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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1891 No. 3 —
Er erscheint infolge des sehr grossen Beharrungsvermögens des Kuro-shiwo deutlich auf unserer Karte
erst wieder im Januar. *)
Das Kuro-shiwo-System selbst besteht aus zwei Theilen, dem Formosa-Strom (zwischen Formosa
und Meiacoshima), der im weiteren Verlauf den eigentlichen Kuro-shiwo ausmacht, und der östlicher ver
laufenden Bonin-Strömung. Letztere ist besonders deutlich ausgeprägt im Herbst und Winter, im Herbst
östlicher verlaufend (östlich von Bonin-Inseln), im Winter westlicher (westlich von Bonin-Inseln). Im Früh
jahr und Sommer ist der Kuro-shiwo selbst so ausgedehnt, dass die Vereinigung beider Theile innerhalb
des hier behandelten Gebietes nicht stattzufinden scheint, sondern östlich von 150° 0. L.
Als wichtigstes Ergebniss ist die nunmehr durchaus gesicherte Thatsache aufzustellen, dass der
Kuro-shiwo (Formosa-Strom) östlich der Inselreihe Meiacoshima und Lu-Chu nicht geht, sondern sich erst
nach Passirung der Colnet- und van Diemen-Strasse ausbreitet.
Doch gehen auch südlicher, als die Colnet-Strasse gelegen ist, einzelne kleine Zweige warmen Wassers
in den offenen Pazifischen Ozean hinaus, dann aber mit Ost- bis Südost-Richtung. Siehe hierzu die
Figuren 7 u. 8 auf Tafel 7; man vergleiche auch die sehr treffende Behandlung grade dieser Frage in den
französischen Annalen der Hydrographie * 2 ), wo allerdings auf Grund nur einer Reise das gleiche.Resultat
erzielt wird. Manchmal sind, besonders in den Sommer - Monaten, östlich der Inselreihe westliche Ver
setzungen beobachtet worden, was auf eine vom Hauptstrom ausgehende ansaugende Wirkung schliessen
lässt. 3 )
Die Anwendung dieser Thatsachen auf die Wahl der Segelrouten bleibt anderweitigen Arbeiten Vor
behalten. Im Allgemeinen ist schliesslich zu bemerken, dass wir dergestalt eine ganz ungefähre Breite des
Kuro - shiwo erh alten:
1) Zwischen Formosa und Meiacoshima nicht ganz 100 Sm.,
2) auf 30° B. vor den Strassen nach Osten schwankend zwischen 200—260 Sm., darauf folgt das Hin
durchdrängen durch die Strassen und dann die gewaltige Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung,
8) im Winter
unter
133° L.
etwa 250 Sm.
140° L.
330
4) im Frühling
n
133° L.
»
300
?>
140° L.
5J
420
V
5) im Sommer
» .
133° L.
5J
300
n
n
140° L.
bis
500
n
6) im Herbst
»
133° L.
etwa 300
n
140° L.
JJ
400
V
Es erübrigt noch die viel diskutirte Frage nach der Beständigkeit und Geschwindigkeit des Stromes
zu berühren:
Sehr häufig wird die ausserordentliche Abhängigkeit des Stromes vom Winde betont, seine leichte
Veränderlichkeit infolge von Aenderungen der Winde.
Wir gestehen, dass wir uns etwas skeptisch zu letzterem Punkte verhalten; im Besonderen die Ver
setzungen südlich von 0 glauben wir als ein in der Natur des Stromes und seines Vordringens durchaus
begründetes und nothwendiges Element erwiesen zu haben. 4 ) Die Versetzungen südlich von 0 unter dem
Meridian von Oshima. sind sogar die Regel in den Monaten des NW-Monsuns.
Der Strom schreitet grade wie ein Strom des Festlandes nicht in grader Linie vor infolge der an
seinen Grenzen wehenden NW-und NE-Winde; viele „Unregelmässigkeiten“ kommen auch auf Rechnung des
in den einzelnen Monaten verschieden ausgebildeten Neerstromes dicht unter Land.
Thermisch ist jedenfalls die Kontinuität des Stromes durchaus erwiesen und aus den Karten zu
entnehmen.
’) pag. 39 u. 40.
2 ) Paris 1879, pag. 149 ff.
s ) Siehe die Reise der „Minerva“, pag. 34.
4 ) pag. 9 u. 10 und Beispiele pag. 27 u. 34.