. B.
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Auf diese 2 Zahlen wurde nun bei
der Isothermen - Zeichnung gebührend Rücksicht genommen. Das Beste wäre gewesen, die Mittelwerthe
proportional der Anzahl der von dem einzelnen Schiff gelieferten Messungen zu berechnen, aber die hier
durch bedingte sehr bedeutende Vergrösserung der Ausrechnungsarbeit schien den möglichen Nutzen doch
nicht aufzuwiegen.
Alle Temperatur-Angaben sind selbstverständlich nach der lOOtheiligen Skala gemacht. Man wird sich
eine ungefähre Vorstellung von der wirklich grossartigen Thätigkeit der deutschen Seeleute machen können,
wenn hier angegeben wird, dass allein für das behandelte Gebiet nach einem Ueberschlag mehr als 71000 Mes
sungen der Wassertemperatur benutzt sind. In Wirklichkeit sind noch bedeutend mehr in dem Archiv der
Seewarte vorhanden, denn es wurden schon von No. 1000 des Eingangjournales der Seewarte rückwärts
die älteren Tagebücher grossentheils nur noch zum Ausfällen der Lücken benutzt.
Es erscheint nun geboten, kurz anzugeben, welchen Bedenken von grösserer und geringerer Bedeutung
die hier angewandte Methode unterliegt. Da wie oben angegeben, alle in ein Eingradfeld fallenden Beob
achtungen ohne weiteren Unterschied in die Tabellen eingetragen wurden, ein Schiff aber bei nur einiger
Fahrt während 24 Stunden mehrere Eingradfelder passirt, so sieht man, dass die tägliche Amplitude der
Temperatur in der Regel nicht einem und demselben Eingradfeld zufallen und dadurch unschädlich werden
wird, sondern dass im ungünstigen Falle ein Quadrat die hohen Tagestemperaturen erhält, das Nachbar
quadrat die kühleren Nachttemperaturen. Diese tägliche Schwankung ist nicht bloss im Sommer der höheren
Breiten ziemlich bedeutend, sondern auch zu jeder Jahreszeit in den Tropen viel grösser im Mittel, als ge
wöhnlich angenommen wird. Im Allgemeinen wird man aber hoffen dürfen, sobald nur das Feld von mehr
als einem Schiffe gekreuzt worden ist, dass dieser Fehler ziemlich eliminirt ist.
Dazu kommt die monatliche absolute Veränderlichkeit, sie wächst ziemlich gleichmässig mit der geo
graphischen Breite und erreicht in den Monaten grosser Veränderungen in den Verhältnissen der Gewässer,
also z. B. im Mai und November, ganz beträchtliche Werthe. Ein Schiff wird Anfang und Ende Mai östlich
von Nordnippon oder in der Japanischen See in der Regel total verschiedene Verhältnisse antreffen, die
Temperatur-Differenzen können sich bis zu 12° steigern. Dieser Umstand erschwert natürlich die Erlangung
von guten Mittelwerthen ausserordentlich, zumal diese nördlicheren Gewässer weniger befahren sind. Es
wurde, um dem Uebelstande abzuhelfen, in vielen solcher Fälle das Datum notirt.