No. 3
Oberflächen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer.
Yon Dr. ©erliard Schott.
Die Abgrenzung des Meeresgebietes, dessen Oberflächen-Temperaturen und Strömungen im Folgenden
behandelt sind, wurde so vorgenommen, dass dasselbe, wie aus den Karten zu ersehen ist, sich einerseits
vom Aequator bis 50° N. B. und andererseits von 100° bis 150° 0. L. erstreckt: es umfasst also, abgesehen
von den nördlichsten Theilen, die Ostasiatischen Gewässer in ziemlich weiten Grenzen, nämlich die
Chinasee, die Sulu- und Celebessee, die chinesischen und japanischen Küstengewässer, im Speziellen die
Formosastrasse, 1 ) das Gelbe und Japanische Meer und den offenen Stillen Ozean bis über den Meridian der
Bonin-Inseln hinaus.
Die südliche Begrenzung ist etwas willkürlich, wurde aber gewählt, weil die Binnengewässer südlich der
Linie für den Endzweck der Arbeit nur von geringer Wichtigkeit erschienen; ihre Mitberücksichtigung hätte
freilich den Anschluss an die Untersuchungen der Seewarte für den Indischen Ozean zu einem vollkommeneren
gemacht. Im Norden wurde der 50. Parallel als Grenze genommen, weil weiter polwärts das zur Verfügung
stehende Material sich als zu dürftig erwies. Im Osten endlich wurde nach näherer Erwägung der
150. Meridian 0. L. gewählt; es durfte aus äusseren Rücksichten die Arbeit nicht zu gross angelegt wer
den, auch reicht — von den nicht sehr häufigen Durchquerungen des nördlichen Stillen Ozeanes durch
deutsche Schiffe abgesehen — weiter östlich das vorhandene Beobachtungs-Material wiederum nicht recht aus,
endlich kann man diesen Meridian wohl als die ungefähre Grenze annehmen, von der an der Kuro-shiwo 2 )
aus dem Bereich des NE-Monsuns heraus in das Regime der nordpazifischen Winde aus westlichen Qua
dranten gelangt und damit in andere Verhältnisse.
Zum ganz überwiegenden Theile beruht die vorliegende Untersuchung auf den Beobachtungen von
264 deutschen (meist Hamburger) Segelschiffen, von denen aber einige mit mehreren Schiffsjournalen in
der obigen Zahl einbegriffen sind. Die an die Seewarte eingelieferten Tagebücher dieser Schiffe erstrecken
sich über die letzten 20 Jahre; doch gehen einige bis 1860 zurück, unter diesen sind auch eine Anzahl
Bände der berühmten Ahstract Logs Maury’s. Sehr grosse verdienstliche Beiträge lieferten — beispielsweise
— die Brigg „Minerva“, Kapt. Duhme, mit nicht weniger denn 80 einzelnen Reisen in jenen Gewässern
(1883—1885), ferner die Bark „Wega“, Kapt. Mahl, mit 22 Reisen (1877—1878), die Bark „Hans“, Kapt.
Le Moult, mit 21 Reisen (1877—1879), die Bark „Anton Günther“, Kapt. Steinbrügge, mit 16 Reisen (1883 —
1884), die Bark „Friedrich Perthes“, Kapt. Walter, mit 15 Reisen (1877—1878) und viele andere.
*) Wir benennen die ganze Breite des zwischen der chinesischen Küste und Formosa gelegenen Meerestheiles Foi'mosa-
strasse oder Formosakanal ohne Unterschied und unterscheiden nicht zwischen dem westlich und dem östlich der Pescadoren
gelegenen Theil; die englischen Seekarten führen nämlich in nicht übereinstimmender Weise dreierlei Bezeichnungen, Formosa
channel, Formosa strait und Pescadores channel. S. auch China Sea Directory, vol. III, 1884, p. 47, Anm.
2 ) Die vielfach erheblich schwankende Schreibweise der vorkommenden Kamen wurde mit einigen wenigen Ausnahmen
nach derjenigen geregelt, welche die hierfür in erster Linie maassgebenden deutschen Autoritäten befolgt haben, für China
F. v. Richthofen, für Japan J. Rein. Es wird, obwohl besonders der Seemann meist nur die englische Schreibart sieht,
doch Tshifu z. B. sofort mit Chefoo indentifizirt werden u. s. w. Bezüglich der zwischen Formosa und Japan gelegenen Inseln
ist zu bemerken, dass „Riu-kiu“ die japanische, „Lu-Chu“ die chinesische Bezeichnung ist; in unseren Atlanten hat sieh
vielfach „Liu-kiu“ eingebürgert.
Archiv 1891. 3.
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