Adolf Schmidt: Mathematische Entwickelungen etc.
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Sind die Polabstände Vi, v%. . .i^+i somit (bis auf die Bedingung, dass sie im ersten Falle die
Determinante der Gleichungen (25) zum Verschwinden bringen müssen) willkürlich, so liegt es doch im
Interesse einer möglichst genauen Darstellung der Funktion auf der ganzen Erdoberfläche, sie nicht gar
zu ungleichmässig zwischen 0 und n zu wählen. Am vortheilhaftesten ist es, wie Neumann gezeigt hat,
wenn man für sie die q Wurzeln der Gleichung
(27) Pi (cos v) = 0
annimmt, wobei q eine gerade oder ungerade Zahl sein darf. In diesem Falle lässt sich die Entwickelung
von X weiter fortsetzen, indem gleichfalls nach den Formeln (26) alle Koeffizienten berechnet werden
können, in denen die Summe der beiden Indices kleiner als q ist. Man erhält also hierbei eine Entwicke
lung, welche mit einem bestimmten Werthe nicht von n, sondern von (n+m) abbricht.
Der wesentliche Vortheil von Neumann’s Methode besteht darin, dass sie gleich dem ersten auf der
Auswerthung der Integrale beruhenden Verfahren, mit dem sie übrigens in engem Zusammenhänge steht,
die einzelnen Koeffizienten unabhängig von einander ergiebt. Man kann daher, wenn die Anzahl der
benutzten Parallelkreise sehr gross ist, die Reihen auch an einer früheren Stelle abbrechen, als durch jene
Anzahl bedingt wird, ohne dass dadurch die ersten Koeffizienten geändert würden. Und man kann andrer
seits, wenn sich die anfangs gewählte Ausdehnung der Reihe ungenügend erweist, letztere mit geringer
Mühe fortsetzen.
Die gegebene Darstellung lässt als einen weiteren Vortheil dieser Methode erkennen, dass dieselbe
einen verhältnissmässig geringen Arbeitsaufwand verlangt. Sie macht allerdings die Auflösung eines Systems
von Gleichungen mit einer grossen Anzahl von Unbekannten nöthig; die gesetzmässige Bildung der Koeffi
zienten dieser Gleichungen erleichtert indessen die Auflösung beträchtlich. Führt man an Stelle der
Potenzen von cosv die Kosinus der Vielfachen von v ein, so kann man sich mit einigen Abänderungen der
von Weihrauch kürzlich gegebenen allgemeinen Formeln zur Berechnung der Unbekannten bedienen.*)
Günstig ist ferner der Umstand, dass dieselben Werthe der a v für sämmtliche Elemente verwendbar sind.
Bei der Anwendung auf die Untersuchung der erdmagnetischen Erscheinungen ist es zweckmässig,
die Funktionswerthe an den beiden Polen bei der Rechnung zu berücksichtigen, die Pole also in die Zahl
derjenigen Parallelkreise, auf denen die Funktion als gegeben angesehen wird, aufzunehmen. In Bezug auf
Xsinv und Ysinv, welche Grössen für v = 0 und v = n verschwinden, ist dies ohne weiteres möglich;
dagegen scheint es bei X, Y, Z unausführbar zu sein, da die Beobachtung dieser Elemente am Nord- und
Südpol wohl noch auf lange Zeit unmöglich sein wird. Indessen lässt sich, wie nachher gezeigt werden
soll, dieser Mangel ergänzen, und dies ist aus zwei Gründen nützlich. Erstens ist man alsdann nicht
gezwungen, das Gleichungssystem (25) doppelt — einmal mit den Werthen v = 0 und v = n, das andere
Mal ohne dieselben — aufzulösen. Zweitens werden die so erhaltenen Reihen mit grösserer Annäherung
die Stetigkeit der Richtung und Grösse der erdmagnetischen Kraft am Pole zum Ausdruck bringen, als es
sonst möglicherweise der Fall wäre.
Eine Bemerkung über die Berechnung von Xsinv und Ysinv muss hier noch ihre Stelle finden.
Wenn auch die Bedingung, dass beide für v = 0 und v — it den Werth Null besitzen, in die Gleichungen (24)
aufgenommen wird, so braucht dieselbe doch im Resultat nicht streng erfüllt zu sein — ausser wenn bei
q Parallelkreisen (mit Einschluss der Pole) die Entwickelung bis zu dem Gliede P 0 9-1 ausgedehnt wird.
Geschieht dies nämlich nicht, so kann sich die Entwickelung von der in den vorgeschriebenen Gleichungen (24)
ausgedrückten Darstellung um Kugelfunktionen von höherem Range, als die letzten noch berücksichtigten
sind, unterscheiden. Nun wird bei einer einigermaassen beträchtlichen Anzahl q die Reihe wohl stets früher
abgebrochen werden, und daher könnte es in der That geschehen, dass Xsinv, auf dessen Betrachtung ich
mich beschränken will, durch dieselbe für v — 0 und v = n nicht als verschwindend dargestellt würde.
Die Werthe, welche die Reihe statt dessen ergiebt, seien durch (0) und (jt) bezeichnet. Die beiden in den
0) — (tt)J , wofür
ich kurz s und d schreiben will. Nun ist es aber, wie früher hervorgehoben wurde, durchaus nöthig, die
*) Neue Untersuchungen über die Bessel’sche Formel und deren Verwendung in der Meteorologie. Von K. Weihrauch.
(Schriften, herausg. von der Naturf.-Ges. bei der Universität Dorpat. 1888.)
Gleichungen (7) auftretenden Summen würden damit bezw. gleich — |\o) + (n) und —1(