Dr. Gerhard Schott: Oberflächen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer.
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Im Gelben Meere sahen wir bereits im Juni 1 ) die nördlichen Versetzungen besonders hervortreten,
jetzt haben dieselben die volle Oberhand und erstreken sich fast durch die ganze Breite des Meeres. Die
zahlreichen Fahrten in diesem Monate lassen hierüber keinen Zweifel, sodass Beispiele nicht nöthig sind.
Der Abfluss nach Süd, der noch im Juni in der Mitte der See fühlbar war, ist jetzt selbst dort nicht
mehr zu finden und es fragt sich nur, wo er bleibt. Wir müssen annehmen, dass er ganz westlich sich
hält, dicht an Kap Shantung vorbei und dann über das Gebiet der grossen Sande nach Shanghai zu: so
wurde die schon öfters genannte „Minerva“ (S. S. J. No. 2230) am 4. und 5. August 1884 zwischen 34° 9'
auf 122° 15' und 33° 18' auf 122° 11' versetzt nach S14° W 54 Sm. im Etmal. Das Wasser fliesst dann noch
nördlich von Shanghai in die nördliche Trift wieder ein, um den Kreislauf von neuem zu beginnen.
Es ist wahrscheinlich, dass auch an der koreanischen Seite in ähnlicher Weise Wasser südwärts fliesst
und dann in den Strom nach der Japansee hin einmündet. In der Breite der Linie Nagasaki—Shanghai
ist aber überall auf nördliche Versetzung zu rechnen, die kräftiger im Osten, schwächer nach der chinesischen
Küste zu ist. 2 )
In der Japansee endlich ist das schon von der April-Karte an den Anfängen nach zu verfolgende Vor
dringen der warmen Tsushima-Strömung nach NNW wie nach Nordost vollkommen durchgebildet und das
Strömungsbild gegen dasjenige des Winters ganz verändert.
Schon die ganze Breite der Korea-Strasse wird von einem starken NO-Strom durchsetzt, also auch
der zwischen den Tsushima-Inseln und Korea liegende Tlieil der Strasse: in diesem westlichen Theil beob
achtete beispielsweise S. M. Kbt. „Iltis“, vom 4. zum 5. August 1882 Strom N35°0 36 Sm. in 13 Stunden,
also eine gewaltige Geschwindigkeit. 3 )
Auf die Thatsache des ferneren Vordringens von warmem Wasser auch nach NNW legen wir Gewicht,
weil dies noch gar nicht bisher gewürdigt worden ist. Die Isothermen ergeben es, und um entsprechende
Erfahrungen anzuführen, so sei erwähnt, dass die D. Bark „Hans“, Le Moult, im August 1878 von Wladi
wostok nach Tshifu (zwischen 131° und 133° L. südlich gehend) bis zur Korea-Strasse stets nördliche Ver
setzungen (schwankend zwischen N21°W undN82°0) hatte mit einem 24 stündlichen Maximum von 30 Sm. ;
nur einmal auf 40° 16' und 130° 50' wurde Strom notirt S35°W 13, offenbar ein Neerstrom längs der
asiatischen Küste. Der Dampfer „Tai-chong“, Duhme, (D. J. No. 1491) beobachtete sogar noch nördlich von
Wladiwostok auf 43° 5' und 135° 11' Nordsti'om 10 Sm. am 12. August 1889.
Die starke Versetzung nach S56°W 51 Sm. in 48 Stunden, welche S. M. S. „Hertha“ im August 1875
beim Warten wegen Nebels in der Bucht vor Wladiwostok erlitt, sind wir geneigt auf Rechnung einer
kräftigen Neerströmung zu setzen. Die „polare“ Liman-Strömung Schrenck’s (ein eigentlich wenig passender
Ausdruck) keilt sieh deutlich in der Weise, die wir schon mehrfach angetroffen haben, mitten zwischen beide
warmen Zweige der Tsushima - Strömung ein, bespült aber nördlich von 43° B. in der Regel die asiatische
Küste, wo häufig im Sommer Nebel beobachtet werden.
Als ein Theil des warmen östlichen Strömungs-Armes entweicht dann der Ueberschuss an Wasser
durch die La Perouse-Strasse.
Es liegen in den „Annales Hydrographiques“ 4 5 ) französische Beobachtungen aus dem August vor, die
diese unsere Auffassung vollständig bestätigen: Nach gleichzeitigen Beobachtungen an Bord der Kriegsschiffe
„Turenne“ und „Primauguet“ im August 1886 nimmt de Montbrun eine Theilung des Tsushima-Stromes in
zwei Theile an, welche den Konturen von Japan und Korea folgen; es heisst da: „la branche occidentale
semblerait contourner la baie de Broughton (bei P. Lazaref), puis le golfe de Pierre-le-Grand (bei Wladi
wostok), avant de s’infléchir vers l’Est sous l’action du courant polaire.“ Auch fand Gibory
an Bord des „Turenne“ im Juli 1887 auf der Fahrt von Hakodate nach Wladiwostok keine polare Strömung,
was gut mit unserer Karte des Juli stimmt. 6 ) Die Schrenck’sche Liman-Strömung ist eben jetzt weiter
nördlich zu suchen. —
*) pag. 29.
2 ) cf. Bericht von S. M. Kbt. „Cyclop“ vom August 1878 in Annalen der Hydrographie, 1879, p. 150. Siehe auch die punk-
tirte Linie auf der August-Karte.
3 ) Annalen der Hydrographie, 1882, jrag. 704.
4 ) Paris 1886, pag. 418.
5 ) Annales Hydrographiques, Paris 1887, pag. 240.