Dr. Gerhard Schott: Oberfläehen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer.
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lieh von Shanghai an der chinesischen Küste kann hierbei leicht ein Aufstau des Wassers zu Stande kommen
und damit ein leichter nördlicher Neerstrom, der etwa unter 36V2° B. wieder nach SO einkurvt in die südlich
geführte Trift.
Hat der Wind in diesen beiden Monaten (besonders im Oktober) schon sehr nach N und NW geholt,
so wird natürlich weniger Aussicht sein, diesen nördlichen Strom zu treffen und er wird von November an
überhaupt verschwinden; S. M. Kbt. „Wolf“ (K. S. J. No. 680) beobachtete z. B. bereits Anfang September 1886
zwischen Shanghai und 32° 30' auf 123° 19' eine Versetzung S18° W 25 Sm. im Etmal, bei N- bis NE-Wind 5—6.
Mit grösserer Sicherheit ist eben auf diesen Neerstrom erst nördlicher zu rechnen; es scheint aber
nach Allem angezeigt, auf Routen von Süden nach dem Golf von Pe-tshi-li im September
und Oktober sich lieber westlich von 124° L. zu halten als östlich.
Diese Darlegung (s. Fig. 6 auf Taf. 7) setzt voraus, dass der in das Gelbe Meer eindringende Zweig des
Kuro-sbiwo (Gotö-Quelpart-Strömung) nicht weit gelangt und bald zurück in das südlich setzende Wasser
biegt: in der That ist er auch durch etwaige Ausbuchtungen der Isothermen kaum angedeutet.
So traf Kapt. Duhme von der „Minerva“ (No. 2429), von Hongkong nach Tshifu, im Oktober 1885,
nachdem er 30° B. auf 126° L. geschnitten und von da einmal wohl des Windes (NW) wegen, sodann aber
wahrscheinlich auch, um günstigen Strom zu finden, noch weiter östlich abgehalten hatte, nicht nur keinen
nordwestlichen Strom, sondern erst gar keinen, dann aber südwestlichen Strom. Er bemerkt auch im
Reisebericht 1 ), dass andere Schiffe, welche zur selben Zeit zwischen 29° und 30° B. sich wieder der chine
sischen Küste genähert und dann soweit wie möglich nach West sich gehalten hatten, erheblich schnellere
Reisen gehabt haben, und empfiehlt daher diese letztere Route für die Anfangs - Periode des nördlichen
Monsun. Wir fügen dem nur hinzu, dass die Annäherung an die Küste mit Vortheil erst
nördlich von 80° B. in der Regel erfolgen dürfte.
Im Japanischen Meere sind die Veränderungen nicht so tiefgreifend; doch dringt das kalte Wasser
des „Amur-Liman“ weiter südwärts vor als im August, während auf der Ostseite der See das sehr steile
Ansteigen der Isothermen nordwärts den warmen Tsushima-Strom grade im September sehr gut verfolgen lässt.
Die Oktober-Karte ist für die Japansee unbefriedigend, es lag zu wenig Material vor, da die Schifffahrt
schon jetzt schnell abnimmt.
So kann auch leider nicht ganz bestimmt eine Erklärung gegeben werden für das von Hann gefun
dene höchst interessante Faktum, dass „Nemuro (an der NO-Küste Yezo’s) eine ausserordentliche Verspätung
der Sommer-Temperatur zeigt, indem die Temperatur-Differenzen Nemuro-Hakodate und Nemuro-Sapporo
(im Innern Yezo’s) in allen Jahren vom September zum Oktober einen plötzlichen Sprung zeigen: Nemuro
wird plötzlich wärmer im Oktober und bleibt so im November und Dezember.“ 2 )
Die Karten zeigen immerhin soviel, dass der intensiv kalte Strom erst im Januar wieder innerhalb
unseres Gebietes auftritt und es mag so der hoch ozeanische Charakter Nemuro’s — denn etwas anderes
bedeutet doch das erwähnte Faktum nicht — durch den noch bis in den Winter hinein fühlbaren Einfluss
des Kuro-shiwo zu erklären sein; Sapporo dagegen liegt im Innern der ein ganz kontinentales Klima
zeigenden Insel Yezo und Hakodate ausserhalb des Bereiches der durch die Tsugar - Strasse setzenden
warmen Strömung.
Die Isothermen des Kuro-shiwo-Gebietes schliesslich zeigen schon von September an wieder den
nordöstlichen Verlauf des Stromes und lassen den höchst interessanten Rückgang desselben verfolgen.
Hierzu müssen aber nothwendig auch der November und Dezember hinzugezogen werden.
§ 8. November.
Im Oktober erreicht die 20°-Isotherme den 40. Breitengrad, im November aber schon nur 37° B. an
beschränkten Stellen, im Dezember den 34. Parallel, im Januar den 31? (von einer kleinen höher gelegenen
Stelle abgesehen), im Februar ist die mittlere Lage der Isotherme südlich von Japan auf 28° B.: wir erhalten
also in Bezug auf den Wärme-Rückgang ein ganz ungefähres Mittel von 3 Breitegraden pro Monat,
welche die einzelnen Isothermen rückwärts passiren.
’) Siebe hierzu Annalen der Hydrographie 1886, pag. 375.
-) Petermann’s Mittheilungen 1888, pag. 294.