.AJlgemeinei 1 Bericht.
I. Einleitung.
Die Deutsche Seewarte entwickelte sich in Gemässheit der ihr durch Kaiserliche Verordnung ange
wiesenen Arbeitssphäre auch im Jahre 1888 in zufriedenstellender Weise. Wenn dies auch von jeder der
verschiedenen Arbeitsrichtungen gesagt werden kann, so wurde doch der Frage der Gebrauchsfähigkeit der
Schiffs-Chronometer unter den verschiedensten Umständen eine hervorragende Beachtung gewidmet und kann
daher die Thätigkeit des Institutes zur Erzielung einer grösseren Zuverlässigkeit dieser wichtigen Instrumente
für die Zwecke der praktischen Navigirung als charakteristisch für das Jahr bezeichnet werden. Es wird
im Abschnitte X dieses Berichtes, da, wo von der Thätigkeit der Abtheilung IV die Rede sein wird, auf
diesen Gegenstand zurückgekommen werden.
Das Jahr 1888 wird in der Geschichte des deutschen Volkes für alle Zeiten eine hervorragende Stelle
einnehmen. Das Ableben Sr. Majestät Kaiser Wilhelm I. bewegte alle Kreise des Vaterlandes in mächtiger
Weise. Mit tiefem Schmerze sahen alle Schichten der Bevölkerung den edlen Begründer des neuen deutschen
Reiches aus dem Zeitlichen scheiden. Eine besondere Veranlassung hatte das Institut zu tiefem, von Dank
barkeit eingegebenem Schmerz, als am 9. März des Berichts-Jahres Se. Majestät zu seinen Vätern einging.
Ganz abgesehen davon, dass ohne die Begründung des Deutschen Reiches ein Institut von der Grösse und
dem Umfange der Deutschen Seewarte in Deutschland nie ei’standen sein würde, hatte der hochselige Kaiser
sich durch das wahrhaft Königliche Geschenk, bestehend in der meteorologisch einzigen Bibliothek des
verstorbenen Geheimrath Dove an die Seewarte, wodurch deren wissenschaftlichem Leben eine unvergleich
liche Stütze und Anregung gegeben wurde, nicht nur den Dank des Institutes, sondern auch der meteorologischen
Wissenschaft im Allgemeinen erworben. Aber Se. Majestät hatte überdies noch dadurch, dass Hochdieselben
am 14. September 1881 in höchsteigener Person die Einweihung des neuen Dienstgebäudes vollzogen, in
unzweideutiger Weise sein Interesse für das damals kaum fünf Jahre alte Institut bekundet und dem
Wunsche, dass das Wirken und das Fortbestehen desselben zum Wohle des Weltverkehres zur See von
Erfolg begleitet sein möge, einen beredten Ausdruck verliehen. Diesem Gefühle dankbarer Verehrung suchte
die Direktion dadurch auch äusserlicli zu bekunden, dass innerhalb des Lichthofes der Seewarte an derselben
Stelle, an welcher sieben Jahre früher der hochselige Kaiser stand, als er das neue Dienstgebäude seinem
Zwecke übergab, auf blumenumkränztem Sockel und von entsprechenden Emblemen umgeben während der
Zeit der Trauer die Büste Sr. Majestät ausgestellt sich befand.
Auch das Ableben Sr. Majestät des Kaiser Friedrich III. musste, wie im ganzen deutschen Volke,
so auch im Kreise der Beamten der Deutschen Seewarte mit dem tiefsten Schmerze empfunden werden.
Kaiser Friedrich hatte als Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preussen bei zwei Gelegenheiten durch
Besuch der Deutschen Seewarte sein warmes Interesse für die Ziele und das Wirken des Institutes an den
Tag gelegt. Am 20. April d. J. 1877 beehrte Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit die Deutsche Seewarte
mit seinem hohen Besuche und widmete den Einrichtungen des damals noch im Entstehen und nicht im
eigenen Heim befindlichen Institute durch eingehende Inaugenscheinnahme die lebhafteste Theilnalime. Bei
der Einweihung des neuen Dienstgebäudes am 14. September 1881 beehrte Se. Kaiserliche und Königliche
Hoheit, Kronprinz Friedrich Wilhelm, die Feier mit seiner Gegenwart.
Archiv 1888. 1.
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