Archiv 1888. <>.
1
No. e.
Die Niederschlags-Verhältnisse von Deutschland,
insbesondere von Norddeutschland,
in den Jahren 1876—1885.
Von Dr. Hugo Meyer,
l’iivatdozent an der Universität Göttingen.
In der vorliegenden Abhandlung soll versucht werden, eine möglichst vielseitige und ins Einzelne
gehende Behandlung der Niederschlags-Verhältnisse von Deutschland, mit besonderer Berücksichtigung
Norddeutschlands, zu geben, soweit sie die meteorologischen Beobachtungen der Jahre 1876—1885 ermöglichen.
Diese Beschränkung des Gebietes und der Zeit war durch die Publikationen der Beobachtungen gegeben.
Die Bearbeitung sollte sich nicht auf die Monatsmittel der Niederschlagshöhen und die Zahl der Tage mit
Niederschlag beschränken, es war daher nötliig auf die täglichen Beobachtungen einzugehen; diese aber
werden erst seit 1876 für eine kleine Anzahl von meteorologischen Stationen in „Meteorologische Beob
achtungen in Deutschland“ etc. (früher Leipzig, jetzt Hamburg) veröffentlicht. Es ist hinlänglich bekannt,
wie ausserordentlich variabel die Niederschläge in Bezug auf Raum und Zeit sind, und es mag daher ge
wagt erscheinen, aus der geringen Anzahl der Stationen und der kurzen Zeit eines Dezenniums zuverlässige
Resultate ableiten zu wollen, allein man möge bedenken, dass die Beobachtuugsrcihen, wenn auch kurz,
doch vollständig homogen sind. Dass die absoluten Werthe, welche hier erhalten worden sind, nach länger
fortgesetzten Beobachtungen mancherlei Aenderungen erfahren werden, ist gewiss; aber aus der Vergleichung
dieser Werthe für die verschiedenen Orte und für die verschiedenen Elemente unter einander wird doch
manches resultiren, das durch spätere Beobachtungen nur bestätigt werden wird. Zudem kann man, ohne
den hervorragenden Verdiensten von Hann, Wild u. A. zu nahe zu treten, behaupten, dass bislang die
Niederschlags-Verhältnisse keines grösseren Gebietes eine so ins Einzelne gehende Behandlung erfahren
haben, wie sie ihrer hohen wissenschaftlichen und praktischen Bedeutung entspricht, und wie sie das an
den meteorologischen Zentralanstalten jedenfalls, wenn auch zum Theil nur im Manuskript, vorhandene
Material zulässt; es erschien daher angezeigt, eine derartige Untersuchung einmal durchzuführen, vielleicht
dass sie Nachahmung fiudet, und wenn es den grossen Zentralanstalten an Kräften für derartige Arbeiten
fehlt, der eine oder andere Beobachter veranlasst wird, sein eigenes Material nach ähnlichen Grundsätzen
zu bearbeiten, wie sie hier maassgebend gewesen sind. — Wenn ich in der Ausführlichkeit der Tabellen
weiter gegangen bin, als es für heute nothwendig erscheint, so findet das in dem Wunsche seine Erklärung,
diese Arbeit möge späteren ähnlichen Untersuchungen an ausgiebigerem Material für dasselbe Gebiet als
Grundlage dienen; ich halte mich der Direktion der Deutschen Seewarte zu grösstem Danke dafür ver
pflichtet, dass sie diese ausführliche Publikation ermöglichte.
Ehe ich auf die Betrachtung der Niederschlags-Verhältnisse Deutschlands selbst eingehe, möchte ich
in einer Einleitung diejenigen Punkte zusammenstellen, welche beleuchtet werden müssen, um in ihrer
Gesammtlieit ein klares Bild der Regenverhältnisse eines Landes zu geben. Dabei werden einige prinzipielle
Fragen ihre Erledigung finden, welche sonst zu Abschweifungen vom Hauptgegenstand dieser Arbeit ver
anlassen müssten.