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Full text: 12, 1889

No. 3. 
Mathematische Entwickelungen zur allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus. 
Von Adolf Schmidt in Gotha. 
Vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert krönte Gauss das Werk, dessen wichtigste Grundlage 
er sechs Jahre früher in der Abhandlung „Intensitas vis magneticae ad mensuram absolutam revocata“ 
geschaffen hatte, durch seine „Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus“. Den wesentlichsten Theil dieser 
Arbeit, die eigentliche Theorie, hatte er schon seit langer Zeit ausgebildet; jedoch hatte sich die Anwendung 
auf den thatsächlichen magnetischen Zustand der Erde anfänglich wegen der unzureichenden Kenntniss 
eben dieses Zustandes als unmöglich erwiesen. Erst im Jahre 1838 wurde durch das Erscheinen von 
Sabine’s Karte der Totalintensität die erfahrungsmässige Grundlage der Theorie soweit vervollständigt, 
dass Gauss an die Durchführung der längst beabsichtigten und schon mehrmals vergeblich begonnenen 
Rechnung gehen konnte. Aber er selbst bezeichnete dieses Unternehmen nur als einen Versuch, von dem 
man wenig mehr als eine rohe Annäherung erwarten dürfe. In der That war ja auch das Beobachtungs 
material, das er verwenden konnte, noch sehr mangelhaft. Von ausgedehnten Gebieten der Erdoberfläche 
lagen gar keine, von anderen nur unzureichende, einander nicht selten widersprechende Messungen vor. 
Die brauchbaren Beobachtungen waren zum weit überwiegenden Theil noch mit den älteren Mitteln, an 
deren Stelle Gauss und Weber erst kürzlich vollkommenere Methoden und Instrumente gesetzt hatten, 
gewonnen worden, ein Umstand, der besonders bei den Intensitätsmessungen die Genauigkeit wesentlich 
herabsetzte. Dazu kam, dass sich die Messungen keineswegs auf einen und denselben Zeitpunkt bezogen, 
ohne dass die Möglichkeit gegeben war, eine Reduktion derselben auf eine bestimmte Epoche vorzunehmen. 
Der Einfluss der säkularen Variation musste somit unberücksichtigt bleiben; an eine Befreiung der 
Messungsresultate von der ihnen anhaftenden periodischen und unregelmässigen Schwankungen war natürlich 
noch weniger zu denken. Alle diese Mängel entstellen nicht nur die Karten der magnetischen Kurven, 
auf welche Gauss seine Rechnung stützte, sie störten auch die von ihm schliesslich zur Prüfung seiner 
Theorie durchgeführte Vergleichung zwischen den direkt beobachteten und den nach dieser Theorie berech 
neten Werthen der magnetischen Elemente. In Anbetracht dieser Sachlage musste der Ausgang jener 
Vergleichung als ein recht günstiger bezeichnet werden; blieben ja doch selbst die grössten Abweichungen 
hinter manchen Differenzen zurück, welche zwischen mehreren Beobachtungen an einem und demselben Ort 
gefunden wurden. 
Hatte somit die erste Anwendung der auf die Betrachtung des Potentials gegründeten Theorie zu 
einem befriedigenden Ergehniss geführt, so schien die Hoffnung berechtigt, dass hei einer Wiederholung 
der Rechnung auf Grund eines vollständigeren und genaueren Materials ein wesentlich höherer Grad der 
Annäherung erreicht werden würde. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. 
Die Gaussische Rechnung ist bereits mehrmals wiederholt worden. In den Jahren 1846 bis 1848 
führte H. Petersen unter ausschliesslicher Benutzung der von A. Er man auf seiner Reise um die Erde 
(1828—1830) gemachten magnetischen Beobachtungen eine Verbesserungsrechnung durch.*) Er erreichte 
dadurch allerdings, dass der so gefundene Ausdruck des Potentials jene Beobachtungen durchschnittlich 
*) Dieselbe ist in dem „Report of the eighteenth meeting of the British association held in 1848“ veröffentlicht. Die 
obigen Angaben sind dem in der nächsten Anmerkung genannten Werke entnommen. 
Archiv 1889. 3. 
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